Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin und Essen, zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein, Urteil vom 09. Februar 2016 – 1 Sa 321/15 –.
Ausgangslage – Geltendmachung von Überstundenbezahlung schwierig für Arbeitnehmer
Deutschlandweit leisten viele Arbeitnehmer wöchentlich Überstunden ohne Bezahlung. Pauschale Regelungen in Arbeitsverträgen, wonach mit dem monatlichen Gehalt auch alle Überstunden abgegolten sind, sind regelmäßig unwirksam. Das kann allenfalls bei hochbezahlten Führungskräften anders sein. Trotzdem ist es sehr schwer für Arbeitnehmer, nachträglich Überstundenvergütung geltend zu machen. Regelmäßig muss ein Arbeitnehmer, der Überstundenvergütung geltend machen will, darlegen, wann und wie er gearbeitet hat, welche Pausen er gemacht hat und im Einzelnen an welchen Tagen dann nach Ablauf der regulären Arbeitszeit Überstunden geleistet wurden. Hieran scheitern solche Ansprüche in der Praxis oft.
Dienstplan hilft Arbeitnehmern
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein wird die Sache relativ einfach, wenn der Arbeitnehmer nach einem Dienstplan arbeitet. Dazu das Landesarbeitsgericht: Der Arbeitnehmer, der unter Vorlage eines arbeitgeberseitig erstellten Dienstplans vorträgt, er habe entsprechend den Eintragungen in diesem Dienstplan gearbeitet und die Vergütung der am Monatsende ausgewiesenen Plussalden verlangt, genügt seiner Darlegungslast im Hinblick auf Bestehen und Umfang der Forderung (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 09. Februar 2016 – 1 Sa 321/15 -, juris).
Überstunden nicht erforderlich – kein tauglicher Einwand, wenn der Arbeitnehmer nach Dienstplan arbeitet
In dem gegenständlichen Verfahren hatte der Arbeitgeber unter anderem eingewandt, dass die Überstunden gar nicht erforderlich waren. Ein solcher Einwand ist unbeachtlich, wenn der Arbeitnehmer die im Dienstplan vorgesehenen Stunden abarbeitet, so das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein.
Arbeitnehmer muss sich an den Dienstplan halten, Arbeitgeber muss vergüten
Der Arbeitnehmer hat sich grundsätzlich an die im Dienstplan festgelegten Stunden zu halten. Verweigert er eine entsprechende Ableistung, begeht er einen Verstoß gegen seinen Arbeitsvertrag. Dieser kann abgemahnt werden und unter Umständen sogar zu einer Kündigung führen. Dieser Verpflichtung korrespondiert wiederum die Pflicht des Arbeitgebers die im Dienstplan festgelegten Stunden auch zu bezahlen.
Fachanwaltstipp Arbeitnehmer
Wenn Sie Überstunden vergütet haben wollen oder sich dies zumindest vorbehalten wollen, müssen Sie eine Menge beachten. Arbeitsverträge oder Tarifverträge können Ausschlussfristen enthalten. Wer sich an die Fristen nicht hält, bekommt nichts. Außerdem müssen Sie die Ableistung der Überstunden und deren Anordnung nachweisen können. Am besten ist es, wenn man sich die geleisteten Arbeitszeiten vom Arbeitgeber schriftlich bestätigen lässt oder aber täglich und penibel Buch führt. Zeichnen Sie die regulären Arbeitszeiten, die Pausenzeiten und die Überstunden auf. Lassen Sie sich die Ableistung zumindest durch einen Zeugen (Arbeitskollegen), besser durch den Vorgesetzten schriftlich bestätigen.
Fachanwaltstipp Arbeitgeber
Arbeitgebern empfehle ich regelmäßig Ausschlussfristen in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Wer das unterlässt, muss unter Umständen bis zu vier Jahre (laufendes Jahr und drei Jahre Verjährungsfrist) Überstundenvergütung nachzahlen. Das kann existenzbedrohend sein, wenn die Forderung von vielen Arbeitnehmern gleichzeitig erhoben wird.
Was wir für Sie tun können
Wir vertreten Arbeitnehmer und Arbeitgeber deutschlandweit im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Streitigkeiten. Gerade bei der Geltendmachung von Überstunden, aber auch bei der Abwehr entsprechender Forderungen ist es wichtig zunächst anhand der herrschenden Rechtsprechung zu prüfen, welche Erfolgsaussichten ein Vorgehen hat. Auf Arbeitnehmerseite muss geprüft werden, ob den hohen Anforderungen der Gerichte an die Darlegungs- und Beweislast bei der Geltendmachung von Überstundenvergütung genügt werden kann. Auf Arbeitgeberseite ist es wichtig alle streitigen Behauptungen des Arbeitnehmers im Prozess auch wirklich ausreichend substantiiert anzugreifen. Im oben geschilderten Fall hatte der Arbeitgeber behauptet, der Arbeitnehmer habe in der Arbeitszeit Computer gespielt. Ein solch pauschaler Einwand wurde vom Gericht nicht berücksichtigt. Hier hätte konkreter zu den jeweiligen Spielzeiten vorgetragen werden müssen.
Besprechen Sie Ihren Fall zunächst mit dem Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rufen Sie Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck an und besprechen Sie zunächst telefonisch die Erfolgsaussichten eines Vorgehens. Für Arbeitgeber wichtig: lassen Sie Ihre Arbeitsverträge checken. Das ist die beste Versicherung gegen unliebsame oder gar ruinöse spätere Forderungen.
20.6.2016
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