Antragsdienstleister MeinBafög begrüßt die Reform, sieht dem Wintersemester 2022/23 jedoch skeptisch entgegen – „zweiter Heizkostenzuschuss eine wichtige Maßnahme in Anbetracht der steigenden Energiekosten“
Köln – im Wintersemester 2022/23 kommt erstmals die neue BAföG-Reform vom 21. Juli zur Anwendung. Die bedeutet neben einem auf 934 Euro gestiegenen BAföG-Höchstsatz unter anderem auch eine Anhebung der Altersgrenze zum Bezug von BAföG auf das 45. Lebensjahr, sowie eine Erhöhung der Freibeträge vom Elterneinkommen auf 20,75 Prozent. Auch ist, in Anbetracht der steigenden Energiekosten, ein zweiter Heizkostenzuschuss für Studenten vorgesehen, der eine Steigerung um 115 Euro gegenüber dem ersten vorsieht.
Die Geschäftsführer des privaten Antragsdienstleisters meinBafög haben sich in den letzten Wochen wohl so intensiv wie kaum jemand mit den Änderungen beschäftigt.
Neben der Möglichkeit zur digitalen Antragsstellung bieten sie auch eine umfangreiche Beratung rund ums Thema Studienförderung. Alexander Rodosek, einer der drei Geschäftsführer, begrüßt die Reform, bleibt für den Herbst jedoch skeptisch. „Die BAfög-Reform war ein notwendiger und richtiger Schritt, um Studierende in Deutschland weiterhin im Rahmen des Studiums effektiv zu unterstützen“, so seine Einschätzung. „Neben reinen betragsmäßigen Erhöhungen wurden sowohl das Alter für einen förderfähigen Studienbeginn angehoben, als auch die Türen für eine einfache 100% digitale Antragstellung geöffnet. Fraglich ist unserer Ansicht nach, ob die Erhöhung im Hinblick auf die aktuellen Inflationsraten nachhaltig ausreichen und ob die Ämter organisatorisch auf digitale Anträge vorbereitet sind.“
„Den zweiten Heizkostenzuschuss halten wir dabei für besonders wichtig“, so Rodosek weiter. „Gerade für Studierende sind die Nebenkosten nämlich oft eine enorme finanzielle Herausforderung, da das Einkommen noch gering, die Belastung durch Energiekosten aber dieselbe wie für alle anderen ist. Als Zuschuss erhöht er nicht den Darlehensanteil und ist somit nicht rückzahlbar. Der zweite Heizkostenzuschuss ist, wie auch der erste, allerdings nur ein einmaliges und kein beständiges Mittel, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten der Studierenden aufzufangen. Deshalb ist es umso wichtiger, diesen zweiten Vorschuss so schnell wie möglich bereitzustellen und auszuzahlen. Denn nur so kann den Studierenden mehr Planungssicherheit gegeben werden.“
Das Kölner Start Up meinBafög (https://www.meinbafoeg.de), das sich aus zwei jungen Informatikern und einem Juristen firmiert, schafft eine wichtige Schnittstelle zwischen Kreditgeber und Studierendem und dolmetscht als Antragsdienstleister zwischen den oft doch sehr unterschiedlichen Sprachen „Behörde – Student“.
Genau an dieser Schnittstelle sieht Alexander Rodosek ab dem Wintersemester 2022/23 sogar noch erhöhten Bedarf. Das Unternehmen reagiert mit einer persönlichen Beratungsfunktion als zusätzliches Dienstleistungsangebot auf die sicherlich vielen Fragen und Unsicherheiten, die Studierende nach der Reform haben. Durch ein eigenes Beraterteam werden Antragstellende telefonisch oder per whats app individuell begleitet und beraten.
Wirklich lohnenswert an der Reform sieht Rodosek die massive Anhebung des Vermögensfreibetrages für unter und über 30-Jährige. „Das ist mit Sicherheit ein Schritt, der so noch nie gegangen wurde. Auch die Erhöhungen der einzelnen Bedarfssätze sind sinnvoll. Wer sich jedoch sein Studium rein durch BAföG finanzieren will, wird in teuren Großstädten wie München, Köln oder Hamburg auch mit dem neuen Höchstsatz seine Probleme haben.“
Neben München führen insbesondere die Städte Frankfurt, Heidelberg, Köln und Hamburg das Ranking der teuersten Studienstädte an. 616 Euro kostet alleine ein Zimmer in einer Studenten-WG im Schnitt in München (1). Noch nicht mit eingerechnet: die allgemeinen Neben – und Lebenshaltungskosten. Zum Wintersemester hin dürfte das eher noch mehr werden.
Als Gewinner der BAföG-Reform sieht Rodosek insbesondere die älteren Studierenden: „Künftig ist es auch Menschen über 30 möglich, BAföG zu beziehen. Sie erhalten zudem einen nochmals höheren Vermögensfreibetrag, damit sie nicht auf ihr Erspartes zurückgreifen müssen. Rechnerisch ist das die größte Veränderung.“
Sein Portal hat aktuell eine Nutzerbasis von rund 360.000 Studierenden. Es bietet neben der BAföG-Antragshilfe auch Beratung und Antragshilfen zu anderen Studienfördermöglichkeiten. Die KfW, Bereitsteller des beliebtesten Studienkredits, hat meinBafög unlängst zum offiziellen Partner ernannt.
Für die Zukunft wünscht sich Rodosek weitere Maßnahmen, um Studenten gegenüber der steigenden Lebenshaltungskosten weiter abzusichern: „Es sollten zusätzlich weitere Maßnahmen ergriffen werden, um Studierende in der aktuellen Situation finanziell zu unterstützen. Die Anhebung der Bedarfssätze mit der 27. BAföG-Novelle war zwar ein wichtiger Schritt, wird aber inflationsbedingt insgesamt keine zusätzliche Unterstützung nach sich ziehen und die steigenden Lebenshaltungskosten nicht abfangen können.“