ARAG Rechtsexperten über die Anpassung des Existenzminimums
In Deutschland sind schätzungsweise 4,5 bis 5 Mio. Menschen pleite – rund 3 Mio. Haushalte sind überschuldet. Mehr Menschen als gemeinhin gedacht befinden sich also in der unschönen Situation, Monat für Monat mit dem so genannten Existenzminimum auskommen zu müssen – auch wenn sie eigentlich gut verdienen. Dieses Existenzminimum nennt der Gesetzgeber Pfändungsfreigrenze. Zum 1. Juli 2015 werden vom Gesetzgeber neue Pfändungsfreigrenzen festgelegt. Arbeitnehmern bleibt in Zukunft also mehr Geld zum Leben, wenn ihre Gläubiger das Arbeitseinkommen laut Gerichtsbeschluss pfänden dürfen. ARAG Experten nennen die Einzelheiten.
Wozu Pfändungsfreigrenzen?
Sie werden wichtig, wenn es um die Pfändung von Gehaltsforderungen, Renten oder Versorgungsbezügen geht. Alles, was unterhalb dieser Grenze liegt, darf vom Gläubiger im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht gepfändet werden. Es soll dem Schuldner als Existenzminimum und zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten verbleiben. Gleichzeitig soll damit vermieden werden, dass der Schuldner auf Sozialhilfe angewiesen ist und so letztlich der Staat für die privaten Schulden aufkommen muss. Die Pfändungsfreigrenzen werden alle zwei Jahre jeweils zum 1. Juli an den steuerlichen Grundfreibetrag angeglichen. Der steuerliche Grundfreibetrag hat sich seit dem letzten Stichtag um 2,76 % erhöht. Hieraus ergibt sich eine Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen im gleichen Verhältnis.
Daraus ergeben sich folgende Änderungen:
-Ab dem 1. Juli 2015 ist monatlich ein Grundbetrag von 1.073,88 Euro unpfändbar. Bisher belief sich der Grundbetrag auf 1.045,04 Euro.
-Für die erste unterhaltspflichtige Person erhöht sich der Grundbetrag auf 404,16 Euro pro Monat (bisher: 393,30 Euro).
-Für die zweite bis fünfte unterhaltsberechtigte Person steigt der Grundbetrag jeweils um weitere 225,17 Euro (bisher: 219,12 Euro).
Übersteigt das Arbeitseinkommen den danach ermittelten Betrag, kann auch der Rest nicht vollständig gepfändet werden: Bei einem Arbeitnehmer, der keine Unterhaltspflichten hat, sind beispielsweise nur 70 Prozent pfändbar. Ist er einer Person unterhaltspflichtig, können nur 50 Prozent gepfändet werden, gibt es zwei bis fünf Unterhaltsberechtigte, verringert sich der pfändbare Teil jeweils um weitere 10 Prozent.
Ein Beispiel
Der Schuldner hat eine Ehefrau und ein Kind, für die er unterhaltspflichtig ist. Sein zu berücksichtigendes monatliches Nettoeinkommen beträgt 3.000 Euro. Davon werden ab dem 1. Juli 2015 der Grundbetrag von 1.073,88 Euro und weitere 629,33 Euro (404,16 Euro für die erste und 225,17 Euro für die zweite unterhaltsberechtigte Person) abgezogen. Verbleiben zunächst 1.296,79 Euro. Hiervon sind jedoch nur 40 Prozent pfändbar. Der Gläubiger hat also nur Zugriff auf einen monatlichen Betrag von 518,72 Euro.
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