Familiäres Zusammenleben fördert die Integration – Kritik an Einschränkung des Rechts auf Familiennachzug
Stuttgart, 3. Mai – Zahlreiche Männer sind bewusst ohne ihre Familie nach Deutschland geflüchtet. Ihre Frauen und Kinder haben sie im Heimatland zurückgelassen, damit sie bei der Flucht nicht in Lebensgefahr geraten. Häufig fürchten die Väter jetzt um die Sicherheit ihrer Familie und wollen die Angehörigen so schnell wie möglich nach Deutschland nachholen. Wie die Caritas-Fachkräfte in der Flüchtlings- und Migrationsberatung berichten, stehen viele Männer daher unter enormem psychischem Druck. Sie halten die latente Gefährdung der Familie, die sich noch in Syrien, Ägypten, im Libanon, in der Türkei oder in Griechenland aufhält, kaum aus. Teilweise ist die Sorge um das Überleben der Familie so groß, dass sich die Männer nur schwer auf Integrationskurse konzentrieren oder auf das Leben hier einlassen können. Anlässlich des Feiertags Christi Himmelfahrt, der zugleich als Vatertag begangenen wird, macht die Caritas in Baden-Württemberg auf die große Not der hier angekommenen Männer aufmerksam.
Der katholische Wohlfahrtsverband kritisiert in diesem Zusammenhang die jüngst vollzogene Gesetzesänderung, die das Recht auf Familiennachzug bei so genannten subsidiär geschützten Flüchtlingen beschneidet. Demnach ist für Flüchtlinge, die im Herkunftsland mit Folter oder Todesstrafe rechnen müssen, zwei Jahre lang das Recht auf einen Antrag auf Familiennachzug ausgesetzt. Dies gilt auch für Flüchtlinge, denen aufgrund von Bürgerkrieg oder Krieg eine unmenschliche Behandlung droht. „Wir setzen uns für den Schutz der Ehe und Familie ein, der auch für die Geflüchteten gilt“, betonen die Caritas-Vorstände Dr. Annette Holuscha-Uhlenbrock (Rottenburg-Stuttgart) und Mathea Schneider (Freiburg). „Je schneller die Familienmitglieder wieder beieinander sind, desto besser klappt die Integration. Denn das familiäre und eheliche Zusammenleben wirkt äußerst stabilisierend und integrativ, wenn es darum geht, sich hier zurechtzufinden und heimisch zu werden.“
Es kann Jahre dauern, bis die Familie in Deutschland vereint ist. Dies liegt unter anderem daran, dass die Familienangehörigen im Ausland nur unter erschwerten Bedingungen einen Antrag auf Nachzug stellen können. Hierfür müssen sie eine Deutsche Botschaft etwa in der Türkei oder im Libanon aufsuchen. Derzeit hat die Türkei ihre Grenze nach Syrien geschlossen, so dass syrische Flüchtlinge ihre Termine in deutschen Botschaften in der Türkei nicht wahrnehmen können.
Wenn für die Familienangehörigen keine schnelle Ausreisemöglichkeit besteht, treten Frauen und Kinder immer wieder auf eigene Faust die Flucht an. In den von Schleppern zur Verfügung gestellten Booten riskieren sie ihr Leben. Damit die Familien diesen lebensgefährlichen Fluchtweg nicht begehen, ruft die Caritas dazu auf, den legalen Weg der Familienzusammenführung zu vereinfachen und zu beschleunigen. Um die entsprechenden Anträge möglichst schnell bearbeiten zu können, fordert sie ausreichend Personal in den deutschen Auslandvertretungen. Die hiesigen Caritas-Migrationsberatungen und -Jugendmigrationsdienste beraten die Flüchtlinge und Ehrenamtliche bei der Antragstellung. Um den enormen Bedarf an Beratung bewältigen zu können, müssen aus Sicht der Caritas die Kapazitäten in der Migrationsberatung von Erwachsenen und Jugendlichen ausgebaut werden.
Als Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche vertritt die Caritas in Baden-Württemberg rund 3.800 Einrichtungen mit mehr als 175.000 Plätzen in unterschiedlichen Hilfefeldern, in denen 65.000 Mitarbeiter/innen tätig sind.
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