Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheidet nach Fall eines 38-Jährigen Franzosen „für“ passive Sterbehilfe (EGMR Entscheidung vom 5.6.2015 – no. 46043/14).
Nürnberg. Juli 2015. Vincent L. liegt seit dem Jahre 2008 im Koma und wird unter anderem künstlich ernährt. Laut seiner Ehefrau wollte er genau das nicht. Seine Eltern, neben anderen, verhinderten bisher die Beendigung der künstlichen Ernährung auf gerichtlichem Wege. Anlässlich dieses Falles soll folgende Frage aufgeworfen werden: Was sind die eigenen Wünsche am Ende noch wert?
Über Jahre hinweg ist Vincent L. Gegenstand widerstreitender Ansichten und Überzeugungen gewesen – während die eine Seite, der seine Ehefrau angehört, ihn „gehen lassen“ möchte, wünscht die andere, der seine Eltern angehören, die Fortführung der künstlichen Ernährung.
Mit seiner Ehefrau soll Vincent vor seinem Unfall darüber gesprochen haben, dass er in einer Situation , in der er nicht mehr am Leben teilhaben kann, auch nicht künstlich am Leben erhalten werden wolle. Er war Krankenpfleger, sie ist Krankenschwester – insofern darf unterstellt werden, dass sowohl er als auch seine Ehefrau wusste wovon sie sprachen.
Leider hatte er seinen Willen nicht schriftlich, insbesondere nicht in einer Patientenverfügung festgelegt.
Gegen zwei ärztliche Entscheidungen, dass man unter anderem die künstliche Ernährung von Vincent L. einstellen könne, gingen dessen Eltern zunächst jeweils erfolgreich gerichtlich vor – zuletzt wandten sie sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Dieser hat jetzt mit zwölf zu fünf Stimmen entschieden, „dass“ die künstliche Ernährung bei Vincent L. eingestellt werden darf. Artikel 2 – Recht auf Leben – der europäischen Menschenrechtskonvention, stehe, so die Richter nach eingehender Prüfung, einem „Ernährungsstopp“ im vorliegenden Fall nicht entgegen.
Ein jahrelanges Tauziehen um das Schicksal eines Patienten findet damit wohl sein Ende. Allerdings hat der Rechtsanwalt der Antragsteller weitere juristische Schritte angekündigt, obwohl die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte endgültig ist.
Eine Patientenverfügung, gegebenenfalls ergänzt durch eine Vorsorgevollmacht, weist den (wirklichen) Willen einer Person im Hinblick auf bestimmte Lebens-/Behandlungssituationen aus. Ein Umstand, der im vorliegenden Fall, nicht nur im Hinblick auf die Bestimmung des Willens von Vincent L. hilfreich gewesen wäre sondern wohl auch seinen Angehörigen eine gewisse Sicherheit gegeben hätte.
Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht
In jungen Jahren denken Menschen selten oder gar nicht an solche Situationen, im fortgeschrittenen Alter nur ungern. Wenn sie es tun, dann erledigen die Leute ihre Patientenverfügung eher zögerlich. „Wir erleben das immer wieder“, so JURA DIREKT Geschäftsführer Domenico Anic.
„In Gesprächen eröffnen uns unsere Kunden, dass sie Vorlagen von Patientenverfügungen und/oder von Vorsorgevollmachten seit Monaten, in nicht wenigen Fällen sogar seit Jahren, in einer Schublade liegen hatten. Irgendetwas hatte sie zunächst motiviert das anzupacken, auftretende Unsicherheiten bei der Beantwortung der in den Vorlagen enthaltenen Fragen führten dann aber häufig dazu, dass eben jene Vorlagen in besagte Schublade wanderten, wenn auch zunächst getragen von dem festen Entschluss die Sache zeitnah wieder aufzugreifen und fertig zu stellen“.
Rund 85 Prozent der Bevölkerung haben nach Angaben der Deutschen Hospizstiftung keine Patientenverfügung – an die 90 Prozent laut anderer Studien keine Vorsorgevollmacht.
Experten raten dringend, auch angesichts solcher Fälle, wie des Koma-Patienten Vincent L., möglichst zeitnah und unabhängig vom Lebensalter die eigene Patientenverfügung zu erstellen. Sie sollte unter anderem für einen möglichen unabwendbaren Sterbeprozess die eigene Haltung zu lebenserhaltenden Maßnahmen und Wiederbelebung klar wiedergeben und Entscheidungen für oder gegen weitere konkrete medizinische Maßnahmen und Behandlungen, wie etwa künstliche Ernährung, Beatmung und Flüssigkeitszufuhr, möglichst zweifelsfrei darlegen.
Zusätzlich empfehlen Experten die gleichzeitige Erstellung einer Vorsorgevollmacht, die es einer Person des Vertrauens erlaubt, die Patientenverfügung auch durchzusetzen, wenn es zu Situationen, wie der des Vincent L. kommt.
„Mit einer für bestimmte Lebens- und Behandlungssituationen klar formulierten Patientenverfügung, ergänzt um eine, insbesondere den gesundheitlichen Bereich abdeckende Vorsorgevollmacht für den eigenen Partner oder andere nahestehende Personen, kann der Wille des Patienten grundsätzlich frühzeitig durchgesetzt werden“, so Rechtsanwalt Mischa Broschinski aus Nürnberg.
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