In der Ruhe liegt die Kraft! – Dieses Sprichwort hat etwas Wahres, aber es ist nicht für jede Lebenssituation geeignet. Wer allzu früh die Hände in den Schoß legt und darauf wartet, was das Schicksal bringen möge, der darf sich hinterher nicht über vertane Chancen wundern. So ist auch die Gemütlichkeit, welche der Bundestag angesichts der Entscheidung an den Tag legt, aufgrund des Bruchs der Ampel-Koalition manche Sitzung einfach ausfallen zu lassen, nicht nur fahrlässig und dreist. Stattdessen grenzt es an Arbeitsverweigerung, was sich das Parteienkartell im Plenum erlaubt. Entsprechend hat es auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Parlament, Sebastian Münzenmaier, scharfsinnig auf den Punkt gebracht: „Die ‚Brandmauer‘ ist ihnen wichtiger als Deutschland“. Weil man sich darum sorgt, dass die vom gesamten linken Einheitsbrei verschmähte Alternative kurzerhand bei der ein oder anderen Abstimmung der Union zu einem Erfolg verhelfen könnte, lässt man den Betrieb gleich ganz stilllegen. Mandatare bekommen ihre Diäten also für das Nichtstun.
Von Dennis Riehle
Und all das nur aus dem stupiden Grund, demokratische Gepflogenheiten nicht verstanden zu haben. Immerhin geht es in einer Volksherrschaft vornehmlich darum, für Gesetze und Beschlüsse eine Mehrheit zu finden. Allein um der Tatsache willen, dass Olaf Scholz die Vertrauensfrage bis zum Sanktnimmerleinstag zu vertrösten versucht, kann sich diese Republik gerade in der jetzigen Zeit keine Lähmung erlauben. Dieser Rückfall in infantile Muster, sich im Sandkasten Schäufelchen und Eimerchen von der Konkurrenz nicht nehmen zu lassen, sondern einen Wall zu formen, um bockig und sturköpfig die eigene Ideologie zu verteidigen – und bis auf Teufel komm raus die Arme zu verschränken, wenn das Gute liegt so nahe, das hat schon etwas von postpubertärem Gebaren. Denn richtigerweise stehen an erster Stelle immer die Bürger und unsere Nation. Erst ganz am Schluss kommen persönliche Befindlichkeiten und weltanschauliches Mimosentum. Hier geht es also nicht darum, einen am Boden liegenden Ex-Exportweltmeister wieder aufzurichten und ihm neuen Schwung zu geben.
Stattdessen lehnt man die punktuelle Zusammenarbeit schlichtweg auch deshalb ab, weil man vor der grünen Moralkeule mehr Respekt hat als gegenüber einem mündigen Votum der Stimmberechtigten, die momentan die kritische Opposition deutlich auf Platz 2 hieven würden, könnten sie schon heute ihr Kreuz machen – und müssten sich nicht in einer beispiellosen Hängepartie bis in das neue Jahr schleppen. Dass man sich von CDU bis SPD augenscheinlich darüber einig ist, die Lösung von Problemen und Herausforderungen zu vertagen, damit die zeitgeistige Anhängerschaft nicht in Versuchung gerät, wieder lauthals zu krakeelen – und den Vorwurf zu unterbreiten, man habe sich mit „Nazis“ gemeingemacht, entspringt einer falschen Zurückhaltung wegen vermeintlicher Korrektheit, Wachsamkeit und Buntheit. Denn wenn wir kurz davor stehen, dass bei uns die Lichter ausgehen, weil die Photovoltaikanlagen im Winter nun so gar keinen Strom produzieren wollen, dann gibt es keinen Spielraum für Taktierereien. Unternehmen haben nicht nur die Laufbänder abgeschaltet, sondern sind tatsächlich insolvent – auch wenn Robert Habeck dies in seiner Expertise anders sehen mag.
Die gebrauchsübliche Verwendung von Messern beschränkt sich mittlerweile nicht mehr darauf, sich eine Scheibe abzuschneiden – sondern im ungünstigsten Fall einen Passanten in der Fußgängerzone offen in die Klinge laufen zu lassen. Kultur und Identität stehen am Abgrund, weil eine ins Absurde getriebene Toleranz zu jenem Paradoxon führt, das schon Popper beschrieb. Unser Vielfaltsfetischismus fällt uns auf die Füße, weil eine Gesellschaft nicht funktionieren kann, in der man die Existenz unterschiedlicher Individuen und Völker mit höchst divergierenden Eigenschaften, Ansprüchen und Zielsetzungen zu erzwingen gedenkt. Und was soll aus einem Miteinander werden, das als Sozialamt der Welt fungiert, seine eigenen Rentner aber Flaschen sammeln lässt – und den Steuerzahler bis zum bitteren Ende Abgaben auspresst, um feministische und queere Vorzeigeprojekte in Nordafrika zu finanzieren? Mit nüchternem Verstand muss man attestieren, dass wir uns keinen einzigen Tag, keine Stunde und keine Minute leisten können, in der wir nicht die Notbremse ziehen – und zu einer diametralen Trendumkehr ansetzen.
Es braucht Vorschub für Remigration, ein Ende der Transformation und ein Entkommen aus der Rezession. Stattdessen liefert sich diese Gemeinschaft ein Geplänkel über Schwachköpfe – und läuft sehenden Auges in eine Kriegstüchtigkeit, die nur allzu rasch eine militärische Auseinandersetzung für ganz Europa vom Zaun brechen könnte. Ein ehemaliger Bundespräsident meinte, es müsse ein Ruck durch Deutschland gehen. Doch im Augenblick verweilen wir stattdessen im Dornröschenschlaf, da dem Elfenbeinturm offenbar der Ernst der Lage nicht bewusst ist. Germany first, das sollte normalerweise das Credo für jeden sein, der sich als Repräsentant entsenden lässt, um an Konzepten und Antworten für die Zukunft zu feilen. Ein verfrühter Weihnachtsurlaub ist hingegen der Gipfel von Hohn und Spott gegenüber dem Souverän. Denn er steht morgens nicht nur auf, um Kaffee für die anrückenden Polizisten zu kochen, die um 6.15 Uhr an der Tür mit einem Durchsuchungsbeschluss wegen Hass und Hetze im Netz wedeln. Wer keine Leistung erbringt, der gehört zumindest im Posten des Politikers aus dem Amt gejagt – ohne Rücksicht auf Verluste. Und man kann nur hoffen, dass auf absehbare Perspektive sogar diejenigen erwachen, die bis heute der festen Überzeugung sind, Merz könne Kanzler – und Pistorius Diplomatie.
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Author: Gast Autor
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