Nuklearmedizinische Bildgebung unterstützt Krebsbehandlungen, die auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sind
Für Tumorpatienten ist die rechtzeitige Wahl der angemessenen Therapie überlebenswichtig. Mit nuklearmedizinischen Methoden wie PET (Positronen-Emissions-Tomographie) lässt sich nicht nur der Tumor verorten, sondern auch der Therapieerfolg schon bald nach Behandlungsbeginn abschätzen. Das gibt die European Association of Nuclear Medicine (EANM) bekannt.
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Patienten mit soliden Tumoren wie Darm-, Brust- oder Lungenkrebs gestiegen. Zu den vielfältigen Ursachen gehören eine längere Lebenserwartung ebenso wie neuartige Risikofaktoren, beispielsweise eine verstärkte Verbreitung des Rauchens bei Frauen. Hinzu kommt, dass Krebs dank verfeinerter Bildgebungsverfahren, die schon bei Vorsorgeuntersuchungen zum Einsatz kommen, frühzeitiger als in der Vergangenheit festgestellt wird.
„In den zurückliegenden Jahren wurden enorme öffentliche und private Mittel aufgewendet, um die Neuerkrankungs- und Sterblichkeitsraten bei Krebs zu verringern. Doch trotz einzelner Fortschritte im vergangenen Jahrzehnt waren die Ergebnisse im ‚Kampf gegen den Krebs‘ insgesamt enttäuschend. Dieser nur beschränkte Erfolg liegt unter anderem an unserem Unvermögen, zu bestimmen, ob die Behandlung das Zielobjekt wirklich erreicht und durch das eingesetzte Medikament möglichwerweise heilt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist unsere begrenzte Fähigkeit, schon bald nach Behandlungsbeginn korrekt zu beurteilen, inwieweit die Behandlung anschlägt. Das nämlich würde individualisiertere Behandlungsansätze ermöglichen“, sagt EANM-Experte Prof. Stefano Fanti (Universität Bologna). Hier kommt nun die Verknüpfung zweier Bildgebungsverfahren – PET (Positronen-Emissions-Tomographie) und CT (Computertomographie) – ins Spiel. Während beim CT Röntgenstrahlen anatomische Schnittbilder liefern, entdeckt PET Krebszellen, indem ihr Stoffwechsel mit Hilfe von Radiopharmaka („Tracer“) – radioaktiv markierten Substanzen, die man dem Patienten injiziert – sichtbar gemacht wird. Während der vergangenen fünfzehn Jahre hat man PET/CT erfolgreich eingesetzt, um zu beurteilen, wie Patienten auf Chemo- und Strahlentherapien ansprechen. Vor Behandlungsbeginn durchlaufen die Patienten eine PET-Untersuchung, um die Bösartigkeit und die Ausdehnung des Tumors zu bestimmen. Das geschieht, indem gemessen wird, wie stark das Radiopharmakon im Verhältnis zur verabreichten Dosis und zum Körpergewicht vom Gewebe aufgenommen wird.
Nach der Chemo- oder Strahlentherapie – oder einer Kombination von beiden – findet eine zweite PET-Untersuchung statt, um den Behandlungserfolg zu beurteilen. Die Menge an Tracer-Substanz, die jetzt noch sichtbar ist, zeigt an, wie stark die Stoffwechselaktivität des Tumors und die Ausdehnung der Krebsregionen zurückgegangen sind. Nicht selten kommt es sogar zu einer völligen Normalisierung. Aber selbst bei einer rundum erfolgreichen Therapie verschwindet die Gewebemasse nicht immer vollständig. Sie kann als fibrotische Region bestehen bleiben, die mit morphologischen Bildgebungstechniken wie CT immer noch registriert wird. Deshalb sind solche konventionellen Bildgebungsverfahren zwar sehr genau bei der Krankheitsstadien-Bestimmung, aber recht unspezifisch bei der Bewertung onkologischer Therapieergebnisse. Im Gegensatz dazu erlaubt PET, die Wirksamkeit von Chemo- und Strahlentherapien sicher, präzise und in nicht-invasiver Weise zu einzuschätzen.
„PET-Resultate zum Therapieerfolg haben klinische Bedeutung, denn sie haben Bezug zur Prognose und zur nachfolgenden Auswahl individualisierter klinischer und therapeutischer Maßnahmen. Dieses Konzept hat sich bei einer Reihe solider Tumoren bewährt. Dazu gehören gynäkologische Krebserkrankungen, Brustkrebs, Hirntumoren, Lungenkrebs, Krebs im Kopf- und Halsbereich, Bauchspeicheldrüsen- und Speiseröhrenkrebs, Weichteilsarkome, neuroendokrine Tumoren, Darm- und Analkrebs. Sogar bei bestimmten Krebsarten des lymphatischen Systems in fortgeschrittenen Stadien liefert PET bessere Diagnose- und Prognoseresultate“, erklärt Dr. Cristina Nanni (Universität Bologna). Der meisterprobte Tracer für PET ist FDG (2′-[(18)F]-Fluorodeoxydglukose), ein radioaktives Glukose-Analogon. Zurzeit werden aber noch andere radioaktive Tracer für Therapiebeurteilungen untersucht, darunter markiertes Cholin, das sich bei Prostatakrebs einsetzen lässt, wofür sich FDG nicht eignet.
Die hohe Messempfindlichkeit von PET/CT bei der Therapiebewertung hat es Onkologen und Nuklearmedizinern erlaubt, dieses Potential zum Nutzen der Patienten weiter auszuschöpfen. Durch den Einsatz von PET/CT schon bald nach Behandlungsbeginn – zum Beispiel nach zwei oder drei chemotherapeutischen Behandlungszyklen – konnten sie nachweisen, dass sich die Stoffwechselaktivität von Tumoren, die auf die Behandlung ansprechen, schon sehr schnell nach dem Behandlungsbeginn vermindert und auch die Masse in Form und Größe unverändert bleibt. Die Folgen sind bedeutsam: Schon sehr bald nach dem Therapiestart lässt sich erkennen, welche Patienten nicht darauf ansprechen. Eine unwirksame Chemotherapie kann also sofort abgebrochen werden. Das verringert schädliche Nebenwirkungen durch nutzlose Toxizität und erlaubt eine frühzeitige therapeutische Rettungsaktion, beispielsweise durch den Wechsel zu einem anderen Medikament oder zur Strahlentherapie. Auf diese Weise schafft PET/CT die Basis für Behandlungen, die für den einzelnen Patienten „maßgeschneidert“ sind: Die gelieferten Daten ermöglichen die Auswahl des wirksamsten Medikaments bei gleichzeitiger Vermeidung nutzloser Toxizität und unterstützen dadurch eine personalisierte Therapiewahl.
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