Gilt das Mindestlohngesetz für Vertrags-Fußballspieler? Diese Frage beschäftigt die Verantwortlichen der Vereine wie die betroffenen Spieler.
Das Mindestlohngesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und schreibt seit dem 1. Januar 2015 einen Mindestlohn von 8,50 EUR brutto je Stunde vor. Arbeitnehmer im Rechtssinne ist, wer in einem Dienstverhältnis entgeltlich tätig ist. Er muss dabei in den Betrieb des Arbeitgebers organisatorisch eingegliedert und an dessen Weisungen gebunden sein. Fußballspieler, die aufgrund eines Vertrages mit einem Verein – und nicht lediglich auf Grundlage ihrer Vereinsmitgliedschaft – tätig werden, erfüllen in aller Regel diese Voraussetzungen und sind damit Arbeitnehmer.
Ungeachtet dessen erklärte das Bundesministerium für Arbeit, dass das Mindestlohngesetz nicht für Vertragsamateure im Fußball gelte. Das Ministerium begründete dies mit der Regelung in § 22 Absatz 3 des Mindestlohngesetzes (MiLoG). Demnach gilt das Mindestlohngesetz nicht für „ehrenamtlich Tätige“ und damit, so das Ministerium, auch nicht für Amateurfußballer. Es beruft sich dabei auf eine Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales. Demnach sei eine Tätigkeit „ehrenamtlich“, „wenn sie nicht von der Erwartung einer adäquaten finanziellen Gegenleistung, sondern von dem Willen geprägt sei, sich für das Gemeinwohl einzusetzen“.
Arbeitsrechtler und Sportrechtler halten dies nicht für überzeugend. Nach Ansicht des Gießener Rechtsprofessors Wolf-Dietrich Walker werden Vertragsfußballer nicht in erster Linie für das Gemeinwohl tätig. Die Regelung zu den Ehrenamtlichen begründe auch keine echte Ausnahme, da Ehrenamtliche mangels entgeltlicher Tätigkeit ohnehin keine Arbeitnehmer seien. Experten halten daher eine Gesetzesänderung erforderlich, um Vertragsfußballer verlässlich aus dem Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes herauszunehmen. „Eine generelle Geltung des Mindestlohnes für Amateursportler erscheint nicht sinnvoll“, sagt etwa der Sportrechtler Marius Breucker. „Der Gesetzgeber sollte aber eindeutig regeln, welche Sportler unter welchen Voraussetzungen von der Mindestlohnverpflichtung ausgenommen sind“, so der Stuttgarter Anwalt. Auch der renommierte Bonner Arbeitsrechtler Gregor Thüsing sieht in der Verlautbarung des Ministeriums keine befriedigende Lösung: Für die Auslegung des Gesetzes seien die Gerichte zuständig, so Thüsing, und ergänzt im Editorial der NJW: „Worte der Ministerin sind eben keine Rechtsquelle“.
Ein faktischer Nichtvollzug des Gesetzes, wie vom Arbeitsministerium angekündigt, verstößt nach Ansicht von Wolf-Dietrich Walker gegen das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes: „Die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Recht und Gesetz gebunden“, schreibt Walker in der Zeitschrift „Sport und Recht“. Er ist sich sicher, dass sich „kein Arbeitsrichter bei seiner Entscheidung über eine Mindestlohnklage eines Vertragsspielers nach der kundgemachten Ansicht der Bundesarbeitsministerin richten“ wird.“ Der Gesetzgeber sollte daher für Klarheit sorgen.
„Das Fehlen einer sportspezifischen Regelung ist kein Einzelfall“, sagt Anwalt Marius Breucker. „Gerade im Arbeitsrecht passen viele geltende Regelungen nicht für den Sport.“ Er plädiert daher für eine Analyse bestehender Regelungsdefizite und dort, wo sinnvoll, für sportspezifische Ergänzungen. Die Entwicklung des Spitzensports und des semi-professionellen Amateursports in den letzten Jahren würden in den bestehenden Gesetzen nicht hinreichend reflektiert. Dabei könnten oftmals punktuelle Regelungen genügen, um Rechtsklarheit für den Sport zu schaffen. „Eine Ergänzung des Mindestlohngesetzes wäre ein guter Anfang“, so Marius Breucker.
Vertiefte Informationen zum Arbeitnehmerstatus von Sportlern und zu den Grundlagen des Arbeitsrechts im Sport finden sich im Fachbuch der Stuttgarter Anwälte Christoph Wüterich und Marius Breucker zum “ Arbeitsrecht im Sport „: http://www.amazon.de/Marius-Breucker/e/B00458CK6U
Weitere Informationen zu Marius Breucker und zur Pressemeldung „Gilt das Mindestlohngesetz für Vertrags-Fußballspieler?“ sind auf:
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Wüterich Breucker zählt zu den ersten Adressen alteingesessener Stuttgarter Kanzleien für Zivil- und Wirtschaftsrecht. Die derzeit sieben Anwälte betreuen unternehmerische und private Mandanten umfassend in allen zivilrechtlichen Fragen. Schwerpunkte sind Vertrags- und Wirtschaftsrecht, Arbeits-, Handels- und Gesellschaftsrecht, Bau- und Architektenrecht, Familien- und Erbrecht einschließlich Testamentsvollstreckung, Bank- und Kapitalmarktrecht, Schiedsverfahren sowie Vereins- und Sportrecht. Neben der rechtlichen Beratung und Vertragsgestaltung vertritt die Kanzlei ihre Mandanten bundesweit vor Gerichten und in nationalen und internationalen Schiedsverfahren. Wüterich Breucker gilt als Kanzlei mit ausgewiesener Expertise und Erfahrung in Zivilprozessen und Schiedsverfahren. Die Kanzlei geht auf das Jahr 1924 zurück und verbindet Fleiß und Zuverlässigkeit mit Freude an kreativer juristischer Gestaltung und innovativer Problemlösung. Die Anwälte beteiligen sich als Lehrbeauftragte, Referendarausbilder und Prüfer im Staatsexamen an der Ausbildung junger Juristen und mit zahlreichen Publikationen an der rechtswissenschaftlichen Diskussion.
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