• 22. Dezember 2024

Raumpioniere in der Oberlaussitz

ByPressemitteilungen

Mrz 16, 2015

Raus aus dem Park, ab in die Oberlausitz. Auf nach Görlitz.

Wenn es den Görlitzer Bahnhof im Berliner Stadtteil Kreuzberg noch gäbe, dann könnte man aus dem Görlitzer Park direkt nach Görlitz – in die Oberlausitz – fahren. Wobei: Kreuzberg gehört – oder besser ein Teil des alten SO36 Stadtteils – eigentlich in die Oberlausitz. Die Straßennamen belegen das: Muskauer Straße, Pückler Straße, Görlitzer Straße, Lausitzer Straße, Schlesischer Bahnhof usw. Heute weiß das allerdings keiner. Kaum einer. Von den tausenden Menschen, die sich besonders all-sommerlich im Görlitzer Park tummeln, waren gerade mal fünf oder sechs Personen schon einmal in Görlitz. Der Rest fragt: Görlitz? Lausitz? Wo ist das? Schon das GR Nummernschild des Landkreises sorgt für ein unbestimmtes Achselzucken. Die Lausitz reicht „eigentlich“ bis an den Müggelsee und hinunter bis in das Zittauer Gebirge- ach so?!

OK. Görlitz liegt in der Oberlausitz. 250 Kilometer südöstlich von Berlin gelegen und so ziemlich im östlichsten Teil von Ost- und Gesamtdeutschland. Far out gefühlt. Far away gedacht in den Köpfen. Immerhin den Oder-Neiße Radweg kennen einige Sport-, Urlaubs- und Freizeitradler. Die schwärmen gerne von der schönen Tour entlang der Neiße und der Unberührtheit der Natur an der deutsch-polnischen Grenze. Wildschweine, Hirsche, Biber und mehrere Rudel Wölfe gibt es hier. Und Bisons und Galloways und lauter andere Tiere zu Luft und im Wasser. Adler und Bio-Karpfen zum Beispiel.

In der Oberlausitz ist der Landkreis Görlitz, der von Zittau bis ins fürstliche Bad Muskau reicht, der ruhigere Teil. Ruhig allein deswegen, weil die Verkehrsanbindungen vor allem in Nord-Süd-Richtung nur Bundesstraßen-Niveau haben und Görlitz nicht einmal von einem ICE angefahren wird. Wer von Berlin per Bahn kommt fährt nach Cottbus, steigt um und fährt dann in den schicken Regionalbahnen der ODEG übers dünn besiedelte Land in die Kreisstadt, die von manchem zu Recht Görliwood (dazu später) genannt und von vielen anderen und ebenso zu Recht als eine der schönsten Städte Deutschlands beschrieben wird. Zurück zur Infrastruktur: In Ost-West-Richtung kommen die Autobahnfreunde auf ihre Kosten und sind ab Görlitz wahlweise in 60 Minuten in Dresden oder Wrocaw also ehemals Breslau. In Tschechien ist man auch schneller als von Berlin aus. 60-90 Minuten bis ins schönste Skigebiet. Wer weiß das schon im Görlitzer Park? Wer weiß schon, dass in Wrocaw einer der beliebtesten polnischen Flughäfen ist?

Berlin und Görlitz. So nah und doch so fern und dabei so unterschiedlich. In Berlin liegt das Durchschnittsalter bei rund 43 im Landkreis Görlitz bei rund 47 Jahren mit allerdings fallender Tendenz. Die Alten bleiben und werden älter, die Jungen – vor allem die gut ausgebildeten – ziehen fort, oft auch nach Berlin.

An jungen Menschen und besonders den gut ausgebildeten und kreativen wird es der Großstadt wohl nie mangeln. Die jungen Menschen in Berlin, die sich vornehmlich in den Szenebezirken verklumpen, zeichnen sich dabei durch eine sehr hohe Fluktuation aus. Nach ein paar Jahren Groß- und Weltstadtleben zieht es sie wieder fort in die alte Heimat, in die Welt und vielleicht auch in die Oberlausitz. Besonders die, die sich als Raumpioniere verstehen. Denn Raum gibt es genug und Möglichkeiten noch dazu. So, wie in der Uckermark, im Oderbruch, der Prignitz oder der Altmark. Und doch ist die Oberlausitz ganz anders als die anderen sich entleerenden Gebiete. Eine unheimlich reiche, durch die herrlichen Bauten noch zu erlebende Geschichte atmet hier aus jedem Winkel. Und die vielen Görlitzer Straßenfeste zeugen von einem starken bürgerschaftlichen Engagement, das es anderswo nicht gibt.

So manch temporär verweilender Berliner erkennt die Chancen, die sich hier bieten. Etwas mehr Leben, etwas mehr Individualität, raus aus dem Gewusele der Großstadt und raus aus den Szeneklamotten und weg in ländliche Gegenden, in denen ab Sonnenuntergang garantiert die Bürgersteige hochgeklappt werden. Mehr Luft, mehr Himmel, mehr Sterne. Raus aus der teuren Mietwohnung rein ins renovierungsbedürftige eigene Heim, das es mancherorts zum Spottpreis gibt und die Fördermittel der EU noch dazu. Da geht was. Da geht was ganz anderes als eben in Berlin. Und dazu winken derzeit günstige Kredite. Unternehmer werden freilich besonders gerne willkommen geheißen. Sie schaffen Arbeitsplätze und halten dadurch die noch Durchhaltenden oder ziehen die an, die bereits verzogen sind: Die sogenannten Rückkehrer, also Menschen die eigentlich gerne dageblieben wären, aber aufgrund ihrer Lebensperspektiven sich nebst Familienanhang fürs Erste in den Westen weggemacht hatten. Überhaupt das eigene Heim: Wer hier Haus und Grund erwirbt, der nennt meist auch ein ordentliches Grundstück sein eigen. 1.000 Quadratmeter sind gar nichts. Man hat eher mehr. Das reicht dann dem Selbstversorger, um dem leidigen Supermarktangebot zu trotzen. Preise für günstige Häuser finden sich auf den bekannten Immobilienbörsen zum Beispiel der mit der 24. Einfach mal Zittau, Görlitz, Löbau, Niesky oder Bad Muskau als Standort angeben und dann eine Umkreissuche starten. Bingo.

Und die Arbeit? Während in Berlin viele freiberufliche Kreative stöhnen, dass der Wettbewerb so hart ist, die Nebenkosten so hoch und sich alle gegenseitig in den Honoraren unterbieten und die Festangestellten von Ausbeutung sprechen und nie enden wollenden 8-Stunden Tagen, da freuen sich die Kreativen in der Lausitz über viel Raum, geringe Grundkosten und den noch offenen Markt, der sich ihnen bietet, besonders in den Nischen. Ellbogenwettbewerb? Gibt es nicht. Wird es auch so wie in Berlin nie geben. Allerdings werden in der Lausitz auch nicht die Top Honorare gezahlt, die – wenn auch nur wenige – Kreative in Berlin verlangen und bekommen.

Aber nicht nur die bunten Individualisten sind hier willkommen. Fachkräfte werden händeringend gesucht und haben dabei im Bewerberwettbewerb weitaus bessere Einstellungschancen als im Ballungsgebiet Berlin-Brandenburg-Potsdam.

Die Raumpioniere erobern derweil peu a peu den vielfach sorbisch geprägten ländlichen Raum und bergen Schätze. Sie säen, sie renovieren, sie entdecken, schaffen Angebote, werden Lausitzer mit einem „GR“ auf dem Kennzeichnen und finden sich willkommen in einer Dorfgemeinschaft, die ganz anders tickt als ein zwölf Parteien Haus im Berliner Kiez.

Vorschlag: Um einen ersten Eindruck zu gewinnen, bietet sich ein Besuch der inspirierenden Stadt Görlitz plus Neiße-Querung nach Zgorzelec – dem polnischen Görlitz – an oder eine Radtour auf dem Oder-Neiße Radweg oder eine Schlauchbootfahrt auf der Neiße oder ein Besuch der bizarren Braunkohletagebaue oder, oder, oder…!? Am besten einfach mal losfahren.

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