Ab Ende der 1980er bis Ende der Nullerjahre war Hape Kerkeling einer der klügsten und innovativsten Komiker des Landes. Seitdem wurde es künstlerisch eher still um den blitzgescheiten, multilingual wortgewitzten Stimmimitator mit seinen zahllosen Alter Egos von Königin Beatrix bis Horst Schlemmer. Kerkeling tritt, wenn überhaupt, fast nur noch im TV auf, um seine Bücher zu bewerben, die inzwischen nur noch von ihm selbst handeln. Während sich einst andere unweigerlich ergrauende Entertainer unterschiedlicher Niveaulevels, von Karl Dall über Rudi Carell bis Dieter Hildebrand, durch versöhnliche Altersmilde bei ungebrochener Lustigkeit auszeichneten, durchläuft Kerkeling leider eine gegenteilige Entwicklung, die jeden früheren Fan schmerzen muss: Zunehmend nämlich inszeniert er sich als unerträglich selbstgefälliger und bräsiger Oberlehrer der Nation. Aller Tiefgang ist dahin. Seine lahmen Pointen strotzen von Banalitäten, von denen er selbst am allermeisten begeistert ist.
So trat Kerkeling mit schwülstiger Attitüde vorgestern Abend wieder einmal bei Sandra Maischberger auf, wo er ein Buch über Ahnenforschung präsentierte (natürlich, was sonst, über seine eigene). Hätte er sich auf dieses Steckenpferd beschränkt, wäre sein Studioauftritt wenigstens für besonders eifrige Anhänger oder an genealogisch-nischeninteressierte Zuseher noch passabel gewesen. Doch Kerkeling nutzte diesen, um von der Ahnenforschung eine Brücke zum Volksbegriff als Abstammungsgemeinschaft zu schlagen – und den Deutschen mal eben so jegliches Recht auf einen eigenen Nationalcharakter abzusprechen. Denn eigentlich, so der anthropologische Privatgelehrte Kerkeling, gebe es so etwas wie biologische Deutsche gar nicht. Dies sei nur „eine üble Phantasie“, denn: „Wir alle – und gerade in Deutschland – kommen aus allen Regionen außerhalb von Deutschland. Wir alle haben rübergemacht, wenn man so will. Unsere Vorfahren stammen aus Skandinavien, aus dem Balkan, aus Russland, aus Italien“, schwadronierte er auf Kindergartenniveau. Und diese Einwanderungsbiographie der früheren Generationen und Vorfahren sollte man “auch bei aktuellen politischen Debatten immer im Bewusstsein haben”, mahnte er.
Patriotismus und Nationalstolz als Gemütsstörungen
Was Kerkeling damit eigentlich zum Ausdruck bringen wollte (und aus ÖRR-Sicht sollte) – natürlich vor dem Hintergrund der Zuwanderungsobsession der deutschen Politik und des laufenden faktischen Bevölkerungsaustauschs –, war im Klartext letztlich dies: Deutsche haben kein Recht auf eine eigene nationale Identität; Russen, Italiener und alle anderen hingegen natürlich schon. In jedem anderen Land, wo Patriotismus und Nationalstolz nicht als toxische und verbrecherische Gemütsstörungen gelten, würden wie Aussagen diese einen Aufschrei der eingesessenen Bevölkerung zu gewärtigen hätte.
Das gilt auch und für gerade die Länder, aus denen die nach Deutschland strömenden, hier zunehmend in Parallelmilieus organisierten Migranten als Träger einer dauerbeschworenen “Vielfalt“ stammen – weshalb sie auf unseren Straßen ihre ultranationalistischen Überzeugungen und ethnischen Überlegenheitsdemonstrationen ausleben; man denke an Kurden vs. Türken, an Kosovaren vs. Serben, an Äthiopier vs. Eritreer, an Palästinenser vs. Israel oder ganz grundsätzlich an die Animositäten zwischen Iranern, Arabern und Türken. Sie alle, auch wenn sie noch so viele deutsche Pässe besitzen und hier als “Deutsche“ gelten oder selbst wenn es sich um gut eingelebte Mitbürger handelt: Ihre Abstammung haben sie nie vergessen, im “Herz“ sind sie, was ihre Eltern waren.
Schlechtes Gewissen frei Haus zur besten Sendezeit
Aber hier, in der “bunten” Realität des öffentlichen Raums in Deutschlands, wird ihnen das nicht angekreidet; nicht einmal dann, wenn ihre Konflikte blutig ausgetragen werden oder sie einen echten, schädlichen, aggressiven Nationalismus und ausgrenzenden Chauvinismus bis hin zum Rassismus stolz in die Kameras und TikTok-Apps bekunden. Damit hat ein Kerkeling kein Problem, ebenso wenig wie eine Nancy Faeser. Aber deutsche Einheimische, die sich zum 3. Oktober der Einheit und ihrer Identität freuen, dürfen sich zur besten Sendezeit am Vorabend des Nationalfeiertags ein schlechtes Gewissen ob ihrer Identität machen lassen. Hier, in den abgehobenen Blasen der Salonlinken, kokettiert Haltungs-Hape mit seiner diversen Herkunft – und will den Almans auch noch ihr letztes Quäntchen Nationalbewusstsein wegekeln. Denn Deutsche gibt es ja eigentlich gar nicht und wer das anders sieht, lebt in üblen Phantasien. Macht 18,36 Euro Rundfunkbeitrag. Gern geschehen.
Auf einer gedachten Skala des Nationalgefühls rangieren Kerkelings hanebüchene laienwissenschaftliche Ausführungen den genau gegenteiligen Extrempunkt zur einstigen arischen Blut- und Boden-Doktrin des Nationalsozialismus. Doch indem sie nunmehr statt deren biologistischer wie mythischer Überhöhung gleich jede Abstammungsgemeinschaft des deutschen Volkes komplett leugnen, sind Kerkelings Standpunkte nicht minder verrückt und idiotisch. In der ARD liegt er damit natürlich genau richtig: Wer alles Deutsche wegleugnet, ist dort immer hochwillkommen. So nahmen Maischberger, ihre anderen ausgesuchten Haltungsgäste und die offenbar ebenfalls ausgesuchte Claque im Publikum seine Verirrungen denn auch andächtig nickend zur Kenntnis.
Keine Ahnung von der Nationenentstehung
Aber obwohl Kerkeling ein Buch zur eigenen Abstammung geschrieben hat, hat er sich offenkundig weder je mit dem Phänomen der Ethnogenese noch der geschichtlichen Herausbildung des Nationsbegriffs der meisten europäischen Völker in der Neuzeit – insbesondere im Zuge der Einigungsbewegungen des 19. Jahrhunderts – ernsthaft befasst. Das Konstrukt des modernen Rechtstaates nach der Jelinek’schen Drei-Elemente-Lehre (ein Staatsvolk lebt auf einem Staatsgebiet und unterwirft sich dort der Staatsgewalt) setzt ein funktionales und ideelles Gemeinwesen voraus: Menschen müssen etwas gemeinsam haben und bekunden diese Zusammengehörigkeit in ihrem Bekenntnis zu einem Staat, als dessen Staatsvolk. In reinen Einwanderungsgesellschaften wird dieses Gemeinsame künstlich erzeugt – durch eine Mischung aus Zwang (Sprachkenntnisse, Geschichtskenntnisse, Erwerbstätigkeit als Voraussetzungen der Einbürgerung) und Überzeugung (die Neubürger identifizieren sich in vorbehaltlos als Bürger des neuen Staates, mit “Pass und Herz”). Der so formalisierte “Verfassungspatriotismus” etwa in den USA erzeugt ein mindestens ebenso gesundes und stärkeres Nationalbewusstsein wie in reinen Abstammungsgemeinschaften.
Solche Abstammungsgemeinschaften, worunter die mitteleuropäischen Kulturnationen fallen, definieren sich in erster Linie durch gemeinsame Sprache, Wertmaßstäbe und kulturelle Prägung. Wessen Ahnen einmal von irgendwo herkamen, ist dabei insofern irrelevant, als der Prozess der Heimischwerdung längst abgeschlossen ist. Und selbst wenn man, wider alle rechtlichen und historischen Tatsachen, Deutschland ideologisch krampfhaft zu einem “Einwanderungsland” erklären will, was es nie war: Gerade dann müssten Nationalstolz, Patriotismus und das Gemeinsame, zu dem sich alle Bürger gemeinsam bekennen, umso stärker hervorgehoben werden, damit den neu Hinzugekommenen die Heimischwerdung gelingt. Aber genau das passiert in Deutschland nicht (im Gegenteil), und das ist der entscheidende Unterschied zwischen den von Kerkeling romantisch verklärten eigenen Vorfahren aus anderen Ländern, die dann irgendwann zu “Deutschen” wurden, und den heutigen Problemmigranten: Letztere sind überwiegend völlig integrationsunwillig, verweigern Erlernen und Gebrauch der deutschen Sprache und zeigen sich gegenüber Kultur und Landesgewohnheiten gegenüber oft maximal respektlos. Beides plump gleichzusetzen ist eigentlich eine intellektuelle Beleidigung dar.
Selbstverherrlichung oder Selbstverleugnung
Überhaupt darf es nach Kerkelings Logik so etwas wie Volkszugehörigkeit und Identität gar nicht geben, weil letztlich jeder Mensch von Adam und Eva abstammt. Als sophistisches Geplapper oder aus launiger Rabulistik heraus mag man etwas ignorieren, aber kaum ein Prominenter eines anderen Landes würde sich in Italien, Großbritannien, Polen, Japan oder jedem anderen Land – nicht einmal im Einwanderungsland USA – in ein Fernsehstudio setzen und dem eigenen Volk erzählen, dass es im Grunde gar keine Existenzberechtigung hat, nur weil seine Vorfahren irgendwann von irgendwo eingewandert sind. Nur in Deutschland wird so etwas begeistert aufgenommen. Lustvoll weiden sich Feuilleton und Veröffentlichkeit an der perversen Vorstellung, dass man Deutschland eigentlich gar nicht abzuschaffen braucht, weil es außer in den kranken Köpfen von völkischen Höcke-Fans eigentlich gar nicht existiere. Es ist dieselbe Lust, mit der sich ihre Vorgänger vor 90 Jahren an der perversen Vorstellung weideten, Deutschland, Deutschland stünde über allem und alle anderen Völker seien minderwertige Sklavenrassen. Selbstverherrlichung oder Selbstverleugnung. Holocaust oder “Refugees Welcome”. Deportieren oder “Wir haben Platz”. Hierzulande geht es eben nur in Extremen, drunter macht man es nicht. Zwischentöne sind Schwurbeleien.
Nach seinem theoretischen Einstieg kam Kerkeling dann zu der offenbar eigentlichen Zweckbestimmung seines Auftritts (mutmaßlich im Rahmen eines Deals mit der Maischberger-Redaktion, der in etwa so ausgesehen haben dürfte: Lad du mich in eine Sendung ein, damit ich mein Buch bewerben kann – und ich hetze für dich gegen die AfD). Als ob er seine volle Linientreue noch beweisen müsste, befürwortete Kerkeling dann auch gleich noch deren Verbot, garniert mit unterkomplexen Untermauerungen wie diesem: „Wenn ich immer höre: Die AfD ist ‚in Teilen rechtsradikal‘ – was heißt denn ‚in Teilen rechtsradikal‘? Das klingt für mich so, als hätte sich das der Verteidiger der AfD ausgedacht. Wenn ich ein Glas Wasser habe und ein bisschen Kloakenwasser reintue, dann ist das ganze Glas ungenießbar. Das kann ich wegschütten. Und ich frage mich: Welcher Idiot ist Mitglied in einer Partei, die ‚teilweise rechtsradikal‘ ist?! Das kann kein wirklicher Demokrat sein. Das kann mir niemand erzählen“, faselte er. Großer Applaus im Studio.
Wer ist hier Kloake?
Wir lernen: Das schmutzige Kloakenwasser sind nicht islamistische Messermörder, illegal ins Land geholte Kindervergewaltiger, asoziale Frauenschläger, Talahons, Gruppenvergewaltiger und Clankriminelle. Nein, sind die Vertreter der einzigen Partei in Deutschland, die diese loswerden und die grundgesetzliche rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen und im Inland wiederherstellen möchte. Kerkeling, mir graut vor dir! Dieser peinliche Auftritt zeigt, dass der Selbststurz der einstigen Ikonen vor nichts und niemandem mehr halt macht. So, wie es keinen Spaß mehr macht, sich einstige wirklich gute (weil unpolitische) Grönemeyer-Songs von früher mehr anzuhören, oder damals begnadet-subversive Ärzte- und Westernhagen-Hits von “Claudia hat ‘nen Schäferhund” bis “Dicke”, weil einem schon beim ersten Akkord schmerzlich ins Bewusstsein dringt, dass ebendiese Künstler längst in feiger Selbstbezichtigung ihrem Frühwerk abgeschworen haben, weil dieses aus heutiger Sicht politisch unkorrekt und unwoke-pfui ist, und sie stattdessen zu Hofbarden und kriecherischen Haltungskünstlern mutiert sind: So muss man leider nun auch mit dem Lebenswerk des Künstlers Kerkeling fremdeln, was immer er uns von “Hurz” bis zum Gastbesuch bei der Kölner Polizei an begnadeten Darbietungen auch beschert hat.
Denn aus dem hintersinnig-komischen und intelligenten Entertainer der Superlative ist ein aufgeschwemmter, nur noch um sich selbst kreisender Spießer geworden, der sich selbstverliebt in der Verkündung eingebildeter Weisheiten suhlt und völlig an der Realität vorbei lebt – so wie der gesamte politmediale Elfenbeinturm in diesem Land. Andernfalls wüsste er vielleicht, dass gerade Homosexuellen wie ihm garantiert keine Gefahr von der AfD droht, sondern von den Millionen importierter Muslime (die er als ebenso “deutsch” wie Müller und Meier mit ihren vor 400 Jahren in ein damals staatsrechtlich noch gar nicht existentes Deutschland eingewanderten Vorfahren umarmt). Der arrivierte satte Multimillionär Kerkeling hat sich in seiner eigenen Wohlstandsblase behaglich eingerichtet und ist zu genau der Sorte Mensch geworden, die er in seinen besten Zeiten mit galliger Ironie aufs Korn genommen hätte. (DM)
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Author: Kurschatten
Journalistenwatch