Im Würgegriff von Produktpiraten und Wettbewerbshütern
sup.- Wer ein renommiertes Markenprodukt kauft, erwartet Qualität. Langlebige Materialien, eine kontrollierte Fertigung sowie konsequente Kundenorientierung rechtfertigen aus Verbrauchersicht dann auch einen höheren Preis. Ärgerlich ist es, wenn sich das Produkt als gefälscht erweist und für den Preis keinerlei angemessene Gegenleistung erbracht wird. Dies geschieht derzeit immer häufiger durch die Flut an Markenplagiaten, mit denen Deutschland überschwemmt wird. Der rasante Anstieg des Online-Handels hat dazu geführt, dass sich z. B. gefälschte Schuhe, Uhren oder Parfüms ihren Vertriebsweg zu den Kunden bahnen können. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums konnten die Zollbehörden im Jahr 2014 nahezu sechs Mio. Produktfälschungen beschlagnahmen. Das ist ein Anstieg von rund 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr und dürfte zudem auf eine enorme Dunkelziffer hinweisen. Die meisten dieser Nachahmungen stammen aus dem ostasiatischen Raum, viele sind auf den ersten Blick nicht vom Original zu unterscheiden. Für die deutsche Wirtschaft summiert sich die Plagiat-Invasion zu einem Milliardenschaden. Darüber hinaus lauern in den Fälschungen erhebliche Risiken für die Verbraucher. Wenn es sich z. B. bei den Sicherheitsvorrichtungen an Werkzeugen oder Sportgeräten lediglich um wirkungslose Attrappen handelt, wenn Hautpflegeartikel Entzündungen auslösen, dann droht unmittelbare Gesundheitsgefahr. Und regelrecht lebensgefährlich wird es, wenn wirkungslose Pillen in der Aufmachung verschreibungspflichtiger Medikamente angeboten werden.
Die Hersteller besonders beratungsintensiver Produkte legen deshalb großen Wert auf umfangreiche Verbraucheraufklärung, um das Bewusstsein für verantwortungsvolles Einkaufen zu schärfen. Sie verzichten aus diesem Grund vielfach auf einen Verkauf über die großen Internet-Plattformen und bevorzugen individuelle Vertriebswege mit direktem Kundenkontakt. Leider werden die Spielräume für den beratenden Fachhandel nicht nur von den Produktpiraten aus Fernost bedroht, sondern auch vom Bundeskartellamt. Diese Behörde sieht keinen Unterschied zwischen dem Online-Vertrieb preisgünstiger Discount-Ware und dem Verkauf von hochwertigen Markenprodukten mitsamt personalintensiver Kundenbetreuung. Maßstab für die Preisbildung sollen nach Vorgabe der Wettbewerbshüter die jeweils günstigsten Anbieter ohne entsprechende Service-Leistungen sein. Und bei einer Limitierung des anonymen Online-Handels wird ebenfalls ein Verstoß gegen das Kartellrecht unterstellt. Mit dieser Perspektive, so die Befürchtung des Wirtschaftspublizisten Detlef Brendel , wird tatsächlich der Wettbewerb verzerrt – zu Lasten des verbraucher-orientierten Fachhandels, der sich in einem „Discountry“ auf Dauer nicht behaupten kann: „Das provoziert Geschäftsaufgaben und vernichtet mittelständische Existenzen und Arbeitsplätze“, warnt der Autor in dem Buch „Wirtschaft im Würgegriff / Wie das Kartellamt Unternehmen blockiert“ (Campus Verlag, ISBN 978-3-593-50150-5): „Die Fokussierung auf den Preis gefährdet den Qualitätswettbewerb, weil diesem die erforderliche wirtschaftliche Basis entzogen wird.“
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