Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen.
Ausgangslage:
Nicht selten gibt es im Laufe eines Mietverhältnisses irgendwann gewisse Meinungsverschiedenheiten oder Streit zwischen Vermieter und Mieter. Dann kann der Ton auch durchaus mal etwas rauer werden. Problematisch allerdings für Mieter: wer den Vermieter angreift, kann sich unter Umständen einer fristlosen oder ordentlichen Kündigung ausgesetzt sehen.
Jedenfalls bei Angriffen körperlicher Natur gibt es da keine Zweifel. Schwieriger ist die Frage, wann eine Beleidigung als Kündigungsgrund ausreicht und noch schwieriger die Frage, ob dies auch für Beleidigungen auf Facebook gilt.
Beleidigungen des Vermieters als Kündigungsgrund:
Eine schwerwiegende Beleidigung, kann, zumindest wenn sie von einer Drohung begleitet ist, nach Meinung einiger Gerichte Grund für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses sein.
So stellt die Bezeichnung des Hausmeisters als „Hurensohn“ und die Drohung, ihm „in den Mund zu scheißen und ihn umzubringen“, ohne weiteres einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1 BGB dar (AG Neukölln, Urteil vom 22. April 2009 – 16 C 481/08 – juris).
Handelt es sich um Beleidigungen ohne weitere Bedrohung, verlangen die Gerichte regelmäßig eine gewisse Schwere der Beleidigung. So zum Beispiel das Landgericht Potsdam: Beleidigung und üble Nachrede sind Vertragsverletzungen, die zur Kündigung berechtigen, wenn sie einen gewissen Schweregrad erreichen und die Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis führt, dass die Fortsetzung des Mietvertrags unzumutbar ist (LG Potsdam, Urteil vom 17. August 2011 – 4 S 193/10 -, juris).
Ähnlich auch das Amtsgericht München, wonach jedenfalls eine massive Ehrverletzung eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann (AG München, Urteil vom 09. August 2013 – 411 C 8027/13 -, juris).
Berücksichtigung der Gesamtumstände:
Die Gerichte berücksichtigen dabei auch stets die Gesamtumstände und dabei insbesondere, ob der Vermieter durch sein Verhalten die Beleidigungen irgendwie veranlasst hat: Eine (ordentliche) Kündigung des Mietvertrags ist gerechtfertigt, wenn der Mieter ohne entsprechende Beweise behauptet, der Vermieter habe ein „Hauswartsystem nach Stasi- oder Gestapoart eingeführt“ und ein Aufsichtsratsmitglied der Genossenschaft lebe seinen Hass auf Heimatvertriebene aus und hierzu kein ansatzweise nachvollziehbarer Grund vorlag (LG Ansbach, Urteil vom 19. Dezember 2013 – 1 S 1252/12 -, juris).
Beleidigung von vermieternahen Personen kann eine Kündigung begründen
Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Wohnraummietverhältnisses kann gegeben sein, wenn der Mieter den Vermieter, dessen Stellvertreter, Beauftragten oder Mitarbeiter, den Hausverwalter oder andere Hausbewohner beleidigt (AG München, Urteil vom 07. Februar 2013 – 411 C 25348/12 -, juris).
Beleidigung in den sozialen Medien (Facebook, Twitter und Co.):
Während im Arbeitsrecht Beleidigungen des Vermieters in den sozialen Netzwerken regelmäßig als besonders erschwerend, weil öffentlich, gewertet werden, verdient die Kündigung im Mietrecht eine andere, differenziertere Betrachtung.
Beleidigung auf ausdrückliche Einladung des Vermieters:
Hier muss zunächst unterschieden werden, ob der Vermieter in den sozialen Netzwerken ausdrücklich zu Bewertungen und damit auch zur Kritik auffordert. Im Mietrecht versuchen viele Hausverwaltungen, das Internet als Marketinginstrument zur besseren Vermietung ihres Bestandes einzusetzen. Wenn Vermieter hier Kritikmöglichkeiten ausdrücklich öffentlich ermöglichen, müssen sie auch ein etwas dickeres Fell zeigen. Der Vermieter muss unter Umständen auch strafrechtlich relevante Beleidigungen hinnehmen. Dies hat das Amtsgericht Charlottenburg jüngst in einem Urteil bestätigt:
Die Bezeichnung von Mitarbeitern des Vermieters als „faul“ und „talentfreie Abrissbirne“ durch den Mieter stellen allenfalls Beleidigungen im unteren Spektrum denkbarer Beleidigungen dar und können weder eine ordentliche noch einen außerordentliche fristlose Kündigung durch den Vermieter rechtfertigen (AG Charlottenburg, Urteil vom 30. Januar 2015 – 216 C 461/14 -, juris).
In diesem Fall hatte die Vermieterin auf ihrer Homepage einen Link zu einer Facebook-Seite gesetzt, auf der Mieter der Klägerin Bewertungen abgeben konnten. Auf der Facebook-Seite gab es dann bereits zahlreiche, zum Teil heftige Beschwerden anderer Mieter. Das Amtsgericht Charlottenburg hat in diesem Fall den Vermieter quasi für die von ihm hergestellte Öffentlichkeit haftbar gemacht: Zum anderen durften die Beklagten im Hinblick auf die zahlreichen, zum Teil in sehr heftigem Ton geführten, Beschwerden auf der Facebook-Seite der Klägerin davon ausgehen, dass die Klägerin entsprechende Äußerungen nicht als kündigungsrelevant ansehen würde. Dies gilt umso mehr, als sich zumindest eine von den Beklagten zitierten Äußerungen auch auf einen konkreten Mitarbeiter der Klägerin bezieht (AG Charlottenburg, Urteil vom 30. Januar 2015 – 216 C 461/14 -, juris).
Beleidigung ohne ausdrückliche Einladung des Vermieters:
Wird die Beleidigung im Internet öffentlich gemacht, ohne dass der Vermieter hierzu eine Basis geschaffen hat, ergeben sich keine entlastenden Umstände für den Mieter. Im Gegenteil: die Beleidigung ist dann öffentlich und sogar einer besonders großen Zahl von Menschen zugänglich. Hier müsste eine Beleidigung dann sogar als besonders schwerwiegend gewertet werden. Ob sich ein Mieter auf den grundsätzlich raueren Ton im Internet berufen kann, wage ich zu bezweifeln. Zum einen sind die Richter im Allgemeinen eher online-schüchtern, jedenfalls keine Internetpioniere. Zum anderen stellt sich auch die Frage, ob die Gesellschaft es so einfach hinnehmen muss, dass sich in einem bestimmten Bereich andere Sitten herausbilden. Natürlich sind Gebräuche im Rahmen der Bewertung des Verschuldens eines Mieters zu berücksichtigen. Aus den oben genannten Gründen wird man sich als Mieter darauf aber eher nicht verlassen können.
Fazit: Beleidigungen sind auch und gerade in den sozialen Netzwerken gefährlich für den Bestand des Mietverhältnisses.
Fachanwaltstipp Mieter:
Mietern ist dringend davon abzuraten, Vermieter oder dem Vermieter nahe Person wie Hausverwalter, Hausmeister und Reinigungspersonal verbal anzugreifen. Das gilt erst recht in den sozialen Netzwerken. Bleiben Sie sachlich, auch wenn der Vermieter seinerseits schwere Vertragsverstöße begeht. Sie haben vertragliche Rechte, die sie ihrerseits notfalls vor Gericht durchsetzen können.
Fachanwaltstipp Vermieter:
Vermieter sollten den Gebrauch der sozialen Netzwerke als Marketinginstrument genau überlegen. Wie der Fall des Amtsgerichts Charlottenburg deutlich zeigt, kann so etwas auch schwer nach hinten losgehen. Im Allgemeinen braucht man schon sehr viele zufriedene Mieter, um im Internet ein positives Bild abzugeben. Ich gebe seit vielen Jahren im Internet kostenlose Ratschläge, wenn ich die teilweise extremen Kommentare und Bewertungen sehe, möchte ich manchmal die Kommentarfunktion lieber abschalten. Die freundlichen Bemerkungen werden wiederum insgesamt weniger wahrgenommen.
10.7.2015
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