Von reitschuster.de
Ein treuer Leser schrieb uns kürzlich über eine kaum bekannte, aber brisante Regelung: „Deutsche Staatsbürger, die länger als 25 Jahre im Ausland leben, verlieren automatisch ihr Wahlrecht in Deutschland.“ Für ihn ist dies ein Grund zur Empörung, besonders wenn man bedenkt, dass einige dieser Staatsbürger weiterhin in Deutschland steuerpflichtig sind, etwa durch Eigentum. Wie kann es sein, dass jemand, der sein Leben lang in Deutschland gelebt, Steuern gezahlt und das Land mit aufgebaut hat, plötzlich das Recht verliert, über dessen Zukunft mitzubestimmen?
Allerdings gibt es einen entscheidenden Zusatz: Deutsche, die nach 25 Jahren im Ausland eine „besondere Bindung“ zu Deutschland nachweisen können, behalten ihr Wahlrecht. Eine solche Bindung kann zum Beispiel durch regelmäßige Aufenthalte in Deutschland oder wirtschaftliche Interessen begründet sein. Aber es ist unklar, was genau als „besondere Bindung“ anerkannt wird. Allein der Besitz von Eigentum in Deutschland könnte möglicherweise nicht ausreichen, um das Wahlrecht zu sichern. Diese Unsicherheit führt dazu, dass viele Auslandsdeutsche faktisch ihr Wahlrecht verlieren, obwohl sie weiterhin Verbindungen zum Land haben.
Doch selbst jene, die noch wählen dürfen, stoßen zunehmend auf massive Hürden bei der Stimmabgabe. So sorgte bei den letzten Bundestagswahlen ein weiterer Skandal für Aufsehen: Abertausende Deutsche im Ausland konnten nicht wählen, weil ihre Briefwahlunterlagen zu spät oder gar nicht ankamen. Besonders brisant: Schon 2021 gab es solche massiven Probleme mit verspäteten Wahlunterlagen, die damals schon zahlreiche Auslandsdeutsche von der Wahl ausgeschlossen haben. Trotzdem wurde offenbar nichts dagegen unternommen – ein Versagen mit Ansage.
Die Realität der Auslandsdeutschen
Während Länder wie Frankreich und Italien spezielle Abgeordnete für ihre im Ausland lebenden Bürger haben, die deren Interessen im Parlament vertreten, wird diese große Gruppe in Deutschland systematisch übersehen. Ihre Anliegen finden kaum Platz in der politischen Agenda – und das, obwohl immer mehr Menschen Deutschland verlassen und dennoch eine starke Verbindung zum Land behalten.
Dass selbst hochrangige Diplomaten von diesen Problemen betroffen sind, zeigt der Fall des deutschen Botschafters in London, Miguel Berger. Er berichtete öffentlich, dass er seine Wahlunterlagen nicht rechtzeitig erhalten habe und deshalb nicht an der Bundestagswahl teilnehmen konnte. Er kritisierte die bürokratischen Hürden und forderte dringend eine Reform. Wenn also selbst ein deutscher Spitzendiplomat betroffen ist – wie ergeht es dann erst den Hunderttausenden „normalen“ Auslandsdeutschen?
Zudem kommt eine politische Brisanz hinzu: In den vergangenen Jahren sind auffallend viele Deutsche ausgewandert, die mit der politischen Entwicklung in Deutschland unzufrieden sind – insbesondere mit der rot-grünen Politik. Der Verdacht liegt nahe, dass unter den Auslandsdeutschen überdurchschnittlich viele Menschen sind, die nicht dem linken Mainstream entsprechen. Dass nun ausgerechnet diese Gruppe durch bürokratische Probleme und Behördenversagen von der Wahl ausgeschlossen wird, wirkt zumindest auffällig. Die Behörden hatten vier Jahre Zeit, um die bekannten Probleme mit der Briefwahl für Auslandsdeutsche zu beheben – doch nichts geschah. Das wirft Fragen auf: Ist es Inkompetenz oder politisches Kalkül?
Das Problem könnte einfach gelöst werden: Eine Reform des Wahlrechts, die wirtschaftliche, familiäre oder steuerliche Verbindungen zu Deutschland als Wahlkriterium anerkennt. Doch stattdessen bleibt es bei starren Regeln und undurchsichtigen Verfahren.
Auch die organisatorischen Hürden sind längst bekannt. Eine Lösung wäre, dass Auslandsdeutsche ihre Stimme direkt in Botschaften oder Konsulaten abgeben können – wie es in anderen Staaten üblich ist. Ebenso könnte eine frühere Ausstellung der Briefwahlunterlagen sichergestellt werden. Doch politischer Wille zur Reform fehlt.
Ein weiterer Aspekt, der zu dieser Ungerechtigkeit beiträgt, ist der fortgesetzte Steueranspruch Deutschlands. Ein Deutscher, der im Ausland lebt, aber noch Vermögen in Deutschland hat, bleibt steuerpflichtig. Doch obwohl er dem Staat Geld abgibt, kann er das Recht verlieren, über dessen Verwendung mitzubestimmen. Dieser Widerspruch stellt einen fundamentalen Bruch mit dem demokratischen Prinzip der Mitbestimmung dar.
Eine absurde Ungleichheit
Warum verlieren Menschen mit deutschen Wurzeln ihr Wahlrecht, wenn sie zu lange im Ausland leben, während andere, die frisch eingebürgert werden, sofort über die deutsche Politik mitbestimmen dürfen? Diese Ungleichheit ist nicht nur absurd – sie ist eine politische Entscheidung, die das Wahlrecht von Staatsbürgern unterschiedlich behandelt.
Das Fehlen einer starken Interessensvertretung für Auslandsdeutsche und ein offensichtliches Desinteresse der großen Medien führt dazu, dass Missstände wie verspätete Wahlunterlagen oder der Wahlrechtsverlust nicht in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Obwohl sie wahlentscheidend sein können – wie das knappe Scheitern von Sahra Wagenknechts BSW zeigt. Aber die betroffenen Auslandsdeutschen haben keine Plattform, um ihren Unmut zu äußern, und das politische Establishment hat offenbar kein Interesse, etwas zu ändern. Während es zahllose Lobbygruppen für die unterschiedlichsten Anliegen gibt, bleibt die Stimme der Auslandsdeutschen ungehört.
Dabei wäre eine organisierte Vertretung von Auslandsdeutschen wohl eine politische Kraft, die sich nicht in das linksliberale Meinungsspektrum einfügt. Könnte genau das der wahre Grund sein, warum sich kaum jemand für die Probleme der Auslandsdeutschen interessiert? In einem Land, in dem Hütchenspiele in der Politik an der Tagesordnung sind, wäre es naiv, diesen Aspekt außer Acht zu lassen.
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