Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin und Essen, zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 16.09.2015, Aktenzeichen 12 Sa 630/15.
Ausgangslage:
Handlungen eines Arbeitnehmers, die das Vermögen des Arbeitgebers beschädigen, sind gefährlich für den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Das betrifft nicht nur den Diebstahl von Büromaterial oder die Unterschlagung von Geld aus der Firmenkasse. Auch indirekte Schädigungen, wie Telefonanrufe auf Kosten des Arbeitgebers, können eine fristlose Kündigung grundsätzlich begründen. Hier kommt es auf den Grad des Verschuldensvorwurfs an. Dafür sind die Umstände des Einzelfalls relevant.
Fall:
Eine Bürokauffrau war unter anderem verantwortlich für die Kontrolle der eingehenden Rechnungen und das Einscannen derselben. Überweisungen durfte sie nicht vornehmen. Den Mitarbeitern war es gestattet, über die Telefonanlage des Arbeitgebers private Anrufe zu tätigen, ohne diese zu bezahlen. Der Anruf bei kostenpflichtigen Sonderrufnummern war weder ausdrücklich genehmigt noch ausdrücklich untersagt.
Die Arbeitnehmerin rief in ihren Arbeitspausen mehrfach bei der Hotline eines lokalen Radiosenders im Rahmen des Gewinnspielspiels „Das geheimnisvolle Geräusch“ an. Jeder Anruf kostete 0,50 Euro. Die Telefonrechnung mit 37 Einheiten für Sonderrufnummern scannte sie ein. Auf die Anrufe bei dem Gewinnspiel wies sie den Arbeitgeber nicht hin. Da die Rechnung per Lastschrift eingezogen wurde, bedurfte es keiner Überweisung durch den Arbeitgeber. Nachdem dem Geschäftsführer die 37 Einheiten aufgefallen waren, sprach er die Bürokauffrau darauf an. Die Arbeitnehmerin bot sich an, aufgrund der Einzelverbindungsnachweise herauszufinden, wer angerufen habe. Am nächsten Morgen gab sie gegenüber dem Geschäftsführer die Anrufe bei der Gewinnspielhotline zu. Gleichzeitig bot sie an, den insgesamt entstandenen Schaden in Höhe von 18,50 Euro zu erstatten.
Der Arbeitgeber kündigte daraufhin fristlos, hilfsweise ordentlich das Arbeitsverhältnis.
Urteil:
Die fristlose Kündigung wurde vom Landesarbeitsgericht als unwirksam erachtet. Das Landesarbeitsgericht sah zwar eine Pflichtverletzung als gegeben an. Auch wenn das private Telefonieren am Arbeitsplatz gestattet ist, ist es pflichtwidrig, diese Gestattung dazu zu benutzen, um bei einer kostenpflichtigen Gewinnspielhotline anzurufen. Zugunsten der Arbeitnehmerin berücksichtigte das Gericht allerdings, dass die Privatnutzung des Telefons grundsätzlich gestattet war und daher die Schwere der Pflichtverletzung nicht ausreichte, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Zu berücksichtigen war weiter, dass die Anrufe in den Arbeitspausen erfolgten, sodass nicht von einem Arbeitszeitbetrug auszugehen war.
Über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung war vom Landesarbeitsgericht nicht zu entscheiden, da es sich um einen Kleinbetrieb handelte und daher ohnehin kein Kündigungsschutz bestand. Die Arbeitnehmerin hatte sich gegen die ordentliche Kündigung deswegen gar nicht zu Wehr gesetzt.
Fazit:
Im vorliegenden Fall hat die Arbeitnehmerin Glück gehabt. Der Arbeitgeber konnte die genaue Anzahl der Anrufe vor Gericht nicht darlegen. Insofern war es wohl unklar, ob wirklich 37 Anrufe getätigt worden waren oder ob weniger Anrufe diese Kosten verursacht hatten. Das Ganze handelt sich um einen Grenzfall, der grundsätzlich auch anders hätte entschieden werden können.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer:
Auch wenn die Privatnutzung des Telefons in der Firma gestattet ist, sollten Arbeitnehmer nicht übertreiben. Mit einer solchen Gestattung verbindet der Arbeitgeber regelmäßig die Vorstellung, dass die für das Telefonieren üblichen Kosten entstehen. Deutlich erhöhte Kosten einer Sondernummer, wie zum Beispiel bei Gewinnspielen üblich, fallen nicht mehr darunter. Hier darf der Arbeitnehmer eine Gestattung nicht annehmen. Allgemein gilt für Arbeitnehmer, die an ihrem Arbeitsplatz festhalten wollen: Hände weg vom Eigentum des Arbeitgebers. Das Handeln der Arbeitnehmerin war besonders gefährlich, da immer auch die Verwirklichung von Straftatbeständen im Raum steht.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber:
Dem Arbeitgeber war hier hauptsächlich auf die Füße gefallen, dass die Privatnutzung des Telefons grundsätzlich nicht verboten war. Arbeitgeber, die Privatnutzung gestatten, sollten unbedingt den Umfang regeln. Sonst kann es im Ernstfall teuer werden.
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23.11.2015
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