Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger
Manchmal sind nicht die Handlungen entlarvend, sondern die Unterlassungen.
Voller Begeisterung haben die sogenannten Qualitätsmedien berichtet über die Aufhebung der Immunität zweier Bundestagsabgeordneter. Was sie schreiben, ist etwas einförmig, man liest überall mehr oder weniger das Gleiche, wie beispielsweise in der „Welt“: „Der Bundestag hat die Immunität von zwei Abgeordneten aufgehoben. Einstimmig erteilte das Parlament am Abend die ‚Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens‘ gegen Gökay Akbulut von der Linken und dem AfD-Parlamentarier Ingo Hahn.“ Im Falle von Akbulut geht es um einen Fall von versuchter gefährlicher Körperverletzung, weil sie „in einem Zug von Heidelberg nach Stuttgart eine Flasche in Richtung eines Mitreisenden geworfen haben soll“. Vielleicht ist so etwas unter Linken ja üblich. Hahn dagegen „soll in sozialen Medien ein Video freigegeben und veröffentlicht haben, in dem die Rede einer Freie-Wähler-Abgeordneten unrechtmäßig aus dem Zusammenhang gerissen und mit anderen Aufnahmen zusammengeschnitten worden sei“.
Beides mag der Wahrheit entsprechen oder auch nicht, bisher ging es nur darum, die Strafverfahren in Gang zu setzen. Man sollte auch nicht übersehen, dass der Beschluss des Bundestages einstimmig erging, auch die Fraktionen der Betroffenen haben ihn somit gebilligt.
So weit die allgemeine Berichtslage, man findet Ähnliches beim Spiegel, bei der FAZ und beim Stern. Nur eines findet man nicht. Denn es gab nicht nur eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, sondern deren zwei. In der ersten wurde tatsächlich die geschilderte Aufhebung der Immunität empfohlen, was dann auch umgesetzt wurde. In der zweiten dagegen kam man zu einer etwas anderen Empfehlung: „Die Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen das Mitglied des Deutschen Bundestages Dr. Robert Habeck gemäß Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 11. März 2025 – II B 1 – 1044/1E(303)-21 8/2025 – wird nicht erteilt.“ Und genau das hat dann der Bundestag getan: Er hat die Genehmigung nicht erteilt. Robert Habeck, der gewesene Minister für Wirtschaft und Klimaschutz, der die Wirtschaft dem Abgrund entgegengesteuert hat, weil er von ihr nichts versteht, und das Klima nicht schützte, weil niemand das Klima schützen kann, wurde von einem Strafverfahren bedroht und der Deutsche Bundestag in seiner Weisheit hat ihn vor dieser Schmach bewahrt: „Die Durchführung eines Strafverfahrens gegen Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) genehmigte das Parlament mehrheitlich nicht. Auch hierzu lag eine entsprechende Beschlussempfehlung des Immunitätsausschusses vor (21/389).“
Worum es ging bei dem vereitelten Strafverfahren, wissen wir nicht, der Bundestag teilt es uns nicht mit und auch das Magazin „Apollo-News“, das über diese Entscheidung berichtet hat, konnte den Grund noch nicht herausfinden. Der Ablehnung der Aufhebung nicht zugestimmt hat als einzige Fraktion die der AfD. Und die etablierten Medien? Die schweigen. An der aufgehobenen Immunität der beiden anderen Abgeordneten haben sie sich ergötzt, doch die verweigerte Aufhebung wollen sie dem geneigten Publikum nicht zumuten, denn immerhin hat sich eine Ermittlungsbehörde erdreistet, der Lichtgestalt Robert Habeck mit Ermittlungen zu Leibe zu rücken – oder es doch wenigstens zu versuchen, denn alles Weitere hat der Bundestag verhindert. Das muss der Leser nicht wissen, es könnte ihn verstören und seinen festen Glauben an den gefeierten Grünen ins Wanken bringen. So geht objektive Berichterstattung; sollte das eine oder andere Medium noch auf den Gedanken kommen, die Berichte sogenannter alternativer Medien zu übernehmen, ändert das nichts an ihrem prinzipiellen Unwillen.
Dennoch besteht Hoffnung. Wird nicht berichtet, dass Habeck künftig als Gastdozent in Berkeley wirken will? Er soll eine Vorlesungsreihe zum Thema „Krisen“ veranstalten, ein Thema, bei dem er sich bestens auskennt, solange er sich auf die Erzeugung und nicht etwa auf die Bewältigung von Krisen konzentriert. Ihm wäre es zu gönnen, vor allem dann, wenn er zu diesem Zweck, wie spekuliert wird, sein Bundestagsmandat zurückgeben sollte. Denn in diesem Fall ist er nicht mehr nur gewesener Minister, sondern auch gewesener Abgeordneter, der von keiner Immunität mehr geschützt wird. Für die Ermittlungsbehörde wäre es eine Freude.
Für mich auch.
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Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.
Bild: Heide Pinkall / Shutterstock
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