Bei erneuten Angriffen auf russischem Staatsgebiet ist in der Stadt Kursk ein Wohnhaus beschädigt worden. Dabei wurden offiziellen Angaben zufolge mindestens 13 Menschen verletzt, zwei von ihnen befänden sich in ernstem Zustand. Trümmerteile einer abgeschossenen ukrainischen Rakete seien auf das Gebäude gefallen und hätten einen Brand ausgelöst, berichtete die russische Staatsagentur Tass unter Berufung auf den geschäftsführenden Gouverneur der Region, Alexej Smirnow. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Die Ukraine verteidigt sich seit rund zweieinhalb Jahren gegen den russischen Angriffskrieg.
Wenige Tage nach Beginn des ukrainischen Vorstoßes auf russisches Territorium bei Kursk bezog Präsident Wolodymyr Selenskyj unterdessen erstmals direkt Stellung darauf. Armeechef Olexander Syrskyj habe ihm über «die Vorverlagerung des Krieges in das Gebiet des Aggressors» berichtet, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. «Ich danke allen Einheiten unserer Streitkräfte, die uns das ermöglicht haben», so der Präsident.
Die Ukraine beweise damit, «dass sie wirklich in der Lage ist, für Gerechtigkeit zu sorgen, und garantiert genau den Druck aufzubauen, der nötig ist – Druck auf den Aggressor». Über den aktuellen Stand des Vorstoßes der ukrainischen Truppen auf russisches Gebiet machten weder Selenskyj noch die Militärs in Kiew genauere Angaben.
In den vergangenen Tagen hatte Selenskyj lediglich indirekt Andeutungen zu dem Angriff in Richtung Kursk gemacht.
Russland evakuiert Zehntausende Zivilisten bei Kursk
Angesichts der schweren Kämpfe in der Umgebung von Kursk im Westen Russlands hat der regionale Zivilschutz laut Tass bereits Zehntausende Menschen evakuiert. Es seien bereits rund 76.000 Zivilisten aus dem Grenzgebiet evakuiert und in anderen Regionen Russlands untergebracht worden.
Zum eigentlichen Kampfgeschehen schrieben russische Militärblogger, dass die ukrainischen Kräfte bereits mehrere Kilometer tief auf russisches Gebiet eingedrungen seien. Die russischen Militärs sprechen bei ihren Gegenmaßnahmen von einer «Antiterror-Operation».
Die ukrainische Aufklärung teilte mit, dass Russland mit der Verlegung einer Brigade Marineinfanterie von der besetzten Halbinsel Krim in die Region Kursk begonnen habe. Ein Teil der Fahrzeugkolonne sei bereits bei der Anfahrt zerstört worden. Zudem sei ein weiterer russischer Kampfhubschrauber abgeschossen worden.
In Kiew berichteten Parlamentsabgeordnete der Agentur Unian, dass die ukrainischen Streitkräfte mindestens drei größere Siedlungen in der Region Kursk erobert hätten. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
In der gesamten Region Kursk wurde am Nachmittag Raketenalarm ausgelöst. Der geschäftsführende Gouverneur Alexej Smirnow warnte auf der Plattform Telegram vor den möglichen Gefahren und forderte die Bevölkerung auf, möglichst Schutzräume aufzusuchen.
Neues Militärpaket aus den USA
Die Ukraine hat nach den Worten von Präsident Selenskyj ein weiteres großes Paket militärischer Hilfe aus den USA erhalten. Unter anderem seien seine Streitkräfte mit neuen Flugabwehrraketen, Artillerieraketen und Artilleriegranaten versorgt worden. «Wir bemühen uns um eine rechtzeitige Logistik, damit die Hilfe so schnell wie möglich an der Front ankommt», sagte Selenskyj.
Selenskyj fordert erneut Freigabe von Raketen für Angriffe
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat von den westlichen Partnern seines Landes erneut die Erlaubnis zum Einsatz der von ihnen gelieferten schweren Waffen – Raketen und Marschflugkörper – zu Angriffen tief auf russischem Staatsgebiet gefordert. «Wir erwarten von den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich und Frankreich Entscheidungen über die Langstreckenfähigkeit, die einen gerechten Frieden näher bringen werden», sagte Selenskyj.
Ohne diese Erlaubnis können die ukrainischen Streitkräfte gegen logistische und militärische Ziele auf russischem Gebiet lediglich Kampfdrohnen aus eigener Produktion einsetzen. Wegen der geringen Sprengkraft der unbemannten Flugkörper erzielen die Ukrainer nur selten größere Erfolge.
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