Mit 1.1.2016 traten zahlreiche bedeutsame Gesetzesänderungen in Kraft.
1. Alternative Streitbeilegung
Mit 1.1.2016 trat das Alternative-Streitbeilegung-Gesetz (AStG) in Kraft, das auf europarechtlichen Grundlagen beruht.
Es betrifft Streitigkeiten über Verpflichtungen aus einem entgeltlichen Vertrag, der zwischen einem Unternehmer und einem in Österreich oder einem sonstigen EWR-Staat niedergelassenen Verbraucher abgeschlossen wurde. Für derartige Streitig-keiten werden freiwillige Schlichtungsverfahren vor definierten Schlichtungsstellen (zB dem Intenet-Ombudsmann) vorgesehen.
2. Aufzeichnungspflicht und Belegerteilungspfllicht
Steuerpflichtige, die für steuerliche Zwecke buchführungspflichtig sind, müssen seit 1.1.2016 ihre Bareinnahmen einzeln aufzeichnen. Der Begriff der Barumsätze ist dabei weit auszulegen und umfasst auch die Zahlung mit Bankomat- oder Kreditkarte, mit Barschecks, Gutscheinen und dergleichen.
Aufzeichnungen haben zwingend durch ein elektronisches Aufzeichnungssystem („Registrierkasse“) zu erfolgen, wenn (a) der Jahresumsatz je Betrieb netto EUR 15.000,00 und (b) die Barumsätze dieses Betriebs netto EUR 7.500,00 pro Jahr über-schreiten. Ab 1.1.2017 müssen zusätzlich alle Kassensysteme über einen Manipulationsschutz verfügen.
Außerdem müssen Unternehmer ab 1.1.2016 ihren Kunden bei Barzahlungen einen Beleg aushändigen. Der Kunde muss den Beleg annehmen und bis nach Verlassen der Geschäftsräume des Unternehmers für Zwecke der Kontrolle durch die Abgabenbehörden mitnehmen. Eine darüber hinausgehende Aufbewahrungspflicht für Kunden besteht nicht.
Von diesen Aufzeichnungspflichten bestehen zahlreiche Ausnahmen, etwa für Automatengeschäf-te, Webshops und Umsätzen im Freien, soweit diese im Jahr die Schwelle von EUR 30.000,00 nicht überschreiten („Kalte-Hände-Regelung“).
Welche Konsequenzen drohen? Die Verletzung obgenannter Vorschriften zieht ab dem zweiten Quartal 2016 (aus besonderen Gründen erst ab dem dritten Quartal 2016) finanzstrafrechtliche Folgen nach sich. Mit Spannung abzuwarten bleibt, welche Auswirkungen die Registrierkassenpflicht auf das wirtschaftliche Gedeihen vor allem kleine-rer Gastronomiebetriebe haben wird.
3. Einkommensteuer
Einkommen werden nunmehr nicht in vier, sondern künftig in sieben Stufen besteuert. Hierdurch kommt es im Ergebnis zu einer Entlastung mittlerer Einkommen.
Während diese Vorteile Angestellten bei Auszah-lung des Jännergehalts zufließen, kommen selbst-ständig Tätige prinzipiell erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Geschäftsjahr 2016 in den Genuss der Steuerentlastung. Ihnen steht jedoch die Möglichkeit offen, eine begründete Herabsatzung der Einkommensteuervo-rauszahlung zu beantragen.
Personen, die jährlich weniger als EUR 11.000,00 verdienen und daher nicht einkommensteuerpflichtig sind, erhalten eine von EUR 110,00 auf EUR 400,00 erhöhte Negativsteuer. Eine solche kommt erstmals auch Beziehern niedriger Pensionen zu.
Gegenfinanziert wird dies unter anderem durch die zeitlich befristete Einführung eines neuen Spitzensteuersatzes von 55 % auf jene Einkommensteile, die den Schwellenwert von einer Million Euro pro Jahr übersteigen. Dies trifft auf rund 400 Personen zu, die (noch) in Österreich steuerpflichtig sind (Quelle: Statistik Austria, Bundesministerium für Finanzen)
4. Erbrecht
Am 30.7.2015 wurde mit dem Erbrechts-Änderungsgesetz (ErbRÄG) 2015 eine der historisch umfassendsten Änderungen des Allgemein Bürgerlichen Gesetzbuchs seit dessen Inkrafttreten am 1.1.1812 beschlossen. Neben einer sprachlichen und systematischen Modernisierung des Gesetzes wurden auch signifikante inhaltliche Än-derungen beschlossen, unter anderem wurde die Möglichkeit der Stundung des Pflichtteilsanspruchs bei Vererbung von Unternehmen eingeführt.
Die Reform tritt überwiegend mit 1.1.2017 in Kraft.
5. Gesellschaftsrecht
Mit 1.7.2013 wurde die sogenannte GmbH Light eingeführt, die mit 1.3.2014 wieder abgeschafft und durch die gründungsprivilegierte GmbH ersetzt wurde. Nunmehr hat die Stammeinlage einer GmbH wieder EUR 35.000,00 zu betragen, wobei grundsätzlich mindestens EUR 17.500,00 aufgebracht werden müssen. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, für maximal zehn Jahre ab Gesell-schaftsgründung die sogenannte Gründungsprivilegierung in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall beträgt die Summe der gründungsprivilegierten Stammeinlagen mindestens EUR 10.000,00 und ist auf die gründungsprivilegierten Stammeinlagen insgesamt der Betrag von mindestens EUR 5.000,00 bar einzuzahlen, wobei Sacheinlagen unzulässig sind.
Der Oberste Gerichtshof trug diese Regelung und die rasche Änderung der geltenden Rechtslage innert weniger Monate jüngst zur Überprüfung an den Verfassungsgerichtshof heran (OGH 31.8.2015, 6 Ob 147/15h), wobei letztgenannter einen ersten Prüfungsantrag des Obersten Gerichtshofs im letzten Jahr zurückgewiesen hat (VfGH 19.6.2015, G 211/2014).
Es zeigen sich nun auch erste Erfahrungswerte mit begünstigten GmbHs: Die GmbH light wie auch die GmbH gründungsprivilegiert wurden eingeführt, um die Anzahl der Unternehmensgründungen zu steigern, wenngleich im Gesetzgebungsverfahren heftige Kritik wegen drohender Steuerausfälle wie auch einer möglichen Gläubigergefährdung geübt wurde. Bisher zeigt sich, dass etwa gleich viele „normale“ und gründungsprivilegierte GmbHs errichtet werden, wobei insgesamt die Anzahl der GmbH-Gründungen minimal um etwa 1 % bis 2 % gestiegen ist. Der beabsichtigte Gründer-boom blieb somit aus. GmbHs light und gründungsprivilegiert sind massiv höher insolvenzgefährdet als „normale“ GmbHs, das Verhältnis der Insolvenzen liegt bei etwa 5:1 (Quelle: Rausch, Wirt-schaftsblatt 1.9.2015)
Nunmehr wird durch eine weitere Maßnahme ver-sucht, das Unternehmertum in Österreich zu fördern: Mit 1.1.2016 entfiel die einprozentige Gesellschaftsteuer, die insbesondere auf Leistungen von Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft an die Gesellschaft abzuführen war, ersatzlos. Die Kosten der Errichtung einer GmbH mit einem aufgebrachten Stammkapital von EUR 35.000,00 verringern sich somit um EUR 350,00.
6. Immobilienrecht
Die Übertragung von Immobilien wird in der Mehrzahl der Fälle substanziell teurer.
Dies einerseits deshalb, weil die Immobilienertragsteuer von 25 % auf 30 % (bei Altvermögen von durchgerechnet 3,5 % auf 4,2 %) angehoben und zugleich der Inflationsabschlag ersatzlos gestrichen wird. Durch letztgenannten Umstand werden vor allem jene Personen belastet, die Liegenschaften nicht für kurzfristige Spekulationen, sondern als längerfristige Anlageobjekte erwerben.
Andererseits werden in der Grunderwerbsteuer drei Steuersätze eingeführt, die dazu führen, dass vor allem die Übertragung hochpreisiger Immobilien verteuert wird. Ferner gilt als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer – mit Ausnahme land- und forstwirtschaftlicher Liegenschaften – nunmehr allgemein der Verkehrswert einer Liegenschaft, was insbesondere die Übertragung von Immobilien im begünstigten Familienkreis im Regelfall erheblich verteuert. In Einzelfällen kommt es jedoch auch zu Vergünstigungen: Vor allem die Übertragung von niedrigpreisiger Immobilien bis zu einem Verkehrswert von EUR 250.000,00 wird steuerlich attraktiver.
7. Strafrecht
Am 7.7.2015 wurde das Strafrechtsänderungsgesetz 2015 beschlossen, wodurch zahlreiche praktisch bedeutsame Änderungen vorgenommen werden.
Das Missverhältnis der Strafdrohungen bei Delikten gegen Leib und Leben sowie fremdes Vermögen soll dadurch behoben werden, als die Schwellenwerte für die Wertqualifikationen der Vermögensdelikte deutlich angehoben werden. Gleiches gilt für Strafdrohungen bei diversen Gewaltdelikten.
Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit wird neu defi-niert und auch an objektive Merkmale gebunden, wodurch die inflationäre Annahme der Gewerbsmäßigkeit durch die Rechtsprechung eingedämmt werden soll. Die Neuregelung der Gewerbsmäßig-keit ist freilich in ihrem verschachtelten, komplexen Aufbau ein Paradebeispiel jüngerer Gesetzgebung, wie sie für den nicht rechtskundigen Durchschnittsbürger kaum mehr verständlich ist.
Die in der jüngeren Rechtsprechung intensive Anwendung des Straftatbestands der Untreue, die zu Verunsicherung im Unternehmertum geführt hat, soll durch eine Novellierung des Untreuetatbestands eingeschränkt werden. Nach dem neuen § 153 StGB begeht Untreue, wer seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch den anderen am Vermögen schädigt. Es muss daher nicht – wie bisher – ein „Vermögensnachteil“ eintreten, sondern ein „Vermögensschaden“. Zugleich wird legaldefiniert, dass der seine Befugnis missbraucht, wer in unvertretbarer Weise gegen solche Regeln verstößt, die dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten dienen.
Ebenfalls der Rechtssicherheit von Unternehmern zuträglich sollte die ausdrückliche gesetzliche Verankerung der – bereits in der Judikatur weitgehend berücksichtigten – Business Judgement Rule sein. Sowohl in § 84 Abs 1a AktG, als auch in § 25 Abs 1a GmbHG wurde eine Regelung aufgenom-men, wonach der Entscheidungsträger jedenfalls dann rechtmäßig handelt, wenn „er sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Informationen annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln“. Hierdurch wird klargestellt, dass Entscheidungen von Vorstand oder Geschäftsführung dann nicht strafrechtlich relevant sind, wenn sie auf ausreichender Informationsgrundlage getroffen werden und bei ex ante Betrachtung als für das Unternehmen vorteilhaft erscheinen, wenngleich sie sich im Nachhinein als nachteilig herausstellten. Die Verwirklichung des unternehmerischen Risikos trotz Einhaltung aller Sorgfalt soll nicht zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Das für die Kapitalgesellschaften zuvor in den einzelnen Materiengesetzen zersplittert geregelte Bilanzstrafrecht wird nunmehr in §§ 163a ff StGB einheitlich geregelt.
Die Reform trat überwiegend mit 1.1.2016 in Kraft.
8. Umsatzsteuer
Zur Gegenfinanzierung der Steuerreform wird der begünstigte Umsatzsteuersatz von 10 % im Regelfall auf 13 % angehoben. Diese ist beispielsweise auf Eintrittskarten in Museen und Theater sowie auch Nächtigungen in Hotels anwendbar.
9. Wertanpassungen
Zahlreiche Leistungen wurden mit Jahreswechsel wertangepasst. So steigt das Pflegegeld in allen Stufen einheitlich um 2 % an, die Voraussetzungen zum Bezug von Pflegegeld werden zugleich verschärft. Pensionen steigen um einheitlich 1,2 %, die Gehälter aktiver Beamter werden hingegen stärker angehoben, und zwar um 1,3 %.
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