• 15. November 2024

Parkwächter Haldenwang: Erkennung ihres KFZ-Kennzeichens am Badestrand

ByJörg

Sep 11, 2024

Einige Leser werden sagen, das sei ein alter Hut, Jüngere mit dem Kopf schütteln und mahnen, man müsse doch mit der Zeit gehen. Tatsächlich sind ins Digitale hineingeborene Generationen heute viel eher bereit, Dinge von sich preiszugeben.

Was ich gestern an der Ostsee entdeckte, fand ich dennoch verstörend genug, Ihnen davon zu berichten und parallel eine Reihe von Anfragen an Ministerien, Dienste und Datenschutzbeauftragte zu verschicken. Dazu gleich mehr.

Es geht um eine Kennzeichenerkennung bei der Parkplatzbelegung. Wo ganz früher der freundliche Opa saß und zwei Mark entgegennahm und dafür ein flattriges Belegzettelchen herausgab, gab es irgendwann den Euro-Automaten mit automatisierter Schranke. Der lohnt sich offenbar auch irgendwo im Nirgendwo, wenn nur ein Stück Strand zur Verfügung steht, das bevölkert werden will.

Gestern allerdings erlebten wir leibhaftig Stufe drei: Kein Opa, keine Schranke, einfach einfahren und einparken. Oder nicht ganz: Denn beim Verlassen des Parkplatzes muss man an einen Automaten herantreten und seine Autonummer eintippen. Vom Automaten erfährt man anschließend, wie lange man sich dort aufgehalten hat und was man zu bezahlen habe. Kontaktloses Bezahlen mit Karte ist möglich.

Klar, man kann auch einfach rausfahren, aber dann bekommt man Post und muss über 50 Euro Strafe bezahlen. Das bedeutet, dass das betreibende Unternehmen, die Möglichkeit hat, die Adresse des Fahrzeughalters herauszubekommen.

Machen wir es kurz: Hier werden also wegen eines Parkplatzes für Badende auf einer halbwegs trockenen Wiese am Strand Bewegungsprofile erstellt und gespeichert.

Die Generation, die heute regiert – die Grünen und Sozialdemokraten – gingen selbst noch in den 1980ern und 1990ern auf die Barrikaden, wenn sie an einer Volksbefragung teilnehmen sollten oder irgendwo auch nur eine Kamera installiert wurde, die in den öffentlichen Raum hineinblinzelt.

Zur Erinnerung: Die Einwohnermeldeämter haben es aus gutem Grunde zunächst freigestellt, Fingerabdrücke zum Personalausweis abzugeben. Die Diskussion bei der Einführung war groß, mittlerweile ist es bei einer Neuausstellung eines Ausweispapiers zur Pflichtveranstaltung geworden, der Protest wurde über eine Art Toleranzeitraum hinweg einfach ausgeschlichen.

Wird es sich mit diesen unfreiwilligen Bewegungsprofilen bei der Inanspruchnahme von Parkplätzen ebenso verhalten?

Die technischen Details – möglicherweise die Beteiligung von künstlicher Intelligenz (KI) – lassen sich nachlesen. Relevanter ist sicher die Frage, inwieweit es hier ein wie auch immer geartetes Begehren des Staates gibt, bei Bedarf einen Zugriff auf diese Daten zu bekommen. Die anbietenden Unternehmen bewerben es unter anderem wie folgt: „Frischer Wind in der Parkraumbewirtschaftung“.

Und wenn man die technischen Möglichkeiten weiterspinnt, lassen sich flächendeckend ganze Autobahnnetze zu gigantischen KI-moderierten Datenlieferanten ausbauen. Weiterspinnt? Gibt es doch längst! Heise.de sprach schon 2021 von einem geplanten bundesweiten https://www.heise.de/news/Bundesregierung-Kfz-Kennzeichen-Scanning-kommt-bundesweit-5031140.html Kfz-Kennzeichen-Scanning auf Autobahnen. Vor drei Jahren hieß es dazu:

„Laut dem damit geplanten Paragraf 163g StPO dürfen Ordnungshüter „örtlich begrenzt im öffentlichen Verkehrsraum“ ohne das Wissen der betroffenen Personen „Kennzeichen von Kraftfahrzeugen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung durch den Einsatz technischer Mittel automatisch“ erheben. Die Daten können anschließend abgeglichen werden mit Nummernschildern von Kfz, die auf den Beschuldigten oder auf Verbindungspersonen zugelassen sind oder von ihnen genutzt werden.“

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Alexander-Wallasch.de wollte jetzt mit Blick auf den kleinen Strandparkplatz wissen:

– Inwieweit sind oder waren Systeme der automatischen Kennzeichenerfassung ein Thema für den Datenschutzbeauftragten? Wenn ja, in welcher Hinsicht?

· Was wissen Sie über polizeiliche Auskunftsbegehren an die Betreiber. Oder solche von Behörden oder Diensten einschließlich BKA, Bundespolizei und Verfassungsschutz?

· In welchem Zusammenhang wurde wie oft und wann gefragt und mit welchem Ergebnis?

· Kann der Datenschutzbeauftragte einen Daten-Missbrauch durch die Betreiber ausschließen?

Antwort kam bisher vom neuen Pressesprecher bei der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in Nordrhein-Westfalen.

„Systeme zur Kennzeichenerkennung bei der Parkplatzbelegung waren und sind seit Jahren Gegenstand von Beschwerden bei der LDI NRW. Im Zeitraum von Januar 2023 bis Anfang September 2024 gingen dazu insgesamt 78 Beschwerden ein. Die LDI NRW ist für derartige Beschwerden gegen Betreiber aus NRW die zuständige Aufsichtsbehörde. (…)

Inhaltlich befassen sich die Beschwerden meist mit der Frage nach der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit. Der Schwerpunkt der Beschwerden und der Prüfung liegt dabei auf dem Erfassungsbereich der angebrachten Kameras, den Hinweisbeschilderungen, der Speicherdauer sowie teilweise auch auf der technischen Ausgestaltung der Kennzeichenerkennung. In den meisten Fällen nehmen die Betreiber nach Aufforderung durch uns Korrekturen vor, sodass die Kennzeichenerkennung datenschutzrechtlich jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses der Prüfung durch die LDI NRW nicht mehr zu beanstanden ist.

Teilweise richten sich Beschwerden auch gegen die Mahnschreiben der Betreiber. Für diese zivilrechtlichen Fragen ist die LDI NRW nicht zuständig.

Im Übrigen haben wir keine Erkenntnisse zu Datenmissbräuchen durch die Betreiber. Etwaige polizeiliche oder anderweitige Auskunftsbegehren an die Betreiber sind uns nicht bekannt.

Für weitere Informationen verweisen wir auf Punkt 7.1 im 25. Bericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW sowie Punkt 8.2. im 27. Bericht. Beide Beiträge befassen sich mit der Kfz-Kennzeichenüberwachung beim Parken. Sie finden beide Beiträge auf der Homepage der LDI. https://www.ldi.nrw.de/berichte“.

Ist das nun eine hohe Zahl an Beschwerden? Interessanter ist die Aussage der Landesdatenschützer, dass die Betreiber nach den Beschwerden „in den meisten Fällen“ Korrekturen vorgenommen haben. Es lohnt offenbar noch, Einspruch zu erheben.

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Author:
Alexander Wallasch

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