Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen, zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. August 2013 – 7 Sa 427/12 -:
Ausgangslage:
Nach § 14 Abs. 3 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.
Damit ist der Spielraum für Befristungsmöglichkeiten von Arbeitsverträgen mit Arbeitnehmern, die diese Voraussetzungen erfüllen, deutlich erweitert zum Beispiel gegenüber jüngeren Arbeitnehmer. Dies könnte diskriminierend sein, mit der Folge, dass die gesamte gesetzliche Regelung wegen der Kollision mit Unionsrecht unwirksam ist.
Fall:
Der Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers war auf Maßgabe der oben genannten Regelungen immer wieder befristet verlängert worden. Das Besondere war allerdings, dass der Kläger zunächst aufgrund zahlreicher, sachgrundlos und dann auch mit Sachgrund befristeter Arbeitsverträge beschäftigt worden war und der Arbeitgeber sich dann geweigert hatte weiter zu befristen. Auf Rat des Arbeitgebers ging der Arbeitnehmer dann in die Arbeitslosigkeit, um so die Voraussetzungen für eine erneute befristete Einstellung, diesmal nach § 14 Abs. 3 TzBfG, zu schaffen. Gegen die letzte Befristung auf dieser Basis hatte sich der Arbeitnehmer dann gerichtlich gewehrt. Er hat die Ansicht vertreten, § 14 Abs. 3 TzBfG sei mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Rahmenvereinbarung im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 nicht vereinbar. Zudem sei die Berufung der Beklagten auf die Wirksamkeit der Befristung rechtsmissbräuchlich, da die Voraussetzungen hier quasi künstlich geschaffen wurden.
Urteil:
Das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt hat die Klage wie zuvor auch schon das Amtsgericht abgewiesen. Die Revision wurde zugelassen und von der Erbin des mittlerweile verstorbenen Arbeitnehmers eingelegt. Das Bundesarbeitsgericht (Aktenzeichen 7 AZR 899/13) entscheidet am 9. Dezember 2015 über die Revision.
Prognose zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:
§ 14 Abs. 3 TzBfG dürfte mit den unionsrechtlichen Regelungen vereinbar sein. Im Vordergrund der Regelung steht die Schaffung zusätzlicher Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer, die eine gewisse Zeit bereits arbeitslos sind und daher verminderte Aussichten auf dem Arbeitsmarkt haben. Die Regelung soll diese Nachteile gerade ausgleichen, die Diskriminierung ist nur mittelbare Folge. Ohne die Regelung würden die Arbeitnehmer häufig vermutlich gar nicht eingestellt werden. Wesentlich spannender dürfte die Frage sein, ob das Berufen auf die Befristung im vorliegenden Fall nicht rechtsmissbräuchlich ist. Dies würde ich bejahen, da hier die Voraussetzungen der gesetzlichen Regelung quasi künstlich erst geschaffen wurden. Solche Möglichkeiten wollte Gesetzgeber mit der Regelung gerade nicht schaffen. Es sollte keine Verlängerungsmöglichkeit für bestehende Arbeitsverhältnisse geschaffen, sondern vielmehr die Begründung neuer Arbeitsverhältnisse erleichtert werden. Im Ergebnis könnte der Arbeitnehmer daher Recht bekommen.
8.12.2015
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