Zwei aktuelle Entscheidungen des Bundesgerichtshofs verbessern die Erfolgschancen von Darlehensnehmern erheblich.
(Eislingen, 5. April 2016) Nach dem 21. Juni 2016 können Immobilien-Darlehensverträge, die eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthalten und die zwischen September 2002 und Juni 2010 geschlossen wurden, nicht mehr aufgehoben werden. Darlehensnehmer sollten in der verbleibenden Zeit ihre Kreditverträge durch einen versierten Fachanwalt im Hinblick auf Fehler in der Widerrufsbelehrung überprüfen lassen. Nach zwei aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) sind die Erfolgsaussichten für den Ausstieg aus teuren Kreditverträgen und deshalb hohen Zinsersparnissen deutlich größer geworden.
Nach Erkenntnissen von Verbraucherschützern sind die Widerrufsbelehrungen in gut 80 Prozent der Immobilien-Darlehensverträge, die von September 2002 bis Juni 2010 geschlossen wurden, fehlerhaft. „Unsere Quote ist sogar noch um einige Prozentpunkte höher“, sagt Armin Wahlenmaier, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Partner der Rechtsanwaltskanzlei TREWIUS in Eislingen.
Durch den erfolgreichen Ausstieg aus alten Kreditverträgen und die Neufinanzierung der Immobilie zu den aktuell historisch günstigen Konditionen können Darlehensnehmer in der Spitze Jahr für Jahr mehrere tausend Euro Zinsen sparen, insgesamt einen mittleren fünfstelligen Euro-Betrag. „Der anfangs große Widerstand von Banken und Sparkassen, ihre Kunden aus hoch verzinsten Kreditverträgen rauszulassen, ist spürbar geringer geworden“, erklärt Fachanwalt Wahlenmaier. Weil die bisherige Rechtsprechung zum Thema „Fehlerhafte Widerrufsbelehrung“ über sämtliche Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof unter dem Strich verbraucherfreundlich sei, einigten sich Geldhäuser zunehmend außergerichtlich per Vergleich mit den Darlehensnehmern.
„Dank zweier aktueller Entscheidungen des Bundesgerichtshofs können Bankkunden den Widerrufsjoker jetzt mit deutlich größeren Erfolgsaussichten ziehen als früher“, ist Rechtsanwalt Armin Wahlenmaier überzeugt. Eine der beiden BGH-Entscheidungen (12. Januar 2016, Az.: XI ZR 366/15) stellt endlich unzweifelhaft klar, wie der so genannte Nutzungswertersatz nach dem Widerruf zu berechnen ist. Im Ergebnis muss das Kreditinstitut dem Verbraucher eine Entschädigung dafür zahlen, dass es mit dem Geld des Kunden wirtschaften konnte. Der Darlehensnehmer erhält Zinsen für jeden an das Kreditinstitut überwiesenen Euro von der Zahlung bis zum Widerruf. Die meisten Zivilgerichte sprechen dem Darlehensnehmer derzeit Zinsen in Höhe von mindestens 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.
Entsprechend hatte bereits das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) entschieden (23. Dezember 2015, Az.: 4 U 146/14). Vereinzelt sprechen Gerichte Bankkunden auch einen Nutzungswertersatz (= Verzinsung) von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins zu. Überdies erhält der Kreditnehmer etwaige Gebühren, Bereitstellungszinsen sowie die bereits bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung komplett zuzüglich Zinsen erstattet. „Durch diese Entscheidung hat das höchste deutsche Zivilgericht den Argumentationsspielraum von Banken und Sparkassen spürbar begrenzt, zugleich die Verbraucherrechte deutlich gestärkt“, erklärt TREWIUS-Partner Armin Wahlenmaier.
Der zweite Beschluss des Bundesgerichtshofs (16. März 2016, Az.: VIII ZR 146/15) hat auf den ersten Blick nichts mit fehlerhaften Widerrufsbelehrungen in Immobilien-Darlehensverträgen zu tun. Kläger war der Käufer einer Matratze, der den Kauf ohne Angaben von Gründen widerrufen hatte. Die fehlende Begründung wollte der Händler nicht akzeptieren, deshalb auch nicht den Widerruf des Kaufvertrags. Das höchste deutsche Zivilgericht stellte fest, dass es einer Begründung auch nicht bedarf.
Diese BGH-Entscheidung lässt sich nach Auffassung von Fachanwalt Armin Wahlenmaier „problemlos auch auf den Widerruf von Immobilien-Darlehensverträgen übertragen.“ Darlehensgeber hätten sich in der Vergangenheit oft dem Widerrufsbegehren widersetzt mit dem Argument, Kunden wollten nur Zinsen sparen. „Auch das zieht dank des Bundesgerichtshofs nun nicht mehr“, betont Wahlenmaier. Er empfiehlt allen Immobilieneigentümern, die bislang noch nicht aktiv geworden sind und hoch verzinste Darlehensverträge haben, diese im Hinblick auf fehlerhafte Widerrufsbelehrungen von einem versierten Fachanwalt überprüfen zu lassen.
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