Hans-Georg Maaßen spricht über Strippenzieher im Umfeld von Joe Biden – und der Verfassungsschutz hört: Juden. Das ist kein schlechter Witz, sondern ein ernst gemeinter Vorwurf, der sich aus internen Unterlagen ergibt. Die Behörde vermutet in Maaßens Worten „antisemitische Codes“ – angeblich greife Maaßen auf „bekannte Bilder“ zurück. Welche genau, benennen die Schlapphüte nicht.
Auslöser des aktuellen Vorgangs ist eine Klage, die Maaßen im Frühjahr 2024 beim Verwaltungsgericht Köln einreichte – weil das Bundesamt für Verfassungsschutz ihn als Beobachtungsobjekt im Bereich Rechtsextremismus führt und personenbezogene Daten über ihn sammelt, speichert und auswertet. Im Rahmen dieses Verfahrens legte die Behörde eine schriftliche Stellungnahme vor, in der sie versucht, Maaßens angebliche Verfassungsfeindlichkeit zu belegen.
Konkret bezieht sich der Verfassungsschutz dabei auf ein Interview, das Maaßen am 11. Juli 2024 einem konservativen Newsletter gab. Darin sprach er über den schlechten Gesundheitszustand Joe Bidens und stellte unter anderem folgende Fragen: „Wer zieht eigentlich die Strippen und fällt die Entscheidungen? Gibt es hinter Biden ein System, das nicht an die Öffentlichkeit gezerrt werden will, das das Licht der Öffentlichkeit scheut wie der Teufel das Weihwasser, aber letztlich die maßgeblichen politischen Entscheidungen der USA trifft?“ Also genau die Frage, die aktuell zwei US-Journalisten in einem gefeierten Bestseller ebenfalls stellen.
Wörtlich heißt es in dem Schreiben an das Gericht: „Der Kläger (also Maaßen) lässt auch offen, wer diesem Netzwerk angehört, greift jedoch mit dessen Charakterisierung als ‚Strippenzieher‘, das Politiker wie ‚Marionetten‘ an Fäden ziehe, bekannte antisemitische Bilder auf.“
Echt jetzt?
Das erinnert an meinen Lieblingswitz aus der Stalin-Zeit, den ich hier schon oft zitiert habe. General Schukow murmelt nach einem Treffen mit Stalin wütend: „Arsch mit Schnurrbart!“ Stalins Sekretär hat das gehört und meldet es empört Stalin: „Er hat Sie Arsch mit Schnurrbart genannt!“ Stalin lässt Schukow zurückholen, doch der bleibt ganz ruhig: „Ich meinte natürlich Hitler, Genosse Stalin!“ Woraufhin er sich zum Sekretär umdreht: „Und wen haben Sie gemeint?“ Genau das erleben wir heute wieder – nur mit anderen Begriffen.
Wie die Bundesregierung in die „Stalin-Schnurrbart-Falle“ tappte
Wer anderen eine Grube gräbt … Merkels Sprecherin Demmer wollte mich auf der Bundespressekonferenz offenbar der Falschinformation überführen – doch dabei schoss die Bundesregierung ein peinliches Eigentor. Und führt die Zuhörer selbst in die Irre. Sehen Sie selbst:
Meinem langjährigen Kollegen Josef Hufelschulte ist es zu verdanken, dass nun auch die offizielle Begründung des Verfassungsschutzes für die Beobachtung Maaßens öffentlich wurde – und sie hat es in sich. Als einer der erfahrensten Geheimdienst-Kenner Deutschlands konnte er exklusive Einblicke in die internen Unterlagen gewinnen – und stieß dabei auf die Posse in der Posse, den Skandal im Skandal: Der Verfassungsschutz unterstellt seinem ehemaligen Präsidenten Antisemitismus.
Ausgerechnet Hans-Georg Maaßen, der über Jahre eng mit israelischen Sicherheitsdiensten zusammenarbeitete, der als Innenbeamter mehrfach in Jerusalem war, der persönliche Beziehungen zu jüdischen Intellektuellen pflegt – soll jetzt ein antisemitisches Weltbild verbreiten, weil er von Strippenziehern im Umfeld Joe Bidens gesprochen hatte.
Man fragt sich unweigerlich: Geht es hier noch um das Grundgesetz, um Demokratie, um Sicherheit? Oder längst nur noch um Revanche, Einschüchterung – und politische Disziplinierung?
Denunziation im ideologischen Spiegelkabinett
Wer bei „Strippenzieher“ sofort an Juden denkt, sollte sich fragen, warum. Denn der eigentliche Skandal liegt nicht in der Wortwahl Maaßens, sondern in der Projektion des Verfassungsschutzes. Die Vorstellung, dass jeder Hinweis auf internationale Netzwerke automatisch antisemitisch sei, verrät ein Weltbild, das selbst tief in antisemitischen Denkmustern verankert ist.
Und mehr noch: Es verengt die politische Debatte. Wer Globalismus kritisiert, wer über internationale Machtstrukturen spricht, wer die Macht von NGOs, Davos-Zirkeln oder EU-Bürokratien infrage stellt – wird unter Generalverdacht gestellt. Die demokratische Auseinandersetzung wird durch eine Gesinnungspolizei ersetzt, die in jeder Formulierung eine verborgene Hetze wittern will.
Dabei gäbe es für den Verfassungsschutz genug zu tun. Islamistische Netzwerke, die unter dem Radar operieren. Linksextreme Gruppen, die Polizei und Justiz offen verhöhnen. Ausländische Propagandasender mit Desinformationskampagnen, deren Nähe zu russischen Diensten mehr als ein Gerücht ist. Doch all das scheint nebensächlich – wenn stattdessen der Sprachgebrauch missliebiger Bürger zum Hauptfeindbild erklärt wird.
Vom Wächter zum Verdächtiger
Der Verfassungsschutz wurde gegründet, um die freiheitliche Ordnung zu schützen – nicht, um über Begriffe zu richten. Doch ausgerechnet diese Institution wandelt sich immer mehr zum politischen Werkzeug. Und offenbart dabei ein gefährliches Eigenleben: Wer die falschen Worte benutzt, gerät ins Visier. Wer die richtigen Fragen stellt, wird selbst zur Frage gemacht.
Es ist nicht der Kritiker, der hier entlarvt wird. Es ist der Denunziant.
Der Stalin-Schnurrbart lässt grüßen.
Mein Kollege Josef Hufelschulte sprach im Zuge seiner Recherchen mit einem Verfassungsschützer des gehobenen Dienstes, der Einblick in die Maaßen-Akten hatte. Sein Kommentar: „Es tut mir leid, aber das ist schon ein Machwerk. Ein wirklich verkrampfter Versuch, Maaßen mit vermeintlich rechtsradikalen Äußerungen an die Wand zu nageln. Dieses Interview, bezogen auf die Amtsunfähigkeit von Joe Biden, taugt dafür nicht. Die beiden Buchautoren verdienen mit dem Buch viele Dollar – und Maaßen landet in der Datei für Rechtsextremisten. In diesem Fall fällt mir nur das alte Sprichwort ein: Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe!“
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