Es gibt Berufe, die waren vor ein oder zwei Dekaden noch angesehen und profunde. Dazu gehörte beispielsweise auch der des Journalisten. Und nicht zuletzt der des Kabarettisten. Doch nachdem sich manche Menschen in ihrer Funktion als Quatschmacher dazu befähigt sehen, auch dann über die große Politik zu philosophieren, wenn sie höchstpersönlich von einer zutiefst festsitzenden Verachtung gegenüber einer bestimmten Wählerschaft zerfressen scheinen, treibt das eigentlich hehre Metier der Satire eigentümliche Blüten.
Von Dennis Riehle
Da will Jan Böhmermann “Nazis keulen”. Und nun ist es Florian Schroeder, der mit einer zutiefst befremdlichen, inakzeptablen und würdelosen Äußerung auf sich aufmerksam macht. Seitdem er sich vor Jahren auf den Kurs des Investigativismus begeben hat und die Bühne aktuell vor allem für Propaganda nutzt, ist er offensichtlich abgekommen von einem zumindest durch die Meinungsfreiheit gedeckten Weg des qualitativ annehmbaren Sarkasmus und der nachvollziehbar scherzhaften Ironie.
Im Rahmen eigener Recherchen und Begegnungen mit dem weltanschaulichen Endgegner hatte der in Lörrach geborene Autor die AfD ohne allzu viel an argumentativem Fundament zum schlichten Feindbild erklärt. Und er gehört mit diesem Augenblick der recht belanglosen Entdeckung eines bis heute nicht durch das Bundesverfassungsgericht verbotenen Konkurrenten auf dem Tableau der Alternativen zu dieser auserwählten Bevölkerungskohorte, die mehr weiß als die Allgemeinheit. Schließlich ist sich der auch als Kolumnist tätige Südbadener im Gegensatz zu historisch versierten Durchschnittsbürgern völlig im Klaren darüber, dass Nationalsozialismus und Faschismus nicht der Geschichte angehören – sondern mitten unter uns sind.
Wenn er nun die Ostdeutschen als “behinderte Tiere” bezeichnet, so ist das nicht nur ein neues Maximums an Dehumanisierung, Herabwürdigung und Entgleisung. Stattdessen reiht sich dieser Tonfall in die Primitivität der Einlassungen von Luke Mockridge ein, der sich bereits über die paralympischen Sportler in einer sämtliche Grenzen des Tolerierbaren sprengenden Dreistigkeit und Unverfrorenheit lustig machte. Nun scheinen jene zum Objekt der vulgären und niveaulosen Begierde zu werden, die an der Stimmurne das Kreuz an der vermeintlich falschen Stelle gesetzt haben. Wieder einmal will ein aus der Provinz stammender Wessi in anmaßender und bevormundender Überheblichkeit eines Oberlehrers den Sachsen, Thüringern oder Brandenburgern erklären, was gut und böse ist.
Es bedarf keiner Diskussion über das nicht entschuldbare Vokabular eines Fernsehmoderators, der zuletzt deutlich seltener im Rampenlicht stand – und wohl auch deshalb auf den Pfad der Demagogie wechselte. Denn im ÖRR gewinnt heute niemand mehr einen Blumentopf, der sich mit seriöser Komik an den gesellschaftlichen Verhältnissen abarbeitet. Viel eher braucht es für Aufmerksamkeit durch das linkswoke Publikum möglichst kärgliche und plumpe Schnoddrigkeit, mit der auf Landsleute eingedroschen wird, die sich frustriert, enttäuscht und überzeugt von den Alteingesessenen abwenden. Wer sich in einer zunehmend totalitär anmutenden Republik der Einebnung durch das Kartell verweigert, wird einerseits zum Spielball im Wahlkampf. Andererseits findet sich der sein Grundrecht auf unbehelligtes Votum beanspruchende Souverän mit Präferenzen für die Blauen kurzerhand auf der Kleinkunstbühne eines nahezu bemitleidenswerten Humoristen wieder, der mit seinem Lachen über die eigenen Witze offenbar zunehmend isoliert dasteht.
Denn was sich Prominente aktuell an Respektlosigkeit, Schamlosigkeit und Kühnheit leisten, das kann nur noch derjenige in Schutz nehmen, dessen Gewissen und Ethik im Hass auf Andersdenkende vollständig verdorrt ist. Das Prinzip der Demokratie mag eine Zumutung sein. Denn ihr Wesensmerkmal ist es, aus einer Vielzahl an Wettbewerbern den individuellen Favoriten aussuchen zu können, über dessen Legitimität nicht etwa eine Behörde, das Establishment oder gar ein Possenreißer entscheidet. Wer einen Ein-Parteien-Staat herbeisehnt, in dem sich ein Kartell von CDU bis Grünen jeglichen Profils entledigt, um als weichgespülter Block und bunter Einheitsbrei eine vielfältige Realität aus Friede, Freude und Eierkuchen zu versprechen, dem sei ein Besuch in der Zeitmaschine empfohlen, die direkt ins Jahr 1984 zurückführt.
Es ist der Einzelne in Dresden, Erfurt oder Potsdam, der weder eine Belehrung noch Unterrichtung darüber braucht, was moralisch anrüchig oder gemeinschaftskonform ist. Schuster, bleib bei deinem Leisten! – so möchte man es in diesen Tagen einer zum Richter über Anstand und Normativität aufschwingenden Minderheit der Wachsamen und Korrekten zurufen, die auf dem Schiff der sinkenden Beliebtheit hilflos um sich schlägt. Man muss ein qualvolles und verzweifeltes Dasein fristen, wenn man sich nur noch mit der untersten Schublade zu helfen weiß, um der Bedeutungslosigkeit zu entkommen. Doch mit Erbärmlichkeit und Schäbigkeit wird man selbst in einem Klima der Verrohung und Abstumpfung nicht mehr Fuß fassen können. Denn ab einem gewissen Tiefpunkt fällt jeder aus dem öffentlichen Radar. Und das ist auch gut so.
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Author: Gast Autor
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