Es begab sich, dass Martin Sellner, ein Schreibkundiger, in die Fußstapfen des schelmenhaften Till Eulenspiegel zu treten schien. Wie ehedem Till, der auch mehrfach einer Stadt verwiesen wurde, so widerfuhr dies Ungemach nun auch dem guten Martin. Fünfhundert Jahre nach dem finsteren Mittelalter ward er aus dem Städtlein Neulingen von Soldaten vertrieben. Nachdem er aber 1800 Meter in seiner Kutsche weiterfuhr, befand er sich wieder in Freiheit, da er anderes Land betreten hatte, außerhalb der Stadtmauern des alten Neulingen im Kreise Schilda.
Gastbeitrag von Meinrad Müller
Den Spiegel vorgehalten bekommen
Till Eulenspiegel diente für kurze Zeit am Hofe des Herzogs von Lüneburg. Der Herzog, bekannt für seine Eitelkeit, beauftragte Till, ein Abbild seiner selbst zu malen. Till, stets ein Schelm, malte das Bild, doch statt den Herzog in all seiner Pracht darzustellen, zeichnete er ihn als Narr. Der Herzog, voll Zorn, als er das Bild erblickte, befahl sogleich, Till aus seinem Herzogtum zu vertreiben. Auch die Herrscher von heute mögen es nicht, ihre eigene Narrheit in Wort und Bild vorgehalten zu bekommen.
Wahrheit schmerzt
Diese Geschichten illustrieren Till Eulenspiegels Natur. Er nutzte seine Klugheit und seinen Witz, um die Schwächen und Eitelkeiten der Obrigkeit aufzudecken. Das führte dazu, dass er unerwünschte Aufmerksamkeit erregte und aus den jeweiligen Orten verbannt wurde. Doch die Schildbürger von damals scheinen sich prächtig fortgepflanzt zu haben, sogar bis auf den Bürgermeisterstuhl in Neulingen.
Verbannung
Eine Verbannung eines Europäers, die sich auf einen Radius von 5 km erstreckt, ist einfach lächerlich. Wir müssen uns fragen, ob wir tatsächlich noch die Vorteile eines modernen Rechtssystems genießen, das auf dem Schutz der Menschenrechte basiert?
So dachten wir. Dann kam Neulingen.
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Author: Rasender Reporter
Journalistenwatch