In Biberach gibt es einen Misthaufen. Und daneben ein Amtsgericht. Und darin einen Amtsrichter, zuständig für Strafrecht, nennen wir ihn Dorfrichter Adam.
Mir träumt’, es hätt’ ein Kläger mich ergriffen,
Und schleppte vor den Richtstuhl mich; und ich,
Ich säße gleichwohl auf dem Richtstuhl dort,
Und schält’ und hunzt’ und schlingelte mich herunter,
Und judicirt den Hals ins Eisen mir.
Heißt es über diesen bei Kleist, „Der zerbrochene Krug“
Interessanterweise haben es die amtsrichternden Justizprofis dabei nicht einmal geschafft, ihren Geschäftsverteilungsplan zu veröffentlichen. Wohl um Dorfrichter Adam zu schützen. Eine Anfrage bei der Geschäftsstelle führte zu der Frage: „Wofür brauchen Sie den denn?“
Adam hat – in Biberach auch völlig unnötig – im Studium bei der Vorlesung Grundrechte und Meinungsfreiheit vollständig gefehlt. Ist aber trotzdem durch die Prüfung gekommen. „Mut zur Lücke“ hieß das damals: Notizen aus der juristischen Provinz.
So verurteilte unser Dorfrichter Adam denn konsequent einen älteren braven Rentner trotz seiner 69 Jahre wegen Beleidigung „hochrangiger Politiker“ zu einer Geldstrafe.
Der Übeltäter räumte ein, so der Schwäbische Beobachter, im März 2023 in sein öffentliches Facebook-Profil eine Darstellung von Bundeskanzler Olaf Scholz eingestellt zu haben. Das Bild zeigte daneben noch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie mehrere Bundesminister und erinnerte in seiner Aufmachung an ein Kinoplakat des Mafiafilms „Der Pate“ – Untertitel: „Die Lügner 2.0“.
Im dazugehörigen Text habe er den Politikern vorgeworfen, das Land zu destabilisieren und es in den Untergang führen. Unter anderem werden sie mit den Vokabeln „ehrlos“, „verlogen“, „korrupt“ und „psychisch gestört“ belegt.
Jetzt ist der juristisch-politische Beobachter verwirrt: Natürlich lügt die Berlin-Brüsseler Truppe gedruckt wie publiziert: Gefakte Corona-Files, Grünsozi führt de facto einen Ukrainekrieg, zerstört die Krankenhaus-Finanzierung, die Staatsfinanzen, flutet unser Land mit immer neuen Straftätern, verbietet Zeitschriften, beachtet das Recht schon lange nur noch als lästig. Korrupt, sammelt Gelder für ihre Einflussorganisationen aus Steuerknete.
Das alles ist ehrlos. Und das Lauterbach „psychisch gestört“ ist, ist offensichtliche Tatsache, Entschuldigungsgrund. Fast schon ein Kompliment. Denn das andere wäre: Abgrundtief böse, lässt Gesundheitspolitik und Kranke vorsätzlich sterben.
Natürlich ist der Hinweis auf den Film „Der Pate“ ein klares Kompliment des Angeklagten an die Ampel-Versager. Denn bei der Mafia arbeiten – anders als im „Ampel-Shithole“ – alle Beteiligten professionell, loyal und effektiv, setzten die Anweisungen ihres Chefs um. Davon kann Scholz nur träumen.
Der Angeklagte war noch nicht einmal der Urheber der Majestätenbeleidigung. So schwurbelt die Schwäbische, sonst wären die rechtlichen Folgen womöglich „noch gravierender“ gewesen. Er hatte den Text nicht verfasst und nicht selber ins Bild montiert. Er fügte beim Weiterleiten nicht mal einen eigenen Kommentar hinzu.
Aber allein das Verbreiten auf Facebook sei – so die Staatsanwaltschaft Ravensburg – eine Beleidigung gegen Personen des politischen Lebens nach Paragraf 188 Strafgesetzbuch vorliegen. Sie wollte dies „wegen des besonderen öffentlichen Interesses“, so die Vertreterin der Anklagebehörde, geahndet sehen. Ursprünglich sollte dies durch einen Strafbefehl über 30 Tagessätze geschehen. Doch der Angeklagte hatte hiergegen Widerspruch eingelegt. Deshalb kam es jetzt zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht.
Der Einzeldorfrichter des Strafrichterreferats 3 am Amtsgericht Biberach regte eine Einstellung gegen Geldauflage nach Paragraf 153a Strafprozessordnung an. Anscheinend war ihm nicht ganz wohl bei Sache. Die Staatsanwaltschaft stimmte jedoch nicht zu. So musste die als Zeugin geladene Kriminalhauptkommissarende gehört werden.
Besagte Krimi-Lady führte aus, wie der Eintrag mithilfe der Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) – die nationale Blockwarte-Organisationsstelle von Steuergeld gemacht – vom Bundes- übers Landeskriminalamt ans Polizeipräsidium Ulm geleitet wurde.
Da der Angeklagte die inkriminierte Fotomontage mit Klarnamen und Profilbild auf Facebook heruntergeladen hatte, war die Zuordnung für die Ermittler vor Ort nicht mehr allzu schwierig.
Das Zentrale Meldestelle ZMI war Anfang 2022 eingerichtet worden, um gegen „Hass und Hetze“ im Internet vorzugehen. Hass und Hetze waren strafrechtlich nicht bekannt.
„Hass und Hetze“ sind keine Straftat, sondern politische Gesinnungsverfolgung. „Sie müssen höllisch aufpassen, was Sie über die sozialen Netzwerke bekommen oder weiterleiten.“ Das erklärte Dorfrichter Adam dem Angeklagten.
Nein, in einem freiheitlichen Staat muss er das nicht. Vielleicht in Biberach. Oder in einer woke-sozialistischen Gesellschaft.
Weiterlesen nach der Werbung >>>
Vielleicht sollte er dem Publikum zurufen:
O Himmel! Wie belog der (staatsanwaltende) Böswicht mich!
Denn mit der schrecklichen Besorgniß eben,
Quält’ er mein Herz, und kam, zur Zeit der Nacht …
Kleist, „Der zerbrochene Krug“
Und Freisprechen? Ging gar nicht. War der Staatsanwalt sein Schwager oder Parteifreund? Wollen wir nicht hoffen. Der hatte auch keine Ahnung.
Vor allem konnte die gewissenhaft vorbereitete Kriminalhauptkommissarende belegen, dass der Facebook-Eintrag – anders als vom Angeklagten angegeben – noch am Tag der Verhandlung zu finden war. Also anderthalb Jahre nach dem Post. „Das ist schlecht“, kommentierte der Richter. Allerspätestens nach dem Strafbefehl hätte der Angeklagte sich doch vergewissern und den Eintrag aktiv löschen müssen.
Nein hätte er nicht – und deshalb ist der Post hier zu sehen.
Vielleicht ein Verfahren gegen den Anwalt Schmitz, liebe Blockwart-Stelle?
Der Verteidiger beurteilte den Facebook-Post als polemische Kritik (zutreffend), die durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei. Obendrein seien die Politiker in ihrem Karriereweg tatsächlich nicht behindert worden, weshalb er für seinen Mandanten Freispruch forderte.
Falsch: Natürlich sollte der Post dazu beitragen, die Gurkentruppe von der Ampel ins politische Nirwana zu schießen und ihren Karriereweg zu beenden. Das wollen zwischenzeitlich 75 Prozent aller Deutschen. Nur nicht in Biberach.
Laut Gesetz sei der Tatbestand indes bereits erfüllt, wenn eine Beleidigung grundsätzlich geeignet ist, das öffentliche Wirken einer Person des politischen Lebens erheblich zu erschweren. Das sah die Anklagebehörde erfüllt und plädierte auf eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 30 Euro.
War aber keine Beleidigung, sondern erlaubte Meinungsäußerung.
Dorfrichter Adam war sich am Ende mit der Staatsanwältin einig, dass vor allem durch Vokabeln wie „psychisch gestört“ und indem Politiker in die Nähe der Mafia gerückt würden, „die Grenze zur Schmähkritik überschritten ist: Das ist nicht mehr durch die Meinungsfreiheit gedeckt.“
Selbst Richter darf man ungestraft „Kriminelle und Lügner“ nennen, hat das OLG Celle entschieden. Sogar in direkten Schriftsatz an den Richter.
Maßstab? Schmähkritik bei diesem Zitat?
„Ich sehe hier einen aufgeregten grünen Bundestagsabgeordneten, der Kommandos gibt, der sich hier als Obergauleiter der SA-Horden, die er hier auffordert. Das sind die Kinder von Adolf Hitler. Das ist dieselbe Ideologie, die haben genauso angefangen.“
Das BVerfG meinte im Urteil vom 08.02.2017 – 1 BvR 2973/14 – nein.
https://iurratio.de/journal/bverfg-zur-abgrenzung-zwischen-meinungsaeusserung-und-schmaehkritik
Da ist „Pate“, „Lügner“ und „psychisch gestört“ fast nett.
Zwar habe der Angeklagte Reue geäußert und seinen Fehler eingesehen, „aber es fehlt ein bisschen die Umkehr“, sprich: der Angeklagte hätte sich kümmern und den Post so bald wie möglich löschen müssen. Strafschärfend berücksichtigt wurde eine – allerdings nicht einschlägige – Vorstrafe. Der Rentner war zeitweise selbstständig und hatte früher wegen Steuerhinterziehung eine Freiheitsstrafe aufgebrummt bekommen.
Mmmmmh – die strafschärfende Berücksichtigung einer einzigen nicht einschlägigen Vorstrafe? Adam, hast Du Jura studiert?
Unterm Strich erkannte der Richter trotz Vollblindheit beider Augen auf eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 30 Euro, also 900 Euro.
Das Urteil des Amtsgerichts ist nicht rechtskräftig, innerhalb einer Woche kann Berufung oder Revision eingelegt werden. Sollte der Angeklagte auch tun.
———-
Folgen Sie RA Dirk Schmitz auf Twitter: @schmitzidirk
Dirk Schmitz M.A., seit 1991 Rechtsanwalt, langjähriger ehrenamtlicher Richter, Kommunikationswissenschafter, engagierter Verteidiger, derzeit im Kryptowährungsprozess “Onecoin” vor dem Landgericht Münster. Schmitz sieht durch den Zeitgeist Meinungsfreiheit und körperliche Unversehrtheit gerade in Masken- und Impfzeiten in Gefahr. Als “alter Liberaler” ohne FDP-Hintergrund steht Schmitz für Bürgerrechte und “die Freiheit des Andersdenkenden”. Sein dem Philosophen Voltaire zugeschriebener Leitspruch lautet: „Obwohl ich völlig anderer Meinung bin als Sie, würde ich mein Leben dafür geben, dass Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen.“
Zur Quelle wechseln
Author:
Alexander Wallasch