Nach dem historischen Erfolg der rechten FPÖ bei der Parlamentswahl in Österreich verzichten die klar geschlagenen Sozialdemokraten vorerst auf personelle Konsequenzen. SPÖ-Chef Andreas Babler, dessen Partei nur auf Platz drei hinter FPÖ und der konservativen ÖVP landete, hatte auf das Amt des Bundeskanzlers gehofft. Am Montag blieb zunächst unklar, ob der 51-Jährige an der Parteispitze eine Zukunft hat. Er sagte in Wien, es gebe «keinen Grund», seine Position zur Verfügung zu stellen.
Die Sozialdemokraten verzeichneten eine historische Wahlschlappe. Deshalb rät der sozialdemokratische Regierungschef des Burgenlands, Hans Peter Doskozil, von einer Regierungsbeteiligung ab. Das Wahlergebnis vom Sonntag sei «kein Auftrag, in eine Regierung einzutreten», sagte der SPÖ-Politiker in Eisenstadt. Vielmehr müsse man das Ergebnis nun in Ruhe aufarbeiten, betonte der ehemalige Verteidigungsminister.
Die SPÖ hat als einzige Partei am Montag mit der Aufarbeitung der Nationalratswahl begonnen, die anderen werden am Dienstag tagen. Mit 21,1 Prozent der Stimmen landeten sie auf Platz drei – ein Minus von 0,1 Prozentpunkte gegenüber dem bisherigen Rekordtief von 2019. Innerhalb der SPÖ wird Babler von einigen als zu links angesehen. Ministerpräsident Doskozil positioniert sich eher am rechten Flügel der Partei.
Wahlsieger wurde die rechte FPÖ mit 28,8 Prozent der Stimmen. Auf Platz zwei kam die konservative Kanzlerpartei ÖVP mit 26,3 Prozent. Eine Koalition mit den Rechtspopulisten mit Herbert Kickl an der Spitze haben alle Parteien ausgeschlossen. Deshalb wäre eine Koalition zwischen ÖVP und SPÖ möglich.
Wählerstrom von ÖVP zu FPÖ
Inhaltlich würden sich jedoch die Rechtspopulisten und die Konservativen näher stehen – besonders im Hinblick auf ihre restriktive Migrationspolitik. Überschneidungen gibt es offenbar auch bei den Wählern: Am Sonntag gaben mehr als 400.000 ehemalige ÖVP-Wähler der FPÖ ihre Stimme, wie eine Analyse des Instituts Foresight im Auftrag des Senders ORF zeigt.
Besonders stark schnitt die FPÖ in ländlichen Gebieten ab. Fast die Hälfte ihrer Wählerinnen und Wähler lebt in eher dünn besiedelten Regionen. Die größeren Städte stemmten sich hingegen gegen den Rechts-Trend. In Wien, Graz, Linz und Innsbruck erhielten die Sozialdemokraten die Mehrheit.
Protestdemonstrationen geplant
In der Hauptstadt Wien regt sich in der Kulturszene und in linken Gruppierungen Widerstand gegen eine mögliche Regierungsrolle für die FPÖ. Auf Instagram wurde ein Aufruf zur Wiederbelebung der sogenannten «Donnerstagsdemos» veröffentlicht. Diese Proteste gegen die Koalition von ÖVP und FPÖ waren im Jahr 2000 und ab 2018 regelmäßig in Wien abgehalten worden.
Kulturschaffende müssten nun für demokratische Freiheit und Weltoffenheit einstehen, meinte der Direktor des Wiener Burgtheaters, Stefan Bachmann. Es liege an den Parteien, in den Koalitionsverhandlungen «dafür zu sorgen, dass unsere Demokratie gegen einen drohenden rechtspopulistischen Staatsumbau verteidigt wird.» Die Direktorin der Nationalbibliothek, Johanna Rachinger, warnte angesichts des FPÖ-Siegs vor einer «Hinwendung zu einer illiberalen Demokratie mit autokratischen Tendenzen.»
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