PR- und Marketing in Anwaltskanzleien
In Unternehmen sind PR- und Marketingexperten seit Jahrzehnten obligatorisch. In Anwaltskanzleien stellt diese Berufsgruppe in Deutschland dagegen ein Novum dar. Erst in jüngster Zeit ist dort der Bedarf an Fachleuten für PR und Marketing sprunghaft angestiegen.
Deutschen Anwaltskanzleien ist erst seit wenigen Jahren erlaubt, über den eigenen lokalen Standort hinaus mit Anwälten aus anderen Städten und sogar mit Kanzleien aus dem Ausland zu fusionieren. Das hat große englische und amerikanische Anwaltssozietäten, von denen die größten inzwischen weltweit über 4.000 Anwälte beschäftigen, auf den Plan gerufen. Sie sahen ihre Chance, in Deutschland mit den neuen überregionalen Kanzleien zu fusionieren oder eigene Standorte aufzubauen und so den lukrativen deutschen Anwaltsmarkt flächendeckend zu erobern. Inzwischen gibt es auch in Deutschland eine Vielzahl internationaler Großkanzleien mit teilweise mehr als 350 deutschen Anwälten. Sie erreichen häufig Honorarumsätze von weit mehr als 100 Millionen Euro und werden genau wie Unternehmen professionell gemanagt.
Aufgeweichtes Werbeverbot
Hinzu kommt, dass das generelle Werbeverbot für deutsche Anwälte immer weiter aufgeweicht wird. Früher war es standesrechtlich nicht erlaubt, aufwendige Veranstaltungen durchzuführen, um neue Mandanten zu gewinnen oder unaufgefordert Unternehmen durch die Versendung von Kanzleibroschüren auf sich aufmerksam zu machen. Auch die Nennung von Mandanten als Referenz war generell verpönt. Erst seit kurzem ist deutschen Anwälten erlaubt, öffentlich über ihre Umsatzzahlen zu berichten. Inzwischen gibt es nach angelsächsischem Muster detaillierte Rankinglisten, in denen die Kanzleien auf Grund intensiver Recherchen in den verschiedenen Rechtsgebieten „Noten“ erhalten. Führend im Ranking ist der JUVE-Verlag in Köln. Man kann sich vorstellen, welcher Kampf mittlerweile in den Kreisen der sonst so abgeklärten Anwälte herrscht, um hierbei möglichst gut abzuschneiden.
Besonderes Anforderungsprofil
Die Folge dieser Entwicklung ist, dass heute fast alle großen Anwaltskanzleien eigene PR- und Marketingteams aufbauen, um ihre Leistungen in der Öffentlichkeit möglichst optimal darzustellen und im Wettbewerb mit den Konkurrenten neue Mandanten zu gewinnen. Für Juristen, die keine Karriere als Anwalt anstreben, sicher eine neue interessante berufliche Perspektive. Neben hervorragenden Englischkenntnissen, weitere Fremdsprachenkenntnisse sind sehr willkommen, müssen sie vor allem mit der anwaltlichen Materie vertraut sein. Hierzu gehören Grundkenntnisse darüber, worum es beispielsweise im Gesellschaftsrecht, bei Mergers & Acquisitions, im Kartellrecht, Arbeitsrecht, Patent- und Markenrecht, Medien- und Telekommunikationsrecht oder in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit geht. Erst dann können sie juristische Sachverhalte verständlich darstellen und die besonderen Stärken und Vorzüge der eigenen Kanzlei werbewirksam nach außen tragen. Sie müssen extern mit Journalisten und intern mit einer Vielzahl von spezialisierten Anwälten glaubwürdig kommunizieren können. Zugleich müssen sie sich in die weltweite Strategie einer internationalen Anwaltssozietät mit angelsächsischem Hintergrund hineindenken können und in der Lage sein, festgelegte Marketingmaßnahmen den besonderen deutschen Marktverhältnissen und standesrechtlichen Anforderungen anzupassen.
Schlüssel für erfolgreiche PR- und Marketingarbeit
Neben der klassischen PR-Arbeit in Form von Pressemitteilungen, Interviews, Namensbeiträgen und Zitaten in Wirtschaftspublikationen, Auftritten als Redner bei Veranstaltungen oder Präsentationen für Rankinglisten spielen vor allem die „pitches“ oder „beauty contests“ eine große Rolle, in denen sich die Kanzleien im Wettstreit mit ihren Konkurrenten bei großen Unternehmen mit umfangreichen Präsentationen um neue Mandate bewerben. Besonders interessant und arbeitsintensiv wird es, wenn es sich dabei um internationale Auftritte handelt, bei denen das deutsche PR- und Marketingteam mit seinen ausländischen Kollegen eng zusammenarbeiten muss. Immer aufwendiger und perfekter werden die kanzleieigenen Seminare und sonstigen Veranstaltungen, mit denen neue Mandanten gewonnen werden sollen. Das Marketingteam muss vorausschauend die richtigen Themen aufspüren und zielorientiert die geeigneten Mailinglisten zusammenstellen. Weiterhin müssen mit erheblichem Sachverstand und Einfühlungsvermögen fachlich und sprachlich ausgefeilte Internetauftritte, Kanzleibroschüren, Newsletter und Annoncen konzipiert werden.
Auch Kanzleien können Marken sein
Sämtliche Marketingaktivitäten dienen dem Ziel, das „Besondere“ der eigenen Kanzlei gegenüber den Mitbewerbern herauszustellen, ohne die immer noch verbliebenen standesrechtlichen Grenzen zu verletzen. Großkanzleien werben in der Regel mit globaler Präsenz, „Full-Service“, fachübergreifender Teamarbeit, besonderem Qualitätsstandard und wirtschaftlichem Sachverstand. Entscheidend für den Erfolg ist letztlich aber, ob es dem PR- und Marketingteam gelingt, darüber hinaus für die eigene Kanzlei ein eigenständiges unverwechselbares Image – eine Marke – aufzubauen, das sie gegenüber den Konkurrenten positiv heraushebt. Wie bei einem Industrieunternehmen setzt dies eine klar definierte Strategie voraus. Dabei reicht es nicht aus, nüchtern reine Fakten zu vermitteln. Es müssen beim Betrachter zusätzlich besondere positive Emotionen geweckt werden. Dazu gehören beispielsweise auch das Sponsoring von jungen Künstlern, Preisverleihungen an erfolgreiche Jura-Absolventen ebenso wie die sogenannte „Pro Bono“-Tätigkeit, also der kostenlose juristische Einsatz für sozial Schwache oder politisch Verfolgte Ausländer. Im Gegensatz zu den USA ist dieser wohltätige Einsatz in Deutschland indes noch unterentwickelt.
Die Notwendigkeit erkennen
Viele Anwälte sind sich sicher, dass schon die solide fachliche Arbeit zum Erfolg führt. Wie lässt sich vor diesem Hintergrund konkret beweisen, dass der beträchtliche Aufwand für die PR- und Marketingarbeit tatsächlich zu einem besseren Image und zu mehr Mandanten führt? Vor dem gleichen Problem stehen zwar auch die PR- und Marketingteams in Industrieunternehmen. Anders als dort muss der erfolgreiche PR- und Marketingmanager im Anwaltsbereich aber nicht nur das Vertrauen der eigenen Geschäftsführung erwerben, sondern er muss eine Vielzahl von bis zu 100 selbstbewussten Partnern an verschiedenen Standorten, die gemeinsam die unternehmerische Verantwortung tragen, von der Qualität seiner Arbeit überzeugen. Das ist nicht einfach und verlangt viel Fingerspitzengefühl. Zum Trost sei gesagt: Wenn die Sozietät in den Rankinglisten ganz oben steht oder sogar mit Preisen ausgezeichnet wird, wenn die Partner besonders häufig in Wirtschaftspublikationen zitiert werden oder wenn ein „beauty contest“ oder eine sonstige Veranstaltung auch deshalb erfolgreich verläuft, weil die Präsentation besonders professionell vorbereitet war, dann findet auch das eigene PR- und Marketingteam die ihm gebührende Anerkennung.
Praxis-Tipps für junge Juristen, die in PR und Marketing einsteigen wollen, gibt Dr. jur. Henning von Boehmer LL.M. am Donnerstag, 5. Februar 2015, im Juridicum der Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Raum 2491.U1.61. Um Anmeldung wird gebeten: [email protected]
Zum Autor:
Dr. Henning von Boehmer, LL.M. (NYU) ist als Rechtsanwalt in Düsseldorf zugelassen. Er studierte Jura in Deutschland, der Schweiz, Frankreich und den USA. 13 Jahre lang leitete er als Generalsekretär die International Chamber of Commerce – Germany (ICC). Danach betreute er als PR- und Marketing Consultant die internationalen Anwaltssozietäten Lovells, heute Hogan Lovells, und Bird & Bird. Derzeit ist er als Senior Consultant Communications für die US-Anwaltskanzlei McDermott Will & Emery in Düsseldorf/München/Frankfurt tätig.
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