Politische Korruption hat viele Gesichter.
Politische Korruption in Sachsen-Anhalt liest sich wie folgt:
„Die im Jahr 2025 aus Gründen dieser außergewöhnlichen Notsituation aufgenommenen Kredite sind zu tilgen, sobald die in den Jahren 2020 bis 2024 aus Gründen einer außergewöhnlichen Notsituation aufgenommenen Kredite getilgt worden sind. Die Tilgungsrate beträgt jährlich 100 Mio. Euro. Mit der Tilgung dieser Kredite ist in dem auf das Jahr der letztmaligen Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation folgenden Jahr zu beginnen.“
Das ist Punkt 2 eines Antrags der Regierung des Landes Sachsen-Anhalt, mit dem die Regierung von Reiner Haseloff die Möglichkeit, Schulden zu machen, ohne sie tilgen zu müssen, fortsetzt.
Im Vereinigten Königreich gab es einst die Möglichkeit, Häuser per Mortgage, die „interest only“ war, zu erwerben. Wem eine solche Mortgage gewährt wurde, der konnte ein Haus kaufen, in den Monaten nach dem Kauf die Zinsen der Mortgage zahlen, aber den Kredit in voller Höhe ungetilgt lassen. Eine Methode der Finanzierung, die so lange unproblematisch ist, so lange der Immobilienwert steigt und in jedem Fall höher ist als die Höhe der Mortgage, ansonsten ergibt sich negative Equity. Und natürlich wissen die meisten von uns, wie das gerade angestimmte Lied ausgegangen ist. Die entsprechenden Mortgage-Deals gibt es heute nicht mehr, sie sind mit Milliarden-Verlusten in der Suprime Mortgage Crisis untergegangen, eine Krise, deren Kosten sozialisiert, also auf Steuerzahler abgewälzt wurden.
Insofern ist das, was die Regierung in Sachsen-Anhalt macht, Schulden aufnehmen, aber nicht tilgen, nichts, was es nicht schon gegeben hätte und nichts, von dem man nicht wüsste, dass es nicht aufrecht erhalten werden kann. Der nächste Haushalt kommt bestimmt und der nächste Haushalt, der mit schlechteren Konditionen bei der Finanzierung der bereits vorhandenen Schulden einhergeht, mit noch größerer Sicherheit.
Um weiterhin keine Tilgung auf die Schulden, 695 Millionen Euro und 852 Millionen Euro in den Jahren 2024 und 2025 zahlen zu müssen, bedarf es einer Begründung, einer außergewöhnlichen, einer Notsituation. Das ist letztlich der Grund, warum eine verantwortungslose Polit-Kaste in Sachsen-Anhalt mit 49 Ja-Stimmen bei 25 Nein-Stimmen, 10 Enthaltungen und 13 zum Teil aus Feigheit nicht Anwesenden der Fortsetzung der pandemischen Notlage in Sachsen-Anhalt zugestimmt hat. Es geht schlicht und ergreifend darum, weiterhin Schulden machen zu können, ohne die Kosten dafür tragen zu müssen. Die Kosten werden sich erst einstellen, wenn die „außergewöhnliche (Corona) Notsituation“ durch den Landtag Sachsen-Anhalt nicht mehr festgestellt wird.
Am St. Nimmerleinstag – oder glaubt jemand, dass die Verantwortungslosen, die die Gelegenheit, Schulden auf Teufel komm‘ raus machen zu können, derzeit nutzen, nicht in Zukunft problemlos Ausflüchte finden werden, um die „außergewöhnliche Notlage“, die verhindert, dass der Haushalt von Sachsen-Anhalt mit dem wahren Ausmaß der Landesschulden konfrontiert wird, weiter als „bestehend“ zu deklarieren.
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Was sich in Sachsen-Anhalt abspielt, ist ein Musterbeispiel politischer Korruption, ausgeführt von einer politischen Kaste, die jedes Verantwortungsbewusstsein gegenüber der eigenen Bevölkerung verloren hat.
Unter den Gründen, die geltend gemacht werden, um weiterhin Schulden ohne Tilgung machen zu können, sind 39 Projekte, die nach Ansicht des Finanzministers von Sachsen-Anhalt, Michael Richter, CDU, unbedingt zuende geführt werden müssen. Projekte wie dieses hier:
„Maßnahme lfd. Nr. 8 „Entgelte der … Arbeitnehmer im Geschäftsbereich des MS [Ministeriums]“: Es handelt sich um eine andauernde Fortsetzungsmaßnahme. Das damit finanzierte Personal erstellt u. a. Analysen der Erfahrungen aus der CoronaPandemie, erarbeitet Konzepte zur Vermeidung sozialer Isolation, wirkt an der Umsetzung von Konzepten zur Vermeidung pandemiebedingter Teilhabebeeinträchtigungen mit. Es sind hier weiterhin Tätigkeiten notwendig, um die insbesondere sozialen Folgen der Pandemie aufzuarbeiten und Lehren daraus zu ziehen.“
Das sind die Leute, die finanziert werden, damit sie feststellen, dass es notwendig ist, Leute wie sie zu finanzieren.
Oder Maßnahmen wie diese hier:
„Maßnahme lfd. Nr. 28 „Digitalassistenz für Schulen“: Der Transformationsprozess hin zu mehr Digitalisierung an Schulen ist nicht kurzfristig umsetzbar. Die bereits tätigen Digitalassistenten müssen die Lehrkräfte beim Einsatz digitaler Werkzeuge weiterhin unterstützen bzw. durch den Einsatz von weiteren Digitalassistenten unterstützt werden. Deren Einsatz ist befristet. Nur so kann im Falle einer Pandemie eine gute Unterrichtsversorgung sichergestellt werden.“
oder diese hier:
„Maßnahme lfd. Nr. 38 „Digitalisierung der Verbraucherberatung“: Das Ziel des digitalen Zugangs zur Verbraucherberatung ist noch nicht realisiert. Das Projekt „Digimobil der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt e.V.“ ist bewilligt und wird binnen der nächsten zwei Jahre umgesetz.“
oder diese hier:
„Maßnahme lfd. Nr. 45 „Digitalisierung von Museen, kulturellen Einrichtungen und Kulturgütern“: Die Vorhaben zur Erstellung von Online-Videos zu Kulturgütern, zur Digitalisierung der kulturlandschaftlichen Geländetopographie, zu Digitalisierungsmaßnahmen an hochwertigem Kulturgut sowie zur Digitalisierung von kulturellen Einrichtungen werden fortgesetzt und finalisiert. Der Bedarf bei den Museen und Kulturstiftungen ist nach wie vor gegeben, um dem Publikum auch in Pandemiezeiten Angebote der Kultureinrichtungen sichtbar zu machen.“
Nicht nur wird der Vorwand einer fortbestehenden Corona-Notlage genutzt, um Geld an die eigene Klientel durchzureichen, er wird auch genutzt um Vorhaben, die nicht nur in keinerlei Zusammenhang mit „Corona“ stehen, sondern ganz normale Posten im Haushalt eines Landes sind, und die somit der Überwachung durch nicht nur den Landesrechnungshof zugänglich sein müssten, umsetzen zu können, obschon das Geld dafür nicht da ist. Wie immer, wenn sich öffentliche Verwaltungen unter einem Vorwand in den Besitz großer Mengen von Steuergeld bringen, werden sie nicht nur dieses Steuergeld unter ihresgleichen verteilen, sie werden auch dafür sorgen, dass der Geldsegen in absehbarer Zeit nicht versiegt, zum Nachteil all derer, die von ihrer Landesregierung einen verantwortlichen und sie nicht in Armut stürzenden Umgang mit Steuergeld erwarten.
Sachsen-Anhalt stehen klamme Zeiten bevor.
Den Antrag der Landesregierung auf Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation können Sie hier nachlesen.
Alle Informationen zum Werdegang des Antrags im Plenum finden sich hier.
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Author: Michael Klein
Michael Klein