• 10. November 2024

Gerade erst hat sich Trump in Milwaukee zum Präsidentschaftskandidaten küren lassen.

ByJörg

Jul 24, 2024

Die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Kamala Harris ist im strategisch wichtigen Bundesstaat Wisconsin angriffslustig in den Wahlkampf gestartet und hat sich als Gegenentwurf zum republikanischen Kandidaten Donald Trump präsentiert. «Ihr alle habt uns geholfen, 2020 zu gewinnen. Und 2024 werden wir wieder gewinnen», sagte Harris vor jubelnden Anhängerinnen und Anhängern in Milwaukee. Es war die erste richtige Wahlkampfrede der 59-Jährigen in ihrer neuen Rolle. Die US-Vize eröffnet ihr Rennen um die US-Präsidentschaft mit enormem Rückenwind aus den Reihen der Demokraten und Rekordsummen an Spenden.

Wisconsin ist ein wichtiger Swing State

Harris dürfte sich nicht zufällig für Wisconsin als Wahlkampfauftakt entschieden haben. Der Bundesstaat im Mittleren Westen der USA, der an den Oberen See und den Michigansee grenzt, ist ein sogenannter Swing State. In diesen besonders hart umkämpften Bundesstaaten steht nicht schon vorab fest, ob aus Tradition der Kandidat der Republikaner oder der Demokraten siegen wird. Deshalb sind diese Bundesstaaten wahlentscheidend. 

Wisconsin mit seinen knapp sechs Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern ist landwirtschaftlich geprägt. Vergangene Woche fand in der Metropole Milwaukee, wo auch Harris nun auftrat, der Parteitag der Republikaner statt – Trump ließ sich dort offiziell zum Kandidaten seiner Partei küren. Bei der Präsidentenwahl 2020 gewann der Demokrat Joe Biden in Wisconsin nur haarscharf gegen Trump. Auch dieses Mal zeichnet sich ein äußerst enges Rennen ab. 

Besonderes Wahlsystem in den USA

US-Präsidenten werden nicht direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt werden, sondern von Wahlleuten. Deren Stimmen fallen fast überall komplett dem Sieger in dem Bundesstaat zu, der diese Wahlleute entsendet – egal, wie knapp das Ergebnis dort ausgefallen ist. Für den Einzug ins Weiße Haus sind 270 Stimmen von Wahlleuten nötig. Bei der Präsidentenwahl am 5. November zählen neben Wisconsin noch Michigan, Pennsylvania, Nevada, Arizona, Georgia und North Carolina zu den besonders hart umkämpften Staaten.

Wegen des Wahlsystems kann ein Kandidat oder eine Kandidatin zwar aufs gesamte Land gesehen die meisten Wählerstimmen erhalten, aber nicht die meisten Wahlleute. Dies geschah auch 2016, als die Demokratin Hillary Clinton landesweit zwar mit mehr als 2,8 Millionen Stimmen vorne lag – aber Trump ins Weiße Haus einzog.

Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos und der Nachrichtenagentur Reuters sieht Harris auf nationaler Ebene mit 44 Prozent Unterstützung zwei Prozentpunkte vor Trump. Der Unterschied liegt allerdings innerhalb der Fehlertoleranz und ist daher nur begrenzt aussagefähig. Wegen des besonderen Wahlsystems in den USA sind nationale Befragungen ohnehin nur ein Stimmungsbarometer. Ob Harris Trump schlagen kann, ist offen. 

Harris präsentiert sich als toughe Staatsanwältin

Harris versuchte bei ihrer Rede in Wisconsin mit ihrer Biografie zu punkten – sie war Bezirksstaatsanwältin von San Francisco und Justizministerin in ihrer Heimat Kalifornien. «Ich kenne Donald Trumps Typ», sagte sie und äußerte sich damit ähnlich wie am Tag zuvor vor ihrem Wahlkampfteam – ein Hinweis darauf, dass dies eine Strategie im Wahlkampf sein dürfte. «Ich habe mich mit den großen Banken der Wall Street angelegt und sie wegen Betrugs zur Rechenschaft gezogen. Donald Trump wurde gerade des Betrugs in 34 Fällen für schuldig befunden», sagte sie. 

Trump war Ende Mai im Prozess um die Verschleierung von Schweigegeld-Zahlungen an eine Pornodarstellerin schuldig gesprochen worden. Es ist das erste Mal in der US-Geschichte, dass ein ehemaliger Präsident wegen einer Straftat verurteilt wurde. Die US-Vize ging in ihrer Rede noch auf weitere juristische Probleme des Republikaners ein. «Wollen wir in einem Land der Freiheit, des Mitgefühls und der Rechtsstaatlichkeit leben oder in einem Land des Chaos, der Angst und des Hasses?», fragte sie.

Kamala Harris sichert sich neuen Trump-Spitznamen. 

Harris konnte sich zuvor die wichtige Unterstützung der demokratischen Kongressspitzen Chuck Schumer und Hakeem Jeffries sichern. Bereits davor hatten sich die Reihen der Demokraten hinter ihr geschlossen. Die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton schrieb in einem Meinungsstück in der «New York Times»: «Ich weiß, dass Kamala Harris Donald Trump schlagen kann.»

Schätzungen von US-Medien zufolge hat Harris derzeit außerdem die Unterstützung von genügend Delegierten der Demokraten, um als Kandidatin ihrer Partei nominiert zu werden. Die Demokraten küren ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten spätestens beim Parteitag der Republikaner in Chicago, der am 19. August beginnt. Zudem gelang es ihr nach Angaben ihres Teams seit dem Rückzug ihres Chefs Joe Bidens aus dem Präsidentschaftsrennen am Sonntag eine Rekordsumme an Spenden einzusammeln. Der US-Sender CNN schrieb von einem «Traumstart» für die 59 Jahre alte Demokratin, machte aber deutlich, dass die vor ihr liegende Aufgabe «monumental» sei. 

Trump fährt die Krallen aus 

Trump versucht gleichzeitig zu verhindern, dass Harris auf Gelder zugreifen kann, die Biden gesammelt hat, als er noch Präsidentschaftsbewerber war. Trumps Team hat US-Medien zufolge eine entsprechende Beschwerde bei der zuständigen Behörde eingereicht. Der Schritt ist nicht überraschend. Der Republikaner gab der «New York Times» zufolge an, bereit für eine TV-Debatte mit Harris zu sein. 

Auf seinem Sprachrohr Truth Social verunglimpfte der 78-Jährige seine politische Gegnerin als «Lyin’ Kamala Harris» – also «Lügende Kamala Harris». Zuvor nannte er sie «Laughing Kamala» («Lachende Kamala»), mutmaßlich wegen Harris‘ auffälligen Lachens. Trump erfindet für seine Rivalen regelmäßig wenig schmeichelhafte Spitznamen. US-Präsident Biden nennt er etwa «Sleepy Joe» («Schläfriger Joe»), die demokratische Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi bezeichnet er als «Crazy Nancy» («Verrückte Nancy»). 

«Brat» und «Veep» – Harris ist Hit im Netz

Harris kann sich unterdessen über Unterstützung aus Hollywood und der Musikwelt freuen. Schauspieler George Clooney stellte sich hinter die Demokratin. Nach dem Auftritt von Harris wurde der Song «Freedom» von US-Superstar Beyoncé gespielt. Der US-Sender CNN berichtete, dass Harris von Beyoncé die Erlaubnis erhalten habe, das Lied zu spielen. Auch Sängerin Charli XCX stellte sich offenbar hinter die 59-Jährige und löst eine Solidaritätswelle im Netz aus. Die Britin schrieb «Kamala IS brat» auf der Plattform X. «Brat» ist der Titel ihres neuen Albums und der steht der Sängerin zufolge für eine Art Lebensgefühl. 

Im Internet kursierten außerdem zahlreiche Clips, die an die TV-Serie «Veep» erinnerten. In der bitterbösen Satire spielte Julia Louis-Dreyfus eine Vizepräsidentin, die schließlich selbst Präsidentin wurde. Das Portal «Deadline» berichtete, dass die Serie einen plötzlichen Anstieg der Zuschauerzahlen auf der Streamingplattform Max verzeichnete. «Veep»-Produzent David Mandel rief dazu auf, für Harris zu spenden. Trump hatte in der Vergangenheit Schwierigkeiten, Unterstützung aus dem eher liberalen Showbusiness zu bekommen. Beim Parteitag der Republikaner traten der Sänger Kid Rock und Ex-Wrestler Hulk Hogan auf. 

Treffen mit Netanjahu

In der US-Hauptstadt Washington geht unterdessen das Tagesgeschäft weiter. US-Präsident Biden kehrte nach seiner Corona-Infektion ins Weiße Haus zurück. Der 81-Jährige will am Donnerstag Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu treffen, der an diesem Mittwoch eine Rede vor dem US-Kongress halten wird. Medien zufolge ist auch ein Treffen zwischen Netanjahu und Harris geplant. Das Verhältnis zwischen Netanjahu und Biden ist kühl – und das nicht erst seit der Kritik des Demokraten an Netanjahus militärischem Vorgehen im Gazastreifen. 

Auch der Republikaner Trump kündigte an, Netanjahu empfangen zu wollen – am Freitag in Florida. Der Schritt mitten im Wahlkampf ist ein Affront für Biden. Trump wirft dem Demokraten immer wieder vor, dass seine angebliche Führungsschwäche zu dem Krieg in Gaza und dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine geführt hätten. 

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Author: [email protected]

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