Agile Klassik, stimmt die Richtung?
Der diesjährige Projektmanagement-Tag schlug sämtliche Rekorde, was die Besucherzahlen betraf: Mehr als 170 Gäste – rund 70 % mehr als im Vorjahr – durfte die Regionalgruppe Karlsruhe der GPM unter Leitung von Heike Daubenthaler, Merschad Zaeri Esfahani, Udo Golka, Norbert Hillebrand und Dr. Klaus Wagenhals im Brauhaus 2.0 bei abenteuerlichen 40° Hitze begrüßen. Der große Zuspruch lag an der Verquickung des Themas Projektmanagement – „klassisch“ und „agil“: schon die Keynote aus der praktischen Umsetzung eines agilen Ansatzes bei der EnBW AG – gehalten von Herrn Ehrlich – setzte interessante Akzente, an welchen Stellen Probleme auftreten können und wie sie lösbar sind. Er gab zusammen mit seinem Kollegen Tipps, darauf zu achten, alle Stakeholder eines Projektes zu berücksichtigen. So spielen beispielsweise in einem groß angelegten IT-Projekt nicht nur die direkten Teammitglieder, sondern auch IT Security, die Datenschutzabteilung sowie der Betriebsrat eine Rolle. Hier gilt es, sich in alle Positionen hineinzuversetzen, um möglichst zielgerichtet ein Projekt durchzufechten. Seine Kernfragen zu Beginn: Welchen Schmerz soll das Projekt lösen? Welche Transparenz erträgt der Auftraggeber? Hierzu empfahl Herr Ehrlich als Planungstool die Sprintachse der Firma GO!Agile: http://scrumwissen.go-agile.de/goagile_scrumbook.html
Im Anschluss daran folgten verschiedene Streams:
Stream I:
The Product Canvas – Agiles Anforderungsmanagement
Hr. Seidler und Hr. Yilmaz (andrena objects AG):
So gut es die agile Just-in-time-Planung erlaubt, auf Veränderungen zu reagieren: Eine große Herausforderung besteht häufig darin, initial zu formulieren, welche Eigenschaften das Produkt haben soll. Das Product Canvas macht es einfach, von Anfang an alle Faktoren zu strukturieren, die für das Produkt relevant sind: Vision, Zielgruppen, Szenarien, User Stories… Der Vortrag schilderte aus praktischer Erfahrung heraus, wie in einem Workshop die erste Version des Product Canvas entsteht und die Just-in-time Planung mit diesem ebenso praktischen wie einfach zu handhabenden „Werkzeugkasten“ umzusetzen ist, der sich im Agile Requirements Engineering bestens bewährt hat.
Stream II:
Führung und Selbstorganisation in agiler Umgebung
Hr. Dieter Rösner (CONTRAIN GmbH)
Aufgrund der sich wandelnden Gesellschaft zur Generation Y und Z kommt man mit klassischen Projektmodellen nicht weiter. Agilität ist gefragt, die aber nicht auf bestehende Systeme angewendet werden kann. Der Workshop ging der Frage nach, wie viel Führung agiles Projektmanagement noch braucht, wie viel Vertrauen man für das Team benötigt und wie die Verständigung erfolgt. Es kommt zu einer Machtverschiebung und -verkleinerung, denn die Führungskraft wird im agilen System Teil des Teams. Es hat viel mit Loslassen, Transparenz zulassen und Zuhören zu tun.
Stream III:
Das agile PMO in einem klassischen Projektkontext. Wie kann das funktionieren?
Hr. Backe (Thales Transportation Systems GmbH) und Fr. Heines
Frau Heines und Herr Backe berichteten von der Umstellung auf das agile PMO in ihrem Erfahrungsbericht der Firma Thales. Hier galt es, Herausforderungen wie klassische Vorbehalte unter Mitarbeitern und Führungskräften zu meistern und sie bei der Umstellung von klassisch zu agil an die Hand zu nehmen. Sie forderten im Anschluss die TeilnehmerInnen in einem kleinen Workshop heraus, darüber nachzudenken, wie sie diesen Ansatz bewerten und was ihnen selbst in so einem „Projekt“ wichtig wäre. In verschiedenen Gruppen wurden Lösungsansätze erarbeitet. Alle Teilnehmer lobten die Möglichkeit, sich auszutauschen.
Gesundheit im Projektmanagement
Auf die Streams folgte eine weitere Keynote von Herrn Simmel mit dem Titel „Gesund durch das Projekt“.
Der Nachmittag wurde eingeleitet von einem sehr trocken-humorigen Vortrag durch Martin Simmel, der anhand kurzer, knackiger Beispiele herausarbeitete, wodurch sich die Gesundheit des Menschen im Projekt- und sonstigen Arbeitsalltag negativ beeinträchtigen lässt.
Die Kernfragen waren: Wovon hast du zu viel, was dir nicht gut tut? Wovon hast du zu wenig, was dir gut täte? Gesundheit bedeutet, im Gleichgewicht zu sein. Hierzu gehören nicht nur ein Aufgabenfeld (Arbeit) und die Familie und soziale Kontakte, sondern auch die Benennung der Sinnfrage sowie die körperliche Gesundheit. Die Einhaltung von Werten spielt ebenfalls eine große Rolle. Erst, wenn wir uns nicht überfordert fühlen und keine Langeweile verspüren, sind wir im sogenannten „Flow“. Zum Ende seines interessanten Vortrags kamen drei Murmeln im Schächtelchen zum Einsatz: pro „Flow-Erlebnis“ durfte eine Murmel von der linken in die rechte Hosentasche wandern.
Workshop-Reihe am Nachmittag
Der Nachmittag wurde durch vier parallel laufende Workshops gestaltet, die jeweils von den Regionalleitern moderiert wurden.
Workshop I:
„Der Projekt-Inszenator“
Hr. Mereien (HLP van Ons Communication Consultants GbR)
Herr Mereien schilderte sehr eindringlich, warum Projekte scheitern. Es liegt häufig daran, dass die falschen Leute zum falschen Zeitpunkt einbezogen oder eben nicht einbezogen wurden. Das Instrument, das van Ons HLP in diesem Mini-Workshop vorstellte, nennt sich Projekt-Inszenator und ist weit mehr als ein Vorgehen, um Kommunikations-Strategien zu entwickeln. Anhand eines sehr komplexen Projektes wurden Vorgehensweisen diskutiert und erläutert. Das vorgestellte Projekt war jedoch für den Kurzworkshop nicht so leicht nachvollziehbar, so dass die Vorstellung des Projekt-Inszenators etwas gekürzt wurde.
Workshop IIa:
„Zugang zum menschlichen Potenzial im Projekt“
Frau van Staa und Herr Frodeno (beide Cevey Consulting)
Qualifizierte Projektleiter zu erfolgreichen Leadern machen – wie kann das gelingen?
Im gemeinsamen Dialog wurde ein Austausch darüber angestoßen, wie man Projektleiter, die aufgrund ihrer fachlichen Expertise an der Spitze eines Projekts stehen, auch im Bereich der aktivierenden und zwischenmenschlichen Führung so weiter entwickeln kann, dass sie ihre Projekte zielführend gestalten und erfolgreich abschließen können.
Es wurde eine projektleiterspezifische Potenzialanalyse und spezielle Projekt Leadership Tools vorgestellt. Der Workshop bot daraufhin die Möglichkeit, sich anhand der Analyse zu persönlichen Erfahrungen im Unternehmen auszutauschen.
Workshop IIb:
„Persönlichkeit und Projekterfolg“ – Möglichkeiten der Auswahl und Entwicklung von Projektleitern am Beispiel des BIP
Birgitta Gregor (People & Performance Consulting)
Aufgrund der zeitlichen Abfolge hatte Birgitta Gregor das Los gezogen, den überhitzten TeilnehmerInnen noch etwas Aufmerksamkeit abzuringen, die sich fast alle aufgrund der Temperaturen von über 40° mit Flaschen Wasser bewaffnet hatten. Sie folgten dem Workshop mit eigener Beteiligung zum Thema: „Passen Deckel und Topf zusammen?“ Die Persönlichkeit entscheidet häufig stärker über Erfolg und Misserfolg im Projekt als fachliches Know-how. Bestimmte Eigenschaften sind – je nach Job – maßgeblich für berufliche Leistung, Zufriedenheit, physische und psychische Gesundheit. Wissenschaftlich fundierte und langfristig erprobte Persönlichkeitstests wie das Bochumer Inventar (BIP) erfassen Persönlichkeitsmerkmale, die relevant sind für beruflichen Erfolg. Nach der Vorstellung der Studie wurde über Einsatz und Nutzen im Projektmanagement informiert.
Workshop III:
„Salz in der Suppe – oder Sand im Getriebe?“ – Konflikte in Projekten
Hr. Mantz (CONTRAIN GmbH)
Konflikte gehören zum (Projekt-)Leben! Aber ob sie zum Sand im Getriebe werden oder eher als Salz in der Suppe konstruktiver Klärung genutzt werden können – darauf kommt es an, agil hin, klassisch her… Im Workshop gab es Anregungen zum konstruktiven Umgang mit Konflikten in unterschiedlichen Rollen als Beteiligter, Entscheider, Moderator, Berater oder Selbstcoach.
Workshop IV:
„Burnout und Projekt – wie handeln?“
Fr. Baehr, Fr. Aue (CorBusiness)
Frau Bähr und Frau Aue (CorBusiness) erläuterten die von der GPM durchgeführte Burnout-Studie, die zeigt, dass 35% der befragten Teilnehmer stark Burnout-gefährdet ist. Es wurden innere und äußere Risikofaktoren bewertet. Meist waren jedoch Überforderung im Job, zu lange Arbeitszeiten und ständige Arbeitsunterbrechungen die Folge. Außerdem wurden die mangelnden Arbeitsanweisungen durch Vorgesetzte und zu geringe Wertschätzung der Arbeit als Faktoren angegeben. Die Tipps der Referentinnen: ausreichend Schlaf (mindestens 7 Stunden, täglich Kurzpausen einlegen, regelmäßig Sport, befriedigende Sozialkontakte pflegen und den eigenen Perfektionismus ablegen.
Gegen 17 Uhr endete die gelungene Veranstaltung, nachdem sämtliche Wasservorräte aufgebraucht und kein Hemd mehr trocken war. Der wirklich „heiße“ und turbulente Tag klang aus mit vielen lobenden Worten der TeilnehmerInnen und mit dem klaren Tenor „beeindruckend“, „lebendig – vielfältig“ und „weiter so – total spannend und anregend“. Der Dank gilt der Frau- und Mannschaft des Brauhauses 2.0, die für kühle Getränke und leckeres Essen sorgten. Die Regionalgruppenleitung freut sich darauf, die vielen Ideen und Anregungen für die nächsten Veranstaltungen in Karlsruhe umzusetzen.
Weitere Infos zu Veranstaltungen der GPM Karlsruhe: http://www.gpm-ipma.de/ueber_uns/regionen/karlsruhe.html
Mitglieder der Region sollen im Projektmanagement erfolgreich werden. Die GPM-Regionalgruppe Karlsruhe möchte Projektmanagement in ihrer Region bekannter machen. Dafür bieten sie vielfältige Möglichkeiten zum Kennen lernen und Gedanken austauschen.
Wird gerade eine pfiffige Methode gebraucht, um den Fortschrittsgrad von Projekten festzustellen? Dann gibt es bestimmt in der Region jemanden, der dieses Problem gerade gelöst hat und weiterhelfen kann.
Die GPM Regionalgruppe Karlsruhe unterstützt Projektmitarbeiter, Projektleiter, Controller sowie Führungskräfte mit Projektverantwortung. Geographisch reicht die Region im Norden bis über Bruchsal hinaus, im Süden bis Gaggenau, im Osten bis an Pforzheim heran und im Westen hinüber, in die Pfalz, nach Landau. Die persönlichen Mitglieder und Firmenmitglieder stammen, breit gestreut, aus mittelständischen Unternehmen aller Branchen. Sie haben ein gut organisiertes Netzwerk entwickelt.
Mit den befreundeten Verbänden GI, VDI, GfO, IHK und HWK arbeiten sie regelmäßig zusammen.
Die Veranstaltungen, in der Regel kostenfrei, stehen allen Interessierten, auch Nicht-Mitgliedern offen.
Firmenkontakt
GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement – Regionalgruppe Karlsruhe
Dip.-Ing. Norbert Hillebrand
Heinrich-Weitz-Str. 32
76228 Karlsruhe
0721-18389300
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http://www.gpm-ipma.de
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Christiane Haase
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