Kein Tag, an dem nicht irgendwelche angeblichen Journalisten versuchen, die eigenen Leser mit einer Mischung aus Boshaftigkeit, Ahnungslosigkeit und Freude, die Leser in Angst und Schrecken zu versetzen, ob neuer, in der Welt lauernder Gefahren, die das ewige Leben beenden können.
Tod ist einer dieser Schrecken.
Und die WELT zelebriert ihn, unter Rückgriff auf Junk, den dpa und AT gemeldet haben, unter Eigenleistung von rct – wer auch immer sich hinter diesem Kürzel verstecken mag – mit der Schlagzeile: Virus-Alarm in den USA – Stadt riegelt Parks ab, Bürger sollen zu Hause bleiben.
Früher kamen die windigen Meldungen, die es auf die erste Seite der BILD-Zeitung geschafft haben, häufig aus den USA, in der Hoffnung, dass es kaum jemanden gibt, der nachprüfen kann, was behauptet wird. Heute finden sich dieselben windigen Meldungen bei der WELT, quasi ein Outlet im Springer-Konzern weiter.
Es geht um eine Art Lockdown in Plymouth, Massachusetts, der – sofern es ihn überhaupt gibt [Leser aus Massachusetts bitte melden] – an Vergangenes erinnern und auf diese Weise die angebliche Gefahr, die vom “Virus” ausgeht, amplifizieren soll.
Was lernt ein Leser, wenn er sich den Beitrag in der WELT antut?
- In New Hampshire ist “ein Mensch” an Eastern Equine Ecephalitis, östliche Pferdeenzephalomyelitis in deutsch gestorben.
- “Es habe sich um die erste Infektion seit 10 Jahren gehandelt”, so die WELT.
- Schwere Symptome im zentralen Nervensystem hätten, so die Welt weiter, einen Erwachsenen ins Krankenhaus getrieben und dort sei er infiziert an EEE verstorben.
- Zuletzt 2014 wurden drei Infizierte in New Hampshire gemeldet, zwei davon seien gestorben, so die Welt weiter.
- “Behörden” nicht in New Hampshire, sondern in Massachusetts wollen Pestizide versprühen.
- Im laufenden Jahr seien in den USA in den Bundesstaaten Massachusetts, Vermont und New Jersey drei Fälle von EEE gemeldet worden.
- “Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC, so behauptet die WELT weiter, “verlaufen 30 Prozent der Erkrankungen tödlich. Bei vielen Menschen bleiben nach überstandener Krankheit neurologische Probleme zurück. Gegen das EEE-Virus gibt es bislang weder einen Impfstoff noch Medikamente.”
- Schließlich der Lockdown: “In der Stadt Plymouth, die zu den besonders gefährdeten Arealen zählt, sind alle öffentlichen Parks und Grünflächen ab der Abenddämmerung bis zum Morgen geschlossen. Die Menschen in den insgesamt zehn gefährdeten Bezirken von Massachusetts sind aufgerufen, während der Dämmerungszeit Mückenspray aufzutragen, die Gliedmaßen zu bedecken und sich möglichst wenig draußen aufzuhalten.”
Wer sich in den USA in der Mosquito-Season ohne Mückenspray im Freien aufhält, wird schnell eines Besseren belehrt.
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Was man aus dem Beitrag der WELT entnehmen kann: Ein in 30% der Fälle tödliches Virus: EEE hat ein erstes Opfer in New Hampshire gefordert und in Massachusetts drehen sie am Rad und wollen Pestizide versprühen, um die Verbreitung von EEE zu verhindern. Kurz: Eine neue TÖDLICHE Gefahr ist in den USA aufgetaucht, eine, deren weitere Verbreitung wahrscheinlich ist.
Fügen wir die fehlenden Teile zu diesem Gerüst der Desinformation an, den Kontext, wie es in Faktenchecker-Kreisen heißt.
Das Eastern Equine Encephalitis Virus ist mitnichten ein neues Virus . Es ist eher ein alter Bekannter, der jährlich in den USA ein paar Opfer fordert. Es handelt sich dabei um ein Alphavirus aus der Gruppe der Togaviridae, das von einer ganz spezifischen Stechfliege, nämlich Culisela melanura, dem black-tailed mosquito, übertragen wird:
Culisela melanura ist Träger des Eastern Equine Encephalitis Virus, das sich die Mücke bei Vögeln holt und an Vögel zurückgibt, in einem dieser in der Natur üblichen Ringtäusche. Problematisch sind Culisela melanura im Hinblick auf EEE für Menschen nur dann, wenn sich eine Stechfliege unmittelbar bevor sie einen Menschen oder ein Pferd sticht, mit dem Virus bei einem infizierten Vogel aufgeladen hat.
Indes, selbst eine solche “geladene Stechfliege” ist nicht grundsätzlich ein Problem, denn maximal 4% bis 5% derjenigen, die von einer infizierten Culisela melanura gestochen und mit EEE infiziert werden, entwickeln irgend eine Art von Symptomen. Und selbst unter denen, die Symptome entwickeln, bleibt es zumeist bei einer fibrösen Erkrankung, die mit Gelenkschmerzen und Frösteln einhergeht und nach maximal 2 Wochen ausgestanden ist.
“Overall, only about 4–5% of human eastern equine encephalitis virus infections result in eastern equine encephalitis.”
Nur dann, wenn das Zentrale Nervensystem von EEE komprimittiert wird, kommt es zu erheblichen Komplikationen, zu Menningitis (Hirnhautentzündung) oder Enzephalitis (einer Entzündung des Gehirns), die mit schweren Symptomen, die von Fieber über Erbrechen und Durchfall bis zu Anfällen und Koma reichen, einhergehen. Und nur in diesen Fällen kann am Ende der im Welt Artikel genannte Tod in 30% der Fälle stehen.
Die 30% beziehen sich also auf die wenigen unter den 5%, die von Culisela melanura infiziert werden UND erkranken, die als Folge davon eine neurologische Erkrankung entwickeln. Die Sterblichkeit liegt demnach unterhalb von 1,5%, also sehr deutlich unterhalb von 30%, wie die folgende Abbildung zeigt, die die Inzidenz von EEE in Plymouth, Massachusetts, dem Ort, an dem es nach Angaben der WELT nun hysterische Leute geben soll, die gegen Stechmücken ankämpfen, zeigt.
Die Inzidenz in Plymouth, Massachusetts beträgt 0.13 Fälle auf 100.000 Einwohner. 30% davon sterben, was zu einer Inzidenz von 0,04 pro 100.000 Einwohner oder einer Sterblichkeit von 0,00004% führt.
Nicht unbedingt das, was man von einem neuen Killer-Virus erwarten würde, einem “Killer-Virus”, für das Menschen Dead-end sind, das. wenn es das Pech hat, in einen Menschen zu leben, in 95% der Fälle in Einsamkeit und unbemerkt versterben wird, weil ein menschlicher Organismus einfach nicht genug RNA von EEE produziert, so dass es für eine Weiterverbreitung reicht. Indes gibt es einen berichteten Fall, in dem von Mensch zu Mensch EEE übertragen wurde, und zwar per Organ-Transplantation. Man weiß eben nie, wo die Spenderorgane herkommen, und was sie mitbringen.
Man muss, einmal mehr, die Berichterstattung und die Reaktion der Verantwortlichen in Plymouth, Massachusetts, so sie dem entspricht, was in der WELT berichtet wird, als lächerlich bezeichnen.
Es ist auch nicht so, dass EEE ein Virus ist, das plötzlich wieder auftaucht und Leute in New Hampshire dahinrafft. Es gibt jedes Jahr einige Fälle, in denen sich ein Stich von Culiseta melanura zu Enzephalitis auswächst, dieses Jahr gibt es deren vier (New Hampshire, Vermont, Massachusetts und Wisconsin), was das laufende Jahr als eher unterdurschnittliches EEE-Jahr ausweist: Gering an Fällen, Extrem in Hysterie.
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Author: Michael Klein
Michael Klein