• 8. April 2025
Werbung

Es gibt Momente, da hätte man gerne einen satirischen Warnhinweis vor einem Artikel. „Achtung, Realsatire! Bitte nicht lachen – es ist ernst!“ Ein solcher Moment ist gekommen. Wolfgang Niedecken, Sänger der Band BAP, beklagte am Rande der Verleihung der Radio Regenbogen Awards (sic!) im badischen Rust, dass sein Lied „Die Wahrheit“ nicht oft genug im Radio gespielt wird. Und das sei, Zitat, „bedenklich“.

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Nicht etwa, weil der Song floppt. Nicht, weil der Text holpert oder die Melodie abgestanden klingt. Sondern weil es ein Lied gegen rechts ist – und das gehört nach Meinung des Musikers offenbar in Dauerrotation. Wird es nicht gespielt, dann liegt’s nicht am Programm – sondern an der Gesinnung des Senders.

Werbung
Werbung
Werbung

Was wie ein nostalgischer Rückfall ins Betroffenheitsfernsehen der Neunziger wirkt, ist in Wahrheit ein bedrückendes Symptom. Es offenbart das neue Selbstverständnis vieler „Kulturschaffender“ (allein dieses Wort riecht schon nach DDR) – als moralische Instanzen statt als kritische Künstler. Sie prüfen nicht mehr die Verhältnisse, sondern ihre Mitmenschen: Wer sagt genug? Wer sagt das Richtige? Wer bleibt verdächtig still?

Man fühlt sich erinnert. An andere Zeiten. Andere Systeme. Auch dort konnte man ins Visier geraten – nicht, weil man falsch sprach, sondern weil man nicht laut genug zustimmte. Wer nur das Falsche schwieg, war bereits verdächtig.

Der große Alexander Solschenizyn schrieb einmal:

„In unserem Land war nicht der Mörder zu fürchten, sondern derjenige, der wagte zu schweigen.“

Heute ist es wieder soweit. Der neue Standard lautet: Positioniere dich! Sofort! Und eindeutig!

Und wehe, du tust es nicht – oder nicht mit dem richtigen Lied. Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Oft wurde mir vorgeworfen, ich würde mich nicht von der Belzebub-Partei distanzieren. Ich werde einen Teufel tun – denn ein guter Journalist muss zu jeder Partei Distanz haben. Wenn er nur zu einer eine besondere Distanz hat, ist was faul.

Wolfgang Niedecken unterstellt einem Radiosender mangelndes Engagement im Kampf gegen rechts – nur weil sein Lied nicht rauf und runter gespielt wird. Und weil, man höre und staune, eine Moderatorin angeblich Sympathie für jemanden in der AfD gezeigt haben soll. Namen? Belege? Fehlanzeige. Aber die Andeutung reicht. Die Empörung erledigt den Rest.

Wolf Biermann warnte einst:

„Der Dichter ist kein Lautsprecher der Partei.“
Heute müsste man hinzufügen:
„Aber wehe, er ist auch keiner der neuen Partei.“

Denn auch ohne Mitgliedsbuch gibt es sie längst wieder – die Einheitsfront der Tugendhaften. Man erkennt sie daran, dass sie jeden Andersdenkenden verdächtigen, es könnte ihm an „Haltung“ fehlen – ein Begriff, den sie missbrauchen und der heute für das steht, was in der DDR der berüchtigte „Klassenstandpunkt“ hatte. Wer an dem Zweifel aufkommen ließ, was karrieretechnisch vogelfrei.  Sie verlangen Gesinnungsnachweise statt künstlerischer Freiheit und spielen sich dabei als Hüter einer Demokratie auf, die sie mit ihren Methoden selbst untergraben.

Niedecken gehört zu den Gründungsmitgliedern der Initiative „Arsch huh, Zäng ussenander“ (frei übersetzt: „Arsch hoch, Maul aufmachen“), die sich seit den 1990ern als moralische Instanz im Kampf gegen Rechts inszeniert. 1992 versammelten sie rund 100.000 Menschen in Köln – ein riesiger Erfolg, damals. Und sicher gut gemeint. Auch ich hätte damals nicht geahnt, was daraus werden würde. Doch rückblickend muss man sagen: Man hat nicht verstanden, wie klug und langfristig die SED-Strategen um Gysi und Co. dachten – die sehr wohl wussten, dass sich der alte ideologische Geist über den Kampf gegen rechts wieder einnisten lässt. Nicht mit Gewalt, sondern durch den Marsch durch die Institutionen – und durch eine Sprache, in der jede abweichende Meinung zur Gefahr wird. Heute sehen wir, was daraus geworden ist: Aus einer anständigen Geste wurde ein Instrument der Gesinnungsprüfung. Aus Zivilcourage wurde ein Ritual, aus Kritik ein moralischer Pranger. Die DDR hätte es nicht besser konstruieren können – nur subtiler ist es geworden.

Was aus einst rebellischen Künstlern wurde? Campino, Grönemeyer, Niedecken – sie waren einmal gegen das Establishment. Jetzt sind sie es selbst. Nicht mit Macht, sondern mit Moral. Nicht mit Zensur, sondern mit Verdacht. Und nicht mit Verboten, sondern mit Erschütterung über das, was nicht gesagt oder gesendet wurde.

Rudi Dutschke hätte das erkannt. Er sagte:

„Rebellion ist der Versuch, sich vom autoritären Denken zu befreien.“
Was wir heute erleben, ist das Gegenteil: die Rückkehr des autoritären Denkens – im Gewand der Selbstgerechtigkeit.

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein BAP-Sänger derartige Klänge anschlägt? Nicht die Frage, was gespielt wird, zählt nun – sondern warum nicht. Man seziert Redaktionen auf Linientreue wie einst Parteigänger ihre Kollegen. Der neue Vorwurf: Der Sender schweigt. Der Sender zögert. Der Sender hat das Lied nicht gespielt.

Und so endet diese Posse nicht mit einem Paukenschlag, sondern mit dem Ton eines Denunzianten:
„Merkt euch den Namen. Die spielen nicht unser Lied.“

Vielleicht hilft da ein letztes Zitat. George Orwell schrieb:

„Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.“

Oder – in diesem Fall – das Recht, ein Lied auch mal nicht zu spielen. Und es ist dieses Recht, das heute wieder ins Wanken gerät – nicht durch einen Diktator, sondern durch das freundliche Gesicht der Moral. Es braucht keinen Zensor mehr, wenn sich jeder selbst kontrolliert – aus Angst, als „nicht klar genug positioniert“ zu gelten. Das ist der Punkt, an dem Kunst aufhört, frei zu sein – und beginnt, sich selbst zu geißeln.

Im Dezember 2019 ging meine Seite an den Start. Heute erreicht sie bis zu 53,7 Millionen Aufrufe im Monat. Sie setzt Themen, die selbst große Medien nicht mehr ignorieren können.

Mein Ziel: 

Kritisch, unabhängig und furchtlos der Regierung und ihren Hofberichterstattern auf die Finger schauen – ohne Steuergelder, ohne Großspender, nur mit Herzblut, Idealismus – und vor allem: mit Ihrer Hilfe.

Ihre Unterstützung macht meinen Einsatz überhaupt erst möglich. Jede Geste, ob klein oder groß, zeigt mir: Mein Engagement – mit all den Herausforderungen und schlaflosen Nächten – wird geschätzt.

Das ist für mich nicht nur ein unermesslich wertvolles Geschenk, sondern auch eine große Motivation, weiterzumachen.

Von Herzen: Danke!

Der einfachste und billigste Weg, ohne jede Abzüge, ist eine Banküberweisung:
IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71.

Alternativ sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – allerdings werden dabei Gebühren fällig.

Über diesen Link

Mit noch höheren Gebühren ist über Umwege auch (wieder) Paypal-Bezahlung möglich:

Über diesen Link

BITCOIN-Empfängerschlüssel auf Anfrage

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.

„UN-fähig“ in New York: Wie Merz Baerbock peinlich nach oben rettet – und was dahinter steckt

Eine Billion neue Schulden – gesamte Union knickt feige ein! Der Bückling des Jahres vor Rot-Grün

Merz & SPD hebeln Wählerwillen aus – der dreiste Coup gegen die Demokratie!

Bild: fokke baarssen / Shutterstock.com

Bitte beachten Sie die aktualisierten Kommentar-Regeln – nachzulesen hier. Insbesondere bitte ich darum, sachlich und zum jeweiligen Thema zu schreiben, und die Kommentarfunktion nicht für Pöbeleien gegen die Kommentar-Regeln zu missbrauchen. Solche Kommentare müssen wir leider löschen – um die Kommentarfunktion für die 99,9 Prozent konstruktiven Kommentatoren offen zu halten.

Mehr zum Thema auf reitschuster.de

Teile den Beitrag mit Freunden
Werbung