DGHS zur Ersten Lesung unterschiedlichster Gesetzentwürfe zur Suizidhilfe
dgpd. Anlässlich der Ersten Lesung von Gesetzentwürfen zur Suizidhilfe warnt die DGHS zum wiederholten Mal vor der Schaffung eines Paragraphen im Strafgesetzbuch, der Suizidhilfe kriminalisieren würde. Im Deutschen Bundestag wurden heute vier unterschiedliche Gesetzentwürfe vorgestellt, die vom Totalverbot der Suizidhilfe (Sensburg/Dörflinger/Hüppe) bis zum Beibehalten von Vereinen unter Auflagen (Künast et al.) reichen.
Der von einer großen Gruppe von Abgeordneten mitunterzeichnete Antrag um den CDU-Abgeordneten Michael Brand will die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ und damit die wiederholte Suizidassistenz von Vereinen und Einzelpersonen unterbinden. Nach Ansicht der DGHS würde dies Patienten wie auch Ärzte unnötig verunsichern. Wenn die Vereine „Sterbehilfe Deutschland e.V.“ und „Dignitas Deutschland“ verboten würden, wären Patienten mehr denn je auf eine Reise in die Schweiz angewiesen oder würden zu oft grausamen Methoden gezwungen. Zudem bestünde die Gefahr, dass in Deutschland erst recht in der Grauzone Suizidhilfe geleistet würde. Auch für die niedergelassenen und in Kliniken tätigen Ärzte würde sich die Situation verschlechtern. Die von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gewollte und in den Brand-Entwurf gegossene Verschärfung kommt zwar nunmehr als selbsternannter „Antrag der Mitte“ auf Samtpfoten daher und findet im Parla-ment, bei Kirchen und Ärztekammern teilweise Zustimmung, wäre aber letztlich ein Gesetz, das den Staatsanwalt an jedes Sterbebett holen könnte. Ein Umstand, vor dem auch die Palliativmedizin nicht geschützt wäre.
Als „Vorschlag der Vernunft“ wertet die DGHS dagegen den einzigen Antrag, der das Straf-recht nicht verändert, aber im Zivilrecht (BGB) eine Normierung vorsieht. Die Abgeordnetengruppe um Peter Hintze (CDU), Dr. Carola Reimann (SPD) und Prof. Dr. Dr. Karl Lauterbach (SPD) will eine übergeordnete Regelung schaffen, der sich das unterschiedliche ärztliche Berufsrecht unterordnen müsste. Die Aussage „Sie (Ärztinnen und Ärzte) dürfen nicht bei der Selbsttötung helfen!“ (§ 16 Musterberufsordnung MBO, auf dem Ärztetag 2011 beschlossen) gilt in zehn von 17 Landesärztekammern. Für Menschen, denen mit Palliativmaßnahmen nicht mehr zu helfen ist, so Lauterbach „müssen wir ein Angebot schaffen“. Der Gesetzentwurf für das BGB sieht vor, dass bei Krankheiten, die „unumkehrbar zum Tod führen“, ein Arzt bei der Selbsttötung freiwillig und ohne Angst vor Strafe assistieren kann, wenn die Tatherrschaft beim Suizidenten bleibt, wenn vorher eine zweite Meinung eingeholt und der Sterbewille mehrfach und nachvollziehbar geäußert wurde.
Die DGHS appelliert an die Politik, allenfalls für eine neu zu schaffende Ergänzung im Zivilrecht und auf keinen Fall im Strafrecht zu sorgen. Die Politik muss akzeptieren, dass es Menschen gibt, für die am Lebensende palliative Versorgung und hospizliche Betreuung nicht die einzigen Optionen sind und die sich das Recht auf volle Wahlfreiheit im Sinne des Grundge-setzes auch weiterhin wünschen. Diese Menschen brauchen ein verbrieftes Recht auf „Letzte Hilfe“. Nach Ansicht der DGHS ist dazu eine entsprechende Regelung im Zivilrecht, wie sie einer der Entwürfe vorsieht, wenn schon ein Gesetz verabschiedet werden soll, der richtige Weg. In ihren aktuellen Leitplanken betont die DGHS: „Alle Betroffenen, insbesondere Sterbewillige und Sterbehelfer, brauchen mehr Rechtssicherheit. Um Missbräuchen zu wehren, sind Sorgfaltskriterien und entsprechende Kontrollen unabdingbar. Eine Verschärfung der Gesetzeslage im Strafrecht lehnt die DGHS jedoch ab.“
DGHS-Präsidentin Elke Baezner verweist ausdrücklich auf die im April veröffentlichte Resolution von Strafrechtslehrern zur geplanten Ausweitung der Strafbarkeit der Sterbehilfe. Darin heißt es u. a. unter Bezug auf das Grundrecht der Gewissensfreiheit (Art. 4 GG): „Das Arzt-Patienten-Verhältnis ist seiner Natur nach nur eingeschränkt rechtlich regulierbar. Das gilt auch und gerade für das Strafrecht.“ Und weiter: „Menschen mit einem Sterbewunsch benötigen in besonderer Weise Fürsorge und Begleitung. Die Strafbarkeit der Beihilfe zum Suizid würde dagegen dazu führen, dass professionelle Hilfe, die gerade Ärzte und Ärztinnen leisten könnten, erschwert oder unmöglich wird.“
Bislang ist die „Beihilfe“ zur Selbsttötung (Suizidhilfe) in Deutschland vor dem Gesetz straffrei (oder „keine Straftat“), wenn der Entschluss zur Selbsttötung freiverantwortlich ist. Wer hingegen Suizidhilfe leistet, wenn der Tatentschluss des Suizidenten aus einer krankhaften, geistigen Störung entspringt, macht sich nach geltendem Strafrecht ohnehin strafbar. Es besteht nach Ansicht der DGHS keine Notwendigkeit, an dieser geltenden Rechtslage etwas zu ändern. Stattdessen sollte man besser für mehr Transparenz und Rechtssicherheit bei Sterbenden und Helfern, z. B. Ärzte, sorgen.
Die dritte entscheidende Lesung und die Entscheidung für einen der Entwürfe sind für November 2015 vorgesehen.
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Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben, kurz DGHS, ist die bundesweit älteste und größte Patientenschutzorganisation in Deutschland. Sie versteht sich seit ihrer Gründung im Jahr 1980 als Bürger- und Menschenrechtsbewegung zur Durchsetzung des Patientenwillens und des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen. Ziel ihrer Arbeit ist, dass Artikel 1 GG, die unantastbare Würde des Menschen, auch im Sterben gewahrt bleibt.
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