• 5. Dezember 2024

Die gesundheitliche Versorgung kranker oder behinderter Menschen in vorgeschichtlicher Zeit: Ein Indikator für altruistisches Verhalten? (Teil 3)

ByJörg

Nov 14, 2024

In Teil 1 und Teil 2 dieser kleinen Reihe über die gesundheitliche Versorgung kranker oder behinderter Menschen in vorgeschichtlicher Zeit, die mit diesem dritten Teil abgeschlossen wird, wurde berichtet, dass diesbezügliche Behauptungen, wie sie in der Presse und leider auch von Archäologen selbst, gemacht werden, mit Vorsicht zu genießen sind, weil sie oft vorschnell, auf der Basis von einzelnen Funden oder rein auf der Basis ideologischer Vorlieben gemacht werden (s. Teil 1), dass es aber jedenfalls einige Knochenfunde gibt, die schwierig anders zu erklären sind als durch eine systematische Pflege und Versorgung dieser Verstorbenen durch Andere (s. Teil 2).

Diese Tatsache allein sagt jedoch nichts über die diesem Pflege- und Versorgungsverhalten zugrundeliegende Motivation aus. Manche sind geneigt, dieses Verhalten umstandslos als ein altruistisches, auf Mitgefühl beruhendes Verhalten zu interpretieren, wobei „Mitgefühl“ („compassion“) hier verstanden wird als“

… a feeling of warmth and concern directed to another, and trying to make another suffer less and live easily…“ (Cunha 2016: 653),

d.h.

„… ein auf einen Anderen gerichtetes Gefühl der Wärme und Sorge auf, und [als] Versuch, das Leid Anderer zu verringern und ihnen ihr Leben zu erleichten …“ (Cunha 2016: 653).

Aber es gibt andere Möglichkeiten, es zu interpretieren. Jede dieser Interpretationsmöglichkeit muss konkrete Fälle – oder zumindest einen konkreten Fall – von Pflege und Versorgung behinderter Menschen, wie sie durch Knochenfunde dokumentiert sind, plausibel machen, wenn nicht erklären können. Gleichzeitig muss sie nicht alle bekannten Knochenfunde, die Pflege- und Versorgungsverhalten belegen, plausibilisieren oder erklären können, denn alternative Erklärungen für Pflege- und Versorgungsverhalten schließen einander nicht aus, und es ist möglich, dass verschiedene Gruppen von vorgeschichtlichen Menschen zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten verschiedene Gründe oder Motive dafür hatten, behinderte Gruppenmitglieder oder zumindest manche von ihnen längerfristig oder dauerhaft zu pflegen und zu versorgen. Festzuhalten ist deshalb, dass es bis auf Weiteres keinen Sinn macht, Knochenfunde, die Pflege- und Versorgungsverhalten belegen (oder nur nahelegen)

„… in the context of ‚communities of past populations‘ …“, (Cunha 2016: 654)

d.h.

„… im Kontext von ‚Gemeinschaften vergangener Bevölkerungen‘ …“ (Cunha 2016: 654)

als Ganzem zu interpretieren.

Gleichzeitig sind alle der in der Literatur vorgeschlagenen Interpretationen der Knochenfunde, die das Pflege- und Versorgungsverhalten in vorgeschichtlicher Zeit belegen, vor dem Hintergrund zu sehen, dass Pflege- und Versorgungsverhalten in vorgeschichtlicher Zeit (bis zurück zu den Neanderthalern), etwas ist, mit dem viele moderne Menschen nicht gerechnet haben, etwas, das sie überrascht. Und zwar deshalb, weil die Lebensumstände in vorgeschichtlicher Zeit zumeist (aber nicht durchgängig) schwierig gewesen sind.

So geht Paul B. Pettitt (2000) – mit speziellem Bezug auf Neanderthaler – davon aus, dass die soziale Organisation in Gruppen von Neanderthalern auf der relativen Fitness der Gruppenmitglieder beruhte, wobei sich Fitness nach Pettitt aus verschiedenen Variablen zusammensetzt, nämlich der körperlichen Stärke eines Individuums, seinem Wissen und seiner Reife, seinem Aggressionsniveau und dem Vorhandensein von Traumata bzw. Verletzungen, die die Mobilität eines Individuums ernsthaft einschränken. Pettitt hat spekuliert, dass das Motto für Neanderthaler angesichts ihres nicht-sesshaften Lebensstiles letztlich „march or die“, d.h. „marschiere oder stirb, gewesen sein müsse, und diejenigen, die nicht mit der Gruppe bei ihren Wanderungen zwecks Versorgung mit Nahrungsmitteln durch Jagen und Sammeln mithalten konnten, zurückgelassen und damit sich selbst bzw. dem Tod überlassen worden seien (Pettitt 2000: 361).

Pettitt hat angesichts der Existenz von „Shanidar I“ den Skelettresten eines schwer/mehrfach behinderten Mannes, der diese Behinderungen sukzessive im Verlauf seines Lebens erworben hat und aufgrund dessen immer wieder zu bestimmten Zeiten in seinem Leben für eine bestimmte Zeit oder dauerhaft normale, tägliche Arbeiten nicht tun konnte (siehe Teil 2), eingeräumt, dass es manche Individuen gegeben haben mag, die aufgrund wertvollen Wissens, von dem die ganze Gruppe profitieren konnte, trotz erheblich eingeschränkter Mobilität von den anderen Gruppenmitgliedern unterstützt worden seien (Pettitt 2000: 359).

Pettitts Interpretation von „Shanidar I“ ist also die, dass Menschen mit Behinderungen bei den Neanderthalern zwar normalerweise sich selbst bzw. ihrem Schicksal überlassen wurden, es aber einzelne Individuen gegeben hat, die für die ganze Gruppe einen Nutzen – hier: Wissen – bereitgestellt haben, der die aufwändige Pflege und Versorgung dieser einzelnen Individuen aufgewogen hat. Implizit geht Pettitt also davon aus, dass letztlich der Faktor, der für das Leben oder den Tod des Einzelnen im Krankheitsfall oder im Fall der Behinderung ausschlaggebend ist, sein Nutzen für die Gruppe ist.

Wir wissen nicht, ob „Shanidar I“ solches Wissen gehabt hat. Zwar ist heute bekannt, dass die Technologie der Neanderthaler einfach gewesen ist, aber ihre Werkzeuge zumindest teilweise einen mehrstufigen Herstellungsprozess durchlaufen haben (Hoffecker 2018), so dass es im Prinzip möglich ist, dass einzelne Individuen eine besondere Expertise mit Bezug auf einen Teil dieses Prozesses entwickelt hat und (deshalb) der Prozess vielleicht sogar relativ arbeitsteilig organisiert war. Selbst dann, wenn man davon ausgehen will, dass dies (in manchen Gruppen von Neanderthalern) so gewesen sei und dass „Shanidar I“ ein Experte in Sachen Werkzeugherstellung gewesen sei, dann ist es angesichts der insgesamt eben doch einfachen Technologie der Neanderthaler schwierig, sich vorzustellen, wie seine diesbezügliche Expertise so groß gewesen sein kann, dass sie für seine Gruppe die aufwändige Pflege und Versorgung, die er brauchte, aufwiegen konnte. Darüber hinaus hat „Shanidar I“ seine Behinderungen im Verlauf seines Lebens erworben, darunter solche, die ihn daran gehindert haben müssen, seine ggf. vorhandene Expertise in der Praxis anzuwenden oder seine ggf. vorhandenen speziellen Techniken Anderen in der Gruppe zu vermitteln: „Shanidar I“ war auf einem Auge wahrscheinlich blind, zumindest aber sehbehindert, sein rechter Schultergürtel war deformiert, sein rechter Unterarm amputiert, er hatte einen Gelenkschaden im rechten Knie, den er durch stärkere Belastung des linken Beines als des rechten auszugleichen versuchte, was zu einer Veränderung des linken Schienbeines und einem hinkenden Gang führte. Wenn es (allein) sein Nutzen für die Gruppe gewesen wäre, die seine Pflege und Versorgung durch andere Gruppenmitglieder aufgewogen hätte, dann hätte man erwarten müssen, dass dieser Nutzen mit jeder hinzutretenden Beeinträchtigung seiner körperlichen Funktionen geringer wird, während seine Pflege und Versorgung mit jeder hinzutretenden Beeinträchtigung seiner körperlichen Funktionen aufwändiger wird; man muss sich dann fragen, warum „Shanidar I“ nicht an einem bestimmten Punkt in seiner Krankengeschichte, an dem sein Nutzen für die Gruppe hinter dem Aufwand in Verbindung mit seiner Pflege und Versorgung zurückgeblieben ist, von den anderen Gruppenmitgliedern sich selbst überlassen bzw. dem Tod überantwortet wurde.

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Wie gesagt ist es kaum plausibel anzunehmen, dass sein praktisch-technologischer Nutzen so groß gewesen sein kann, dass er auch angesichts der Gesamtheit seiner Behinderungen bestehen geblieben ist. Ein Nutzen anderer Art, z.B. als religiöser Spezialist, kann „Shanidar I“ schwerlich gehabt haben, denn die Fähigkeit zum symbolischen Denken und einem entsprechenden Verhalten mag bei Neanderthalern zwar im Ansatz vorhanden gewesen sein, aber beides kann aufgrund der insgesamt weniger als beim homo sapiens entwickelten mentalen Fähigkeiten nicht weit entwickelt gewesen sein, geschweige denn ein „Amt“ eines religiösen Spezialisten begründet haben (Dunbar 2023: 174; Mellars 2010; Nielsen et al. 2020; Pearce et al. 2013).

Für Knochenfunde behinderter Menschen oder Menschen mit körperlichen Auffälligkeiten aus der Vorgeschichte ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sie als von übernatürlichen Kräften oder Wesen „berührt“ betrachtet, also im eigentlichen Sinn als stigmatisiert, angesehen wurden und sie auf dieser Grundlage einen besonderen Status zugeschrieben bekommen haben, der sie als übernatürlichen Mächten näherstehend identifiziert oder gar zu religiösen Spezialisten prädisponiert hat. So schreiben Grosman et al. mit Bezug auf etwa 12.000 Jahre alte menschliche Überreste, die in einer Höhle in Israel (neben den menschlichen Überresten anderer Individuen) gefunden wurden:

„The human remains … indicate that the burial is of a gracile female…, 45-years-old and estimated to be 1.5-m tall … Sex was determined primarily on the basis of the pelvis and femur … Several skeletal pathologies including vertebral lipping, osteophytes, and heavy erosion of the teeth are consistent with pathologies accrued during life, indicating that the woman was relatively old. In addition, congenital pathologies were observed including the fusion of the coccyx and the sacrum, and deformations of the pelvis and the lumbar and sacral vertebrae … Pathologies of this nature would have affected the woman’s gait (i.e., limping or foot dragging) and would have given her an unnatural, asymmetrical appearance. The woman was interred with a number of highly unusual grave goods. A fragment of a worn, basalt bowl … was recovered above her left leg, as was a complete articulated human foot … Most remarkably, the female was buried with > 50 complete tortoise shells … The grave also contained body-parts of several animals that are unusual either because the taxa or body-parts rarely occur in Natufian assemblages, or because they were largely complete“ (Grosman et al. 2008: 17666-17667).

D.h.

„Die menschlichen Überreste … deuten darauf hin, dass das Begräbnis das einer grazilen Frau ist…, 45 Jahre alt und geschätzt 1,5 m groß … Das Geschlecht wurde hauptsächlich auf der Grundlage des Beckens und des Oberschenkelknochens bestimmt … Mehrere Skelettpathologien, einschließlich Wirbellippen, Osteophyten und schwerer Erosion der Zähne, sind mit den im Laufe des Lebens aufgetretenen Pathologien vereinbar und sprechen dafür, dass die Frau relativ alt war. Außerdem wurden angeborene Pathologien beobachtet, einschließlich der Verschmelzung von Steißbein und Kreuzbein sowie Deformationen des Beckens und der Lenden- und Sakralwirbel … Pathologien dieser Art müssen die Art, wie die Frau gelaufen ist, beeinträchtigt (z.B. Hinken oder Schleppen) und ihr ein unnatürliches, asymmetrisches Aussehen verliehen haben. Die Frau wurde mit einer Reihe von höchst ungewöhnlichen Grabbeigaben begraben. Ein Fragment einer abgenutzten, aus Basalt bestehenden Schale … wurde über ihrem linken Bein gefunden, ebenso wie ein vollgegliederter menschlicher Fuß … Das Bemerkenswerteste ist, dass die Frau mit > 50 kompletten Schildkrötenmuscheln begraben wurde … Das Grab enthielt auch Körperteile mehrerer Tiere, die entweder deshalb ungewöhnlich sind, weil die Taxa [d.h. Gruppen von Lebewesen, die aufgrund von Gemeinsamkeiten miteinander und Unterschieden zu anderen Gruppen von Lebewesen jeweils als ein Taxon, als eine zusammengehörige Gruppe von Lebewesen klassifiziert werden, z.B. als homo sapiens oder felis catus] oder Körperteile in natufianischen Assemblagen [d.h. Anordnung von Gegenständen im Beziehung zueinander in demselben Fundkontext aus der natufianischen Kultur, einer mesolithischen Kultur, die vor 12.500 bis 10.000 Jahren im Mittleren Osten verbreitet war und zu der der beschrieben Knochenfund gehört] selten vorkommen, oder weil sie weitgehend vollständig waren“ (Grosman et al. 2008: 17666-17667).

Grosman et al. interpretieren dieses Grab, dessen Anlage weitere Besonderheiten aufweist (s. Grosman et al. 2008: 17668), als Grab einer Schamanin:

Quelle: Israel 21
Hebrew University archaeologists uncover 12,000 year old grave inside a cave in northern Israel. Photo by Naftali Hilger

„We argue that this burial is consistent with expectations for a shaman’s grave. Although the term shaman derives specifically from the Tungus people of Siberia …, shamanistic figures are well-known from hunter-gatherer and small-scale agricultural societies world-wide … Ethnographic records describe a variety of ways to bury a shaman …, but because shamans are always considered privileged persons, who therefore enjoy a different kind of afterlife from other members of their group, unusual features of their graves mark their special status. This is clearly the case with the burial discussed here … Moreover, although pathologies are not universally characteristic of shamans, there are numerous cross-cultural accounts of physically disabled individuals being ascribed healing and spiritual powers … The goods accompanying the burial are also typical of shaman burials. Tortoises, cow tails, eagle wings, and fur-bearing animals continue to play important symbolic and shamanistic roles in the spiritual arena of human cultures worldwide today …“.

D.h.:

„Wir argumentieren, dass diese Bestattung mit den Erwartungen für ein Schamanengrab übereinstimmt. Obwohl der Begriff ‚Schamane‘ speziell von den Tungusen in Sibirien abgeleitet ist …, sind schamanistische Figuren aus Jäger-und- Sammler- sowie aus kleinbäuerlichen Gesellschaften weltweit bekannt … Ethnographische Aufzeichnungen beschreiben eine Vielzahl von Arten, einen Schamanen zu begraben …, aber weil Schamanen immer als privilegierte Personen betrachtet werden, die daher eine anderes Leben nach dem Tod genießen als andere Mitglieder ihrer Gruppe, kennzeichnen ungewöhnliche Merkmale ihrer Gräber ihren besonderen Status. Dies ist eindeutig bei der hier diskutierten Bestattung der Fall … Obwohl Pathologien für Schamanen nicht allgemein charakteristisch sind, gibt es zahlreiche interkulturelle Berichte über körperlich behinderte Menschen, denen heilende und spirituelle Kräfte zugeschrieben werden … Auch die Grabbeigaben sind typisch für Schamanenbestattungen. Schildkröten, Kuhschwänze, Adlerflügel und Pelztiere spielen auch heute noch wichtige symbolische und schamanistische Rollen in der spirituellen Arena menschlicher Kulturen weltweit …“.

Von den Praktiken (relativ) moderner Jäger-und-Sammler-Gesellschaften auf diejenigen von Jägern und Sammlern in der Steinzeit (oder gar in noch weiter zurückliegender Zeit) schließen zu wollen, ist aber alles andere als unproblematisch und kann schwerlich als überzeugender Beleg dafür gelten, dass es sich bei Begräbnissen von Menschen mit körperlichen Behinderungen, die von reichen oder seltenen Grabbeigaben begleitet sind, um Begräbnisse von Schamanen und damit Menschen mit einem besonderen Status als religiöse Spezialisten oder Heiler in ihrer Gruppe gehandelt haben müsse.

Es gibt aber weitere vorgeschichtliche Begräbnisse, die als Schamanenbegräbnisse interpretiert werden (so z.B. das der mesolithischen „Schamanin“ von Bad Dürrenberg; s. Orschiedt et al. 2023), und festgehalten werden kann jedenfalls, dass – zumindest manche – körperlich behinderte Menschen der Steinzeit in ihrer Gruppe einen besonderen Status innegehabt haben, warum auch immer. Die Schamanen-These liegt manchen Autoren deshalb nahe, weil sie eine andere Basis für einen besonderen Status als die wirtschafliche Leistungsfähigkeit der so begrabenen Individuen postuliert. Der Status als Schamane repräsentiert eine alternative produktive Tätigkeit eines körperlich behinderten Individuums für die Mitglieder seiner Gruppe – alternativ zur praktischen Alltagstätigkeit des Jagens oder Sammeln oder – später – zur Abeit im Feld- oder Gartenbau, also alternativ zur in materieller Hinsicht produktiven Tätigkeit.

Aber was ist mit behinderten oder schwer kranken Menschen, die im Kindes- oder frühen Jugendalter verstorben sind wie der in Teil 2 der Serie vorgestellte „Romito 2“ aus der Jungsteinzeit? Welches wertvolle Wissen oder welchen besonderen Status könnte „Romito 2“ bereits in seiner Kindheit – in der seine Behinderung bereits deutlich erkennbar gewesen sein muss –gehabt haben, das seine Versorgung und Pflege für die Menschen in seiner Gruppe lohnend gemacht hätte? Man könnte argumentieren, dass „Romito 2“ gerade aufgrund seiner in seiner Kindheit erkennbar werdenden Behinderung als ein von übernatürlichen Mächten „Berührter“ galt und deshalb gepflegt und versorgt wurde. Aber:

Romito 2; Quelle: Frayer et al. 1988: 551 (Figure 1)

„…, there is nothing in Romito 2’s interment to suggest he was either feared or revered – as Formicola (2007) proposes may have been the fate of those with congenital deformities in the Upper Palaeolithic …“ (Tilley 2015: 70),

d.h.

„…, es gibt nichts in Romitos Begräbnis, das darauf schließen lässt, dass er entweder gefürchtet oder verehrt wurde – was nach dem Vorschlag von Formicola (2007) das Schicksal jener mit angeborenen Missbildungen im Oberpaläolithikum gewesen sein könnte…“ (Tilley 2015: 70).

Tilley argumentiert dafür, die Versorgung und Pflege von behinderten Menschen in der Vorgeschichte nicht nur vom Gesichtspunkt dessen aus zu interpretieren, was diese Menschen aufgrund ihrer Behingerungen nicht tun konnten, sondern auch vom Gesichtspunkt dessen, was sie tun konnten und was in ihrem sozialen und kulturellen Kontext zum alltäglichen Leben der Gruppe beitragen konnten:

„Taking into account cultural, economic and physical environments, it may be possible to identify a realistic range of alternative tasks the individual possibly engaged in, although exact correspondence will almost certainly be impossible“ (Tilley 2013: 75),

d.h.

„Unter Berücksichtigung der jeweiligen kulturellen, wirtschaftlichen und physischen Umwelt ist es vielleicht möglich, eine realistische Bandbreite alternativer Aufgaben zu identifizieren, die der Einzelne möglicherweise ausführt, obwohl eine genaue Übereinstimmung [zwischen Merkmalen der Umwelt und alternativen Aufgaben/Arbeiten] mit ziemlicher Sicherheit unmöglich sein wird“ (Tilley 2013: 75).

Bezüglich „alternativer Aufgaben“ stellt Tilley nicht ab auf die von anderen Autoren vorgeschlagene Rolle von behinderten Menschen als Schamane oder Geschichtenerzähler:

„Certain writers insist that prehistoric individuals with disability likely made an equal-if-different socioeconomic contribution to their group, with the most popular alternative occupations suggested being those of shaman or story-teller … While not inconceivable, it is improbable that such important roles were regularly allocated on the basis of disability alone, and the claim appears to be more a reflection of current social values than a realistic proposition for past behaviour … Nevertheless, in a prehistoric subsistence context the disabled individual would have been called upon to contribute to the extent of their capability, so what might their role have been?“ (Tilley 2013: 131-132).

D.h.

„Bestimmte Autoren beharren darauf, dass prähistorische Menschen mit Behinderungen wahrscheinlich einen gleichwertigen, wenn auch unterschiedlichen, sozioökonomischen Beitrag zu ihrer Gruppe geleistet haben, wobei die beliebtesten alternativen Berufe die des Schamanen oder Geschichtenerzählers waren … Obwohl dies nicht ausgeschlossen ist, ist es unwahrscheinlich, dass solch wichtige Rollen regelmäßig allein aufgrund von Behinderung zugewiesen wurden, und die Behauptung scheint eher ein Spiegelbild aktueller gesellschaftlicher Werte als ein realistischer Vorschlag [der Erklärung] für vergangenes Verhalten zu sein … Nichtsdestotrotz wird in einem prähistorischen Subsistenzkontext das behinderte Individuum aufgefordert worden sein, gemäß seiner Fähigkeiten einen Beitrag zu leisten; also was könnte seine Rolle gewesen sein?“ (Tilley 2013: 131-132).

Konnte jemand trotz seiner Behinderungen ggf. Kinder oder Tiere beaufsichtigen oder jemand, dessen Behinderungen nur seinen unteren Körper betrafen, Arbeiten verrichten, die mit den Händen getan werden, z.B. Schnitzarbeiten verrichten oder Körbe flechten? (Vgl. hierzu Tilley 2013: 152-155). So wissen wir von „Shanidar I“, dass er bei seinen täglichen Verrichtungen Einschränkungen aufgrund seines missgebildeten rechten Armes durch Zahnnutzung kompensiert hat (Lietava 1988: 187; s. Teil 2 der Reihe), z.B. um Dinge festzuhalten, die er mit seinem intakten linken Arm bearbeitet hat. Man muss jedoch aufgrund der Gesamtheit der Behinderungen von „Shanidar I“ davon ausgehen, dass sein sozioökonomischer Beitrag zum Über-/Leben seiner Gruppe kein „gleichwertig[er]“ gewesen sein kann, obwohl seine Behinderungen sukzessive im Lebensverlauf aufgetreten sind, so dass sein Beitrag in seiner jeweils früheren Lebenszeit größer gewesen sein wird als zu späteren Zeitpunkten in seiner Lebenszeit.

Bei Menschen mit angeborenen schweren Behinderungen, die wie „Romito 2“ in jungen Jahren gestorben sind, muss der Aufwand für Pflege und Versorgung während ihrer gesamten Lebenszeit deutlich größer gewesen sein als ihr sozioökonomischer Nutzen aufgrund alternativer Aufgaben in der/für die Gruppe. Frayer und Kollegen (1987: 60-61) werten „Romito 2“ dementsprechend als

„… evidence of tolerance of, and care for, a severly deformed individual in the Paleolithic“ (1987: 60),

d.h.

„Beleg für die Toleranz gegenüber und Pflege eines stark deformierten Individuums im Paläolithikum“ (1987: 60).

Für diese Autoren ist „Romito 2“ aber noch mehr als nur ein Hinweis auf „Toleranz“ bzw. die Duldung kranker oder behinderter Menschen in der Steinzeit; für sie ist „Romito 2“ ein deutlicher Beleg dafür, dass sich Menschen in der Steinzeit um Kranke oder Behinderte, die eine sehr starke wirtschaftliche Belastung für die Gruppe bzw. ihre Angehörigen bedeutet haben müssen, gekümmert haben. Die Implikation ist die, dass Menschen in der Steinzeit Kranken oder Behinderten gegenüber Mitgefühl gehabt – und in ihren Versorgungsleistungen gezeigt – haben:

„… this burial is an important case of care and affection towards a handicapped member in Upper Paleolithic society“ (Frayer et al. 1988: 563),

d.h.

„… diese Bestattung ist ein wichtiger Fall von Fürsorge und Zuneigung gegenüber einem behinderten Mitglied in der Gesellschaft der jüngeren Altsteinzeit“ (Frayer et al. 1988: 563).

Fälle wie „Romito 2“ könnten darauf hinweisen, dass es „uncalculating cooperation“ (Jordan et al. 2016), d.h. Kooperation, die nicht auf einem Nutzenkalkül basierte, in der menschlichen Vorgeschichte gegeben hat. Nach Jordan et al. (2016), die speziell über Pflege- und Versorgungsverhalten bei Neanderthalern schreiben, wäre dieses Verhalten vom evolutionären Gesichtspunkt her nicht überraschend:

„Strong pro-social bonds and care for those who are vulnerable are recognized as key elements contributing to human success and pre-date Neanderthal populations. In effect, strong bonds provide a social buffer against individual shortfalls in resources, health or capacity to raise young and provide a distinct evolutionary advantage … Apparently ‘costly’ cases are a necessary element of how pro-social bonds ‘work’ through trust to reduce individual risk … Healthcare, food sharing and care of vulnerable children are likely to be intimately related, and to have emerged early in human evolution … In such contexts [of hunter and gatherer societies], everyone needs support at some time, which can take many different forms. Investments in others’ wellbeing and motivations to help those we care about may not ‘pay off’ in an instance, but do so over evolutionary timescales. By demonstrating a willingness to take costs on others’ behalves individuals become more trusted themselves, ensuring willing help when they need it. Given the significance of trust to social relationships in close groups any injured group member allows others to display their generosity and willingness to help rather than simply being an economic cost …“ (Jordan et al. 2016: 11-12).

D.h.

„Starke prosoziale Bindungen und die Fürsorge für diejenigen, die schutzbedürftig sind, werden als Schlüsselelemente angesehen, die zum Erfolg der menschlichen Spezies beitragen und den Neanderthalern noch vorausgehen. In der Tat bieten starke Bindungen einen sozialen Puffer gegen individuelle Defizite hinsichtlich Ressourcen, Gesundheit oder der Fähigkeit, Junge aufzuziehen, und sie bieten einen deutlichen evolutionären Vorteil … Anscheinend sind ‚kostspielige‘ Fälle ein notwendiges Element davon, wie prosoziale Bindungen durch Vertrauen funktionieren, um das individuelle Risiko zu verringern … Gesundheitsversorgung, gemeinsame Nutzung von Lebensmitteln und Betreuung schutzbedürftiger Kinder sind wahrscheinlich eng miteinander verbunden und haben sich früh in der menschlichen Evolution herausgebildet … In solchen Kontexten [von Jäger- und Sammlergesellschaften] braucht jeder irgendwann Unterstützung, die viele verschiedene Formen annehmen kann. Investitionen in das Wohlergehen Anderer und Motivationen, denen zu helfen, die uns wichtig sind, zahlen sich möglicherweise nicht in einem einzelnen Fall aus, sondern über evolutionäre Zeiträume hinweg betrachtet. Durch die Bereitschaft, Kosten für andere zu übernehmen, wird der Einzelne selbst vertrauenswürdiger, was seinerseits sicherstellt, dass er auf bereitwillige Hilfe trifft, wenn er sie braucht. Angesichts der Bedeutung von Vertrauen für soziale Beziehungen in engen Gruppen erlaubt jedes verletzte Gruppenmitglied anderen, ihre Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft zu zeigen, anstatt nur wirtschaftliche Kosten zu verursachen …“ (Jordan et al. 2016: 11-12).

So betrachtet gehört Pflege- und Versorgungsverhalten zu einer verallgemeinerten Reziprozität, wie sie die menschliche Spezies (allein oder in besonderem Umfang) auszeichnen soll. Pflege- und Versorgungsverhalten wären dann im Prinzip unkalkuliert, hätten aber ihren – evolutionären – Sinn (s. hierzu auch Spikins et al. 2018 und Sugiyama 2004).

Bleibt anzumerken, dass diese These nicht falsifizierbar ist, und sie deshalb nicht wissenschaftlich überprüft werden kann. Dettwyler (1991) hält deshalb zurecht fest, dass man aus den Befunden wie denen zu „Romito 2“ nicht logisch zwingend schließen kann, dass in der Vorgeschichte moralische Erwägungen oder Mitleid handlungsleitende Motive gewesen wären. Ihre Begründung für diesen Umstand ist aber eine andere als wissenschaftliche Nicht-Überprüfbarkeit:

„… these interpretations are based on a number of implicit assumptions: about the number of nonproductive members normally present in any population, about the abilities of disabled individuals to contribute to society, about the treatment of disabled individuals by other members of the group, and about the ‚moral rightness‘ of facilitating the survival of a disabled individual under all circumstances. These assumptions are not justified by the evidence from the archaeological record or by reference to ethnographic analogy. A tendency to focus on physical traits as the sole measure of productive ability, images of Rousseau’s ’noble savage‘ transported to the past, and unexamined beliefs about the disabled in modern societies have influenced these archaeological interpretations“ (Dettwyler 1991: 375).

D.h.

„… diese Interpretationen basieren auf einer Reihe impliziter Annahmen: über die Anzahl der normalerweise in jeder Bevölkerung vorhandenen unproduktiven Mitglieder, über die Fähigkeiten von behinderten Personen, zur Gesellschaft beizutragen, über die Behandlung von behinderten Menschen durch andere Mitglieder der Gruppe und über die ‚moralische Rechtmäßigkeit‘, das Überleben eines behinderten Menschen unter allen Umständen zu erleichtern. Diese Annahmen werden nicht durch die Belege aus dem archäologischen Archiv oder durch Verweis auf ethnographische Analogie gerechtfertigt. Eine Tendenz, sich auf körperliche Merkmale als alleiniges Maß für produktive Fähigkeit zu konzentrieren, in die Vergangenheit übertragene Bilder von Rousseaus ‚edlen Wilden‘ und nicht-untersuchte Überzeugungen mit Bezug auf Behinderte in modernen Gesellschaften haben diese archäologischen Interpretationen beeinflusst“ (Dettwyler 1991: 375).

Es kann hier nicht darum gehen, Dettwylers Begründung die in Teilen richtig, in Teilen falsch und in Teilen widersprüchlich ist, einer Analyse zu unterziehen; der hauptsächliche Punkt, den Dettwyler machen will, scheint mir der Annahme von Pettitt zu entsprechen, der für (zumindest einige) schwer in ihrer Mobilität beeinträchtigte Individuen die Möglichkeit in Betracht gezogen hat, dass sie aufgrund anderer Eigenschaften als ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit produktiv für die gesamte Gruppe sein konnten, dass das vorgeschichtliche Pflege- und Versorgungsverhalten (in der Regel) nicht unkalkuliert gewesen sei.

Dies ist sicher richtig, denn Pflege und Versorung sind Aktivitäten, die irgendwann von jemandem jemand anderem gegenüber ausgeführt werden müssen. Jemand tut etwas für einen anderem Menschen an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit nicht „einfach so“, quasi automatisch; insofern ist jede konkrete Pflege- und Versorgungsaktivität immer (mehr oder weniger) kalkuliert. Nichts spricht dafür, dass in der Vorgeschichte – und offensichtlich anders als heute – jeder Mensch quasi per Voreinstellung Mitleid mit jemandem in Schwierigkeiten empfindet und Hilfeverhalten zeigt:

„… the practice of caregiving is not a default response in Homo sapiens but it is an conscious choice that must require a form of motivation or reward for the caregiver …“ (Knighton 2021: 34),

d.h.

„… die Praxis der Pflege und Versorgung ist beim Homo sapiens keine Standardreaktion, sondern eine bewusste Entscheidung, die eine Form der Motivation oder Belohnung auf Seiten der Pflegeperson erfordern muss …“ (Knighton 2021: 34).

Pflege-und Versorgungsverhalten als evolutionär bedingt und im Menschen – jedem Menschen? den meisten Menschen? einigen Menschen? – irgendwie verankert zu betrachten, ignoriert das individuelle Entscheidungs- und Handlungsvermögen jedes Menschen, der auch dann noch die Freiheit hat, sein Handeln mit Bezug auf eine bestimmte Aktivität, eben z.B. die Versorgung eines behinderten Menschen, auf die ein oder andere Weise auszuführen, wenn er unter dem Druck sozialer Normen oder vermeintlich evolutionär vorteilhaftem Verhaltens“druck“ unbestimmter Art handelt.

Es muss sich hier aber auch nicht um eine „Entweder-Oder“-Frage handeln. Es trifft zweifellos zu, dass die menschliche Spezies wie jede andere Spezies auch einem evolutionären Prozess unterworfen war, aber es trifft auch zu, dass jeder Mensch als ein Produkt dieses Prozesses Entscheidung- und Handlungsfreiheit hat und auf dieser Grundlage planvoll oder kalkuliert handelt – und anders handelt als andere Menschen in derselben Situation handeln oder handeln würden. Gerade deshalb ist damit zu rechnen, dass (auch) in der menschlichen Vorgeschichte verschiedene Menschen an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten aus verschiedenen Gründen verschiedenes Pflege- und Versorgungsverhalten gegenüber Kranken oder Behinderten gezeigt haben.

Ein Faktor, der bei Entscheidungen mit Bezug auf Pflege- und Versorgungsverhalten Kranken oder Behinderten gegenüber eine wichtige Rolle spielen dürfte, sind Vorstellungen darüber, was normal ist und was nicht bzw. was wie normal oder unnormal ist. (Insofern ist Dettwylers Einwand, nach dem wir das Thema „Pflege- und Versorgungsverhalten gegenüber Kranken und Behinderten“ aufgrund bestimmter heutiger Prämissen behandeln, Rechnung zu tragen.) Und man darf davon ausgehen, dass Alltagsverrichtungen einschränkende oder verunmöglichende Krankheiten und Behinderungen in der menschlichen Vorgeschichte statistisch besehen deutlich normaler, soll heißen: häufiger, waren als in geschichtlicher Zeit und als dies aktuell der Fall ist. Trinkaus (2018) beobachtet ein hohes Ausmaß an Anomalien und Abnormalitäten im Fossilienbestand des homo sapiens:

„A synthesis of these developmental variants through the Homo fossil record provides 75 cases from 66 individuals, an exceptional total given the small paleontological samples. These are primarily from the past 200,000 years, given better preservation through burial, but are known from up to 1.5 million years ago. One third of them have moderately low probabilities (P < 0.05), yet 14% are very rare (P < 0.0001), and 19% have no known etiology“ (Trinkaus 2018: 11941),

d.h.

„Eine Zusammenschau dieser Entwicklungsvarianten durch den Homo-Fossilienbestand liefert 75 Fälle von 66 Individuen, eine außergewöhnliche Summe angesichts der kleinen paläontologischen Proben. Diese stammen hauptsächlich aus den letzten 200.000 Jahren, die aufgrund von Bestattung besser erhalten wurden, reichen aber in die Zeit vor bis zu 1,5 Millionen Jahren. Ein Drittel von ihnen hat mäßig niedrige Wahrscheinlichkeiten [des Auftretens] (P <0,05), aber 14% sind sehr selten (P <0,0001) und 19% haben keine bekannte Ätiologie“ (Trinkaus 2018: 11941).

Für Menschen in vorgeschichtlicher Zeit waren Krankheit und Behinderung also keine seltenen, den „normalen“ Lebensrythmus störenden Schicksalsschläge, so könnte man sagen, sondern statistisch relativ normal, und das dürfte auch die Wahrnehmung von Krankheit und Behinderung geprägt haben: Weil, wie oben bereits bemerkt wurde, Krankeit und (insbesondere erworbene) Behinderung in vorgeschichtlicher Zeit jeden zu mehr oder weniger jedem Zeitpunkt treffen konnte, dürften dies Größen gewesen sein, mit denen immer zu rechnen war, die keinen Ausnahmestatus markierten, sondern mit denen flexibel umgegangen werden musste mit Bezug auf die Frage, welche Aktivitäten jemand kurz-, mittel- oder langfristig ausführen konnte und welche nicht. Schwere Behinderungen sind als solche sicherlich erkannt worden, aber aufgrund der weiten Verbreitung von Krankheit und Behinderung vermutlich immer noch als ein (ggf. Extrem-/)Punkt auf der Skala normaler Lebenstüchtigkeit angesehen worden und nicht als ein Punkt, der so vollständig außerhalb der Normalität liegt, dass er völlig ungewöhnliche bzw. neue Strategien der Pflege und Versorgung erfordert hätte. Oder anders gesagt: Den Übergang zwischen Lebenstüchtigkeit und Lebensuntüchtigkeit dürfte es so nicht gegeben haben; vermutlich war er fließend, bzw. war beides relativ und daher nichts grundsätzlich Unterschiedliches.

Vor diesem Hintergrund verfehlen die Fragen danach, ob die Pflege und Versorgung von Kranken oder Behinderten aus reinem Mitleid erfolgt ist oder ob sie kalkuliert war und was ggf. die Leistungen waren, durch die sich Kranke oder Behinderte jeweils ihre Pflege und Versorgung „verdient“ haben mögen, die Realität in einem breiten Zeitraum der Vorgeschichte des Menschen.


Literatur

Cunha, Eugénia, 2016: Compassion between Humans since When? What the Fossils Tell Us. Etnográfia 20(3): 653-657

Dettwyler, Katherine A., 1991: Can Paleopathology Provide Evidence for ‚Compassion‘? American Journal of Physical Anthropology 84(4): 375-384

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Frayer, David W., Horton, William A., Macchiarelli, Roberto, & Mussi, Margherita, 1987: Dwarfism in an Adolescent from the Italian Late Upper Paleolithic. Nature 330(5): 60-62

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Author: Dr. habil. Heike Diefenbach
Michael Klein

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