Knapp 200 Staaten beraten in Baku zwei Wochen lang über die Eindämmung der Erderhitzung und die Abfederung ihrer fatalen Folgen – also häufigere und heftigere Überschwemmungen wie jüngst in Spanien, Hitzewellen und Waldbrände oder verheerende Stürme wie an der US-Küste. Außenministerin Annalena Baerbock sieht in der Klimakrise die größte Sicherheitsherausforderung unserer Zeit, wie die Grünen-Politikerin vorab erklärte. „Jedes verhinderte Zehntelgrad Erderwärmung bedeutet weniger Krisen, weniger Leid, weniger Vertreibung.“
Im Fokus der Beratungen stehen erneuerte Finanzzusagen an arme Länder: Entwicklungsstaaten und Umweltorganisationen erwarten, dass die reichen Industriestaaten jährlich mindestens eine Billion US-Dollar mobilisieren – zehnmal mehr als die aktuell zugesagten 100 Milliarden pro Jahr. Zur Finanzierung schlagen Klimaaktivisten Vermögenssteuern für Reiche oder Abgaben auf die Förderung von Kohle, Öl und Gas vor.
Überschattet von Trumps Wahlsieg
Erwartet werden in der autoritär regierten Ex-Sowjetrepublik, in der Presse- und Meinungsfreiheit stark eingeschränkt sind, mehrere Zehntausend Regierungsvertreter, Journalisten, Aktivisten und politische Lobbyisten. Nach der ersten Plenumssitzung am Montag auf dem Gelände rund um das Olympiastadion in Baku folgen am Dienstag und Mittwoch Reden Dutzender Staats- und Regierungschefs. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat seine Reise zur Klimakonferenz nach dem Aus für seine Ampel-Regierung abgesagt.
Nichtregierungsorganisationen befürchten, dass die Klimakonferenz COP29 von der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten überschattet wird. Bereits nach seinem ersten Wahlsieg 2016 hatte Trump angeordnet, dass die USA aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen – was sein Nachfolger Joe Biden wieder rückgängig machte.
Das Climate Action Network, das Hunderte Umweltorganisationen umfasst, forderte, die Industriestaaten dürften nicht mit Verweis auf knappe Staatshaushalte die notwendige drastische Aufstockung der Klimafinanzierung blockieren. Industrieländer könnten leicht Billionen aufbringen für den Klimaschutz: Indem sie bei Militärausgaben kürzen oder bei klimaschädlichen Subventionen für fossile Brennstoffe sowie bei Steuererleichterungen für hochprofitable, aber umweltschädliche Unternehmen sowie für Milliardäre.
Das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen
Der Handlungsdruck ist groß: In diesem Jahr hat sich der Planet erstmals um mehr als 1,5 Grad aufgeheizt im Vergleich zur vorindustriellen Zeit – es wird nach Berechnungen des EU-Klimadienstes wohl das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Das 2015 auf der Pariser Klimakonferenz vereinbarte Ziel, die Erhitzung möglichst auf 1,5 Grad zu deckeln, gilt aber noch nicht als verfehlt, denn dafür sind längerfristige Durchschnittswerte maßgeblich.
Kurz vor der COP29 hat UN-Klimachef Simon Stiell festgestellt: Das Engagement der Weltgemeinschaft ist weiter unzureichend. Alle Klimapläne, die die Staaten bei der UN eingereicht haben, würden den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie Kohlendioxid nur um 2,6 Prozent bis 2030 drücken, verglichen mit 2019. Nötig wären laut Weltklimarat IPCC aber 43 Prozent, um die schlimmsten Folgen der Klimakrise abzuwenden. Selbst wenn alle Klimaschutzpläne wirklich umgesetzt werden, steuert der Planet bis zur Jahrhundertwende auf eine Erhitzung um 2,6 bis 3,1 Grad zu.
Lichtblick beim Ausbau der Erneuerbaren
Es gibt aber auch Lichtblicke. Im Jahr 2023 ist die weltweite Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien schneller gestiegen als jemals zuvor in den letzten drei Jahrzehnten, wie die Internationale Energieagentur (IEA) festgehalten hat. Damit besteht eine echte Chance, das auf der vorherigen Klimakonferenz in Dubai festgelegte Ziel zu erreichen, die globale Kapazität für Erneuerbare bis 2030 zu verdreifachen.
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Author: [email protected]