Ein Gastbeitrag von Iris Zukowski
Die Entwicklung sexueller Gewalt zeigt weltweit einen besorgniserregenden Trend. In Europa haben Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden im Zuge der Migrationspolitik die höchste Rate sexueller Straftaten. Auch in Deutschland steigen die Zahlen jedes Jahr auf einen neuen Höchststand.
Im Juli 2024 wird eine 19-Jährige auf dem Nachhauseweg von einem Festival von einem 21-Jährigen überfallen, ins Gebüsch gezerrt und brutal vergewaltigt. Vor lauter Angst leistet das Opfer keine Gegenwehr. Vor Gericht leugnet der Täter die Vergewaltigung und bezeichnet den nächtlichen sexuell motivierten Überfall als „einvernehmlichen Sex“. Der Richter des Amtsgerichts in Nordhausen folgt dem Antrag der Verteidigung und spricht den Täter frei, da das Opfer nicht „nein“ gesagt habe.
In Indien verstirbt eine Studentin nach einer grausamen Gruppenvergewaltigung an den schweren Verletzungen. Die Ärzte können nicht einmal mehr ihren Magen finden. Einer der verurteilten Täter sagt später in einem Interview: „Sie hätte einfach ruhig sein sollen und die Vergewaltigung geschehen lassen. Dann hätten wir sie abgesetzt, nachdem wir mit ihr fertig waren.“ Das Opfer habe seiner Ansicht nach die brutale Vergewaltigung mit Todesfolge selbst verschuldet: „Ein anständiges Mädchen würde nicht abends um 21 Uhr noch draußen herumlaufen.“
In Indien schnellen seit einigen Jahren Fälle von brutalen Gruppenvergewaltigungen in die Höhe,- auch ohne Migrationsproblematik wie in Europa. In der religiösen und kulturellen Prägung des Landes liegt der Wert von Mädchen und Frauen unter dem Wert des Mannes. Frauen haben mithin auch weniger Rechte. Das Narrativ, dass sich der Anstieg sexueller Gewalttaten gegen Frauen und Kinder damit erkläre, dass einfach mehr Fälle zur Anzeige gebracht würden, wirkt zwar auf den ersten Blick stimmig, sollte aber dringend hinterfragt werden, Wahrscheinlicher ist, dass auch die Dunkelziffer rasant gestiegen ist. In Indien und den muslimisch geprägten Ländern scheuen sich Vergewaltigungsopfer vielmehr, diese Taten zur Anzeige zu bringen. Auf die dortige Justiz können Frauen nicht vertrauen und sie haben sie große Angst vor sozialer Ächtung und Stigmatisierung.
Bald ähnliche Zustände in Deutschland?
Das Urteil des Richters in Nordhausen weist in eine beunruhigende Richtung: Müssen weibliche Opfer von sexueller Gewalt in Deutschland nun ähnliches Unrecht befürchten wie in Indien? Trotz der mangelnden Rechte von Frauen ist uns Indien hinsichtlich der Ursachensuche von steigender sexueller Gewalt einige Schritte voraus. Pornografie-Sucht und die Verbindung zu sexueller Gewalt werden öffentlich thematisiert, wie im Fall einer jungen Ärztin, die im August 2024 während ihrer Nachtschicht im Krankenhaus in einem Seminarraum, in dem sie sich ausruhen wollte, überfallen und von mehreren Männern bestialisch zu Tode vergewaltigt wird. Bei dem Haupttäter findet die Polizei auf dem Mobilphone und Computer verstörende Gewalt-Pornografie.
Trotz der Strafrechtsverschärfung im Jahr 2012 haben grausame Vergewaltigungen in Indien weiter zugenommen. Die Abschreckung potenzieller Täter durch härtere Strafen greift nicht. Eine umfassende Bekämpfung sexueller Gewalt kann nur erreicht werden, wenn die vielfältigen Ursachen dieser Entwicklung systematisch analysiert und schonungslos aufgedeckt werden. Im Fall der zu Tode gekommenen Ärztin aus Kalkutta steht der Konsum von gewalthaltiger Pornografie im direkten Bezug zur entmenschlichten Tat.
Verkehrte Welt auch in der Rechtsprechung
Wer einen Mann mit Lippenstift, der als Frau bezeichnet werden will, nicht als Frau anspricht, kann von einem deutschen Gericht verurteilt werden. Die Aussage des Klägers reicht in solchen Fällen. Wenn ein Mann nachts eine Frau angreift, sie überwältigt und vergewaltigt, kann er jedoch den Gerichtssaal straffrei verlassen, – wenn das zu Tode geängstigte Opfer während der Tat kein Nein über die Lippen bringt.
Die juristische Auffassung von Recht und Unrecht, von Täter und Opfer scheint mittlerweile völlig entkoppelt von unserem natürlichen menschlichen Wissen, den sozialen, moralischen oder ethischen Vorstellungen und Werten, die sich über den Prozess der Zivilisation, vor allem in der westlichen Welt in den letzten Jahrtausenden geformt und entwickelt haben. Ein solches Urteil setzt Zeichen. Es lässt Frauen und Mädchen zum Freiwild für potenzielle Sexualstraftäter werden.
Hinsichtlich der entmenschlichten, sexuellen Gewalttaten in Indien, die in direkter Verbindung mit dem Konsum oder der Sucht nach (extremer) Pornografie stehen – besteht auch in Europa dringend Handlungsbedarf, zu analysieren, was auf dem Pornomarkt im Internet verfügbar ist. Können wir es mit „Informationsfreiheit“ legitimieren, wenn sexuelle Gewalt zur kostenfreien Stimulation im Internet frei verfügbar ist – und auch für Kinder?
Die ausgewählten Experten, die in den Medien zu Wort kommen, berufen sich immer noch auf die sogenannte Katharsishypothese, die besagt, dass das Ansehen von Gewalt in den Medien wie eine Art Ventil fungiere, durch das Menschen ihre aggressiven Impulse abbauen könnten. Sie wird auch auf gewalthaltige Pornografie angewandt und suggeriert, dass solche Darstellungen für uns und unsere Kinder unproblematisch seien. Das Beobachten von medialer Gewalt könne sogar dazu beitragen, den eigenen Aggressionstrieb abzubauen, ohne dass reale aggressive Handlungen notwendig seien.
Diese Theorie ist nicht nur stark umstritten, sie wurde auch durch diverse Studien widerlegt. In einem Versuch wurden zwei Testfilme erstellt: einer, der gemäß der Katharsis-Theorie Aggressionen mindern sollte, und ein anderer, der Aggressionen intensivieren sollte. Eine Kontrollgruppe sah einen neutralen Film. Die Ergebnisse zeigten, dass der Film, der Aggressionen mindern sollte, diese noch stärker erhöhte als der Film, der sie intensivieren sollte. (Meike Uhrig, 2015)
Die Anhänger der Wirkungslosigkeitsthese argumentieren, dass bislang keine valide Langzeitstudie den Nachweis erbracht habe, dass mediale Gewaltdarstellungen einen Anstieg realer Gewaltakte nach sich zögen. (Kunczik & Zipfel 2006). Sie gehen dabei jedoch von einem sozial integrierten und moralisch gefestigten Menschen aus, bei dem kein Transfer medial rezipierter Gewalt ins reale Verhalten zu erwarten ist. Sozial integrierte Individuen verfügen über ausreichende moralische, persönliche und in der Umwelt liegende Hemmfaktoren, die ein Ausleben medial erlernter Gewalt in der Realität verhindern.
In der Medienwirkungsforschung hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich die Gewalt fördernde Wirkung medialer Gewalt vorrangig bei sozial „nicht“ integrierten Personen und bei Kindern zeigt. Sie verfügen nicht über ausreichende Resilienz- und Kompensationsfaktoren, die sie vor der Vorbildwirkung medialer Gewaltbilder schützen.
In Indien töten 2021 zwei Pornografie konsumierende 11-Jährige ein sechsjähriges Mädchen, das sich weigert, sexuelle Handlungen aus pornografischen Videoclips an ihnen nachzuahmen. Der Polizeichef Anand Mishra von Nagaon sagte: “Das Beunruhige an diesem Fall war der Konsum von Pornografie von Minderjährigen.“
Die Wirkungslosigkeit medialer Gewaltbilder, wozu auch sexuelle Gewalt in Pornografie zählt, ist widerlegt. Ihre Befunde, die sich auf die sozial integrierte und moralisch gefestigte Zuschauer beziehen, werden aber immer noch auf die Gesellschaft und damit auch auf die Problemgruppen übertragen. Das ist fatal!
Welche Erkenntnisse zur sexuellen Gewaltprävention würden wir hierzulande erlangen, wenn die Täterprofile von Vergewaltigern, ihre kulturell-soziale Prägung und auch die Intensität und die Art des Konsums von Pornografie erfasst und analysiert würden?
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Iris Zukowski – Diplom-Psychologin, Hypnotherapeutin und Sachbuchautorin: „Jugendgewalt und Medien-Effekt“, Ruhland Verlag 2023, „Was uns heute unterhält, kann uns morgen töten.“ Ruhland Verlag 2017. Sie war einige Jahre Dozentin für Neuromarketing und ist seit 2018 SOS-Initiatorin zur Aufklärung über die weitreichenden Effekte von frei verfügbarer Pornografie.
Bild: Shutterstock
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