• 10. Oktober 2024

TV-Duell: Wagenknecht kann selbst nicht schlüssig begründen, warum sie mit Weidel nicht kooperiert

ByJörg

Okt 10, 2024
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Soviel vorab: Mit dem gestern Abend auf „Welt TV“ laufenden Schlagabtausch zwischen AfD-Chefin Alice Weidel und BSW-Gründungschefin Sahra Wagenknecht fand das einzige politische Duell statt, das anzuschauen sich in diesem Land der phrasendreschenden Altparteienapparatschiks seit langem lohnte. Erneut wurde eine brisante Debatte, die eigentlich ins öffentlich-rechtlichen Fernsehen gehörte (würde dieses seinem Programmauftrag auch nur ansatzweise gerecht werden), von einem privaten Netzkanal gezeigt, wie zuvor schon das nicht minder konfliktträchtige TV-Duell zwischen den Thüringer Spitzenkandidaten Björn Höcke und Mario Voigt im Frühjahr.  Mit Weidel und Wagenknecht trafen zwei Vertreter einer in Deutschland rar gewordenen Spezies aufeinander: Politische Persönlichkeiten, die noch über intellektuelles Format und echte Überzeugungen verfügen, was immer man im Einzelnen davon halten mag. Jedenfalls lag das, was beide von sich gaben, wie sie sich artikulierten und was sie an Substanz boten, um ein astronomische Größenordnungen über dem unterirdischen Niveau des sonstigen Politpersonals in diesem Land. Vor allem gereichten beide Duellantinnen dem Ansehen von Frauen in der Politik zur Ehrenrettung in Zeiten, wo unsäglich präpotente Karikaturen wie Baerbock, Faesers, Paus, Schulze, Bas, aber auch von der Leyen sämtliche chauvinistischen Vorurteile zur Nichteignung von Frauen in Führungspositionen nicht nur bestätigen, sondern übertreffen.

Das Duell selbst zeigte eine starke, souveräne Alice Weidel und eine oft sichtbar geforderte, zuweilen strauchelnde Sahra Wagenknecht. Dass Einschätzung Weidels als tendenzielle Siegerin tatsächlich zutreffen muss, ergibt sich quasi zwingend aus dem Umstand,, dass der gesamte linksgrüne Medienmainstream zu der genau gegenteiligen Schlussfolgerung kommt und teils begeistert von einem “Triumph” Wagenknechts fabuliert, die Weidel angeblich sogar in ihrer Domäne der Wirtschaftspolitik “belehrt“ habe, wie “Focus”-Autor Ulrich Reitz in einem abstrusen Kommentar zusammenschwurbelte. Welches Duell Reitz gesehen hat, bleibt unklar; es kann angesichts seiner sonderbaren Schlüsse aber eigentlich nicht das von gestern Abend gewesen sein – denn schiefer könnte eine Rezeption gar nicht ausfallen. Unterm Strich war Weidel, wenn auch mit Schwächen, doch deutlich souveräner. Reitz hingegen kommt zu dem Fazit, man Deutschland letztlich “weder Weidel noch Wagenknecht anvertrauen”. Offenbar will er also weiter in den Händen der verfassungsbrüchigsten, freiheitsfeindlichsten und industrieschädlichsten Regierung sehen, die es seit 1945 je gab, angeführt von einem halbdelirierenden verantwortungs- und skrupellosen Kanzler.

Mehr Einendes als Trennendes in Schlüsselfragen

Die Themen, die in dem von Jan Philipp Burgard (wegen seiner ständigen Unterbrechungen und Einmischungen in die Diskussion übrigens grottenschlecht) moderierten Streitgespräch  vorrangig behandelt wurden, waren neben der wirtschaftlichen Lage der Nahost-Konflikt, der Ukraine-Krieg und die Migrationspolitik. So aufschlussreich wie die Übereinstimmungen zwischen beiden Seiten waren auch die künstlichen Abgrenzungen: Normalerweise müsste das BSW, wäre ihm ernsthaft an der Umsetzung seiner im Wahlkampf vorgetragenen Ziele gelegen, die AfD als natürlichen Partner sehen. Beide, Weidel wie Wagenknecht, kritisierten die nicht tragfähige Energiepolitik und forderten eine verantwortliche, sichere Kernkraft, Kohlekraft und technologische Innovationskraft. Die Rückkehr zu preiswertem russischen Gas war vor allem Wagenknechts klare Forderung. Beide waren sich auch einig bei der Notwendigkeit, die marode Infrastruktur zu beheben, wobei beide Unterschiede in der Finanzierung aufweisen: Weidel fordert dafür Haushaltseinsparungen, Wagenknecht will diese Aufgaben – die eigentlich genau das umfassen, wofür der Staat den Bürgern Steuern aus der Tasche zieht – durch (wie üblich als “Investitionen” verbrämte) neue Staatsschulden lösen. Weidel verwies dagegen auf die Schuldenbremse und forderte die Streichung all der „unzähligen Ausgaben“, unter anderem beim Bürgergeld für ausländische Staatsbürger.Zudem will sie die Einkommensteuer und Kapitalertragsteuer senken, damit die Menschen „von ihrer Hände Arbeit“ leben könnten. Hier setzt Wagenknecht freilich weiter auf ihre Höchststeuerpolitik. Immerhin bestand Übereinstimmungen in den Zielen.

Auch beim Thema Ukraine waren beide sich im Grunde einig. Wagenknecht erklärte, der Krieg sei ausgebrochen, „weil die Russen kein US-Militär in der Ukraine haben wollen“, und sprach sich für einen Verhandlungsfrieden aus. Auch Weidel sprach von einem Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland. Es sei illusorisch, zu glauben, die Ukraine könne einen militärischen Sieg gegen Russland erringen. Die stärksten Differenzen gab es hingegen beim Krieg Israels gegen Hamas und Hisbollah. Hier betätigte sich Wagenknecht als lupenreine Hamas-Propagandistin durch Übernahme von deren Propaganda-Opferzahlen, “von der UN“ bestätigt würden – als sei die UN im Nahostkonflikt je eine neutrale oder gegenüber Israel nur annähernd faire Institution gewesen. Auch durfte ihr Vorwurf nicht fehlen, Israel betreibe eine „barbarische Kriegsführung“. Terror dürfe nicht mit Terror bekämpft werden, meinte sie allen Ernstes, und forderte ein Waffenembargo gegen Israel. Weidel betonte dagegen das israelische Recht auf Selbstverteidigung, sprach sich aber ebenfalls dafür aus, keine deutschen Waffen an Israel zu liefern. Außenministerin Annalena Baerbock warf sie vor „Israel-Hasser zum Dinner“ einzuladen und verwies auf die „Ausschreitungen auf unseren Straßen“. Säße die AfD in der Regierung, „wären diese Krawallbrüder nicht mehr in diesem Land“, so Weidel.

Reductio ad Höcke

Abgesehen von dem – für die dringendsten politischen Herausforderungen in Deutschland allerdings unerheblichen – Divergenzen zum Thema Israel/Gaza fiel auf, dass jedenfalls BSW und AfD deutlich näher stehen als irgendwelche anderen potentiell gemeinsam regierungsfähigen Parteien, und genau hier liegt die Unaufrichtigkeit Sahra Wagenknechts: Dass sie zur AfD ebenfalls eine faktische Brandmauer aufrechterhält und allein mit den Parteien spricht, mit der garantiert kein Politikwechwel in Deutschland zu erwarten sein wird, entlarvt sie letztlich als Oppositionsplacebo oder vielmehr Teil einer kontrollierten Opposition, die mit AfD-Positionen Wahlkampf machte, sich am aber doch mit den Parteien ins Koalitionsbett legen wird, die für die Misere in diesem Land verantwortlich sind. Wagenknechts Versuch, sich trotz weitgehender Übereinstimmung in elementaren Punkten krampfhaft von der AfD abzugrenzen und dadurch die offenkundige Frage zu umschiffen, warum sie eine Koalition mit der AfD verweigert und sich stattdessen zum Lakaien des abgewirtschafteten Alt-Parteienkartells macht, ging jedenfalls trotz aller rhetorischen Beschlagenheit gründlich schief.

Anstelle von Sachargumenten hielt Wagenknecht Weidel minutenlang Zitate aus dem Buch “Nie zweimal in denselben Fluss” von 2018 vor, eine Sammlung von Gesprächen des Thüringer AfD-Chefs Höckes mit dem Publizisten und Maler Sebastian Hennig. Überhaupt war die “reductio ad Höcke” Wagenknechts einzige Strategie, um ihre künstliche Abgrenzung zur AfD zu untermauern, womit sie allerdings ebenso einen Mangel an Sachargumenten bewies wie einen miserablen Stil – denn in einem Live-Diskurs zwischen Weidel und Wagenknecht geziemt sich die Konfrontation mit Aussagen Dritter schlechthin nicht. Doch wo die Argumente fehlen, müssen eben die üblichen Falschzitate und Schauermärchen her: So kramte Wagenknecht auch die Mär von den „20-30 Millionen Menschen” hervor, die nach Höckes angeblichem Wunsch das Land verlassen sollten; eine Aussage, die dieser nie getätigt hat und die auf demselben Niveau wie die bis heute frech und dummdreist weiterkolportierte “Correctiv”-Potsdam-Münchhausiade von den geplanten “Deportation” lag.

Gehaltvolle Debatte

Statt hier vehement zu kontern und etwa darauf hinzuweisen, dass Höcke eben nicht “alle Menschen mit Migrationshintergrund inklusive deutscher Staatsbürger” ausweisen will (sondern lediglich illegale Migranten, solche, deren Asylgrund längst erloschen ist, kriminell gewordene Doppelstaatler und diejenigen Neubürger, die sich ihre deutsche Staatsbürgerschaft mit falschen Angaben erschlichen haben), blieb Weidel hier leider blass und ließ sich von Wagenknecht überfahren. Das gilt auch für Weidels Nichtbeantwortung der Frage, weshalb sie 2017 für einen Parteiausschluss des damaligen Flügel-Chefs Höcke votiert hatte. Hier entstand leider der Eindruck bei voreingenommenen und unbedarften Zuschauern gleichermaßen, Wagenknechts Vorhaltungen gegen Höcke träfen im Kern zu und Weidel billige diese. Die AfD-Chefin hätte stattdessen kampflustig diese riesige Chance nutzen müssen, diesen Mythos endlich einmal vor großem Publikum zu widerlegen. Auch Burgard schritt ausgerechnet an dieser Stelle natürlich nicht ein, wo er ansonsten der Unsitte selten widerstehen konnte, sich selbst zum Teilnehmer der Debatte zu machen – natürlich vor allem zuungunsten Weidels, die keinesfalls als Siegerin hervorgehen durfte. Das ging schief, denn summa summarum war am Ende doch Weidel die Überzeugendere. Rhetorisch erwies sie sich gegenüber der kadergeschulten Wagenknecht als mindestens ebenbürtig und wirkte insgesamt besser vorbereitet.

Auch wenn die Debatte am Ende in einen veritablen Zickenkrieg ausartete und noch viele interessante Aspekte zu vertiefen gewesen wären, bleibt festzuhalten, dass es sich doch um die gehaltvollste politische Debatte in Deutschland seit sehr langer Zeit handelte. Statt sich anzubrüllen, zu beleidigen und ansonsten nur vorgestanzte Phrasen abzusondern, die niemand mehr hören kann, standen sich hier zwei hochintelligente Frauen gegenüber, die nicht nur Postenjägerinnen und Sprechpuppen irgendwelcher Parteiapparate sind, sondern tatsächlich etwas zu sagen haben. Die Frage ist, warum Wagenknecht nicht die historische Chance ergreift, gemeinsam mit der AfD den überfälligen Politikwechsel zu vollziehen, sondern einem gescheiterten System ermöglicht, den Menschen in diesem Land weiteren Schaden zuzufügen. Und die wahrscheinlichste Antwort darauf lautet: Weil Wagenknechts Bündnis am Ende eben wirklich eine kontrollierte Opposition des herrschenden politischen Kartells darstellt. (DM)

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Author: Kurschatten
Journalistenwatch

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