Ein Kommentar von Uwe Hoffmann, Geschäftsführers des Deutschen Schutzverbandes gegen Diskriminierung e. V.
9. Juni 2015. Wie die Online-Ausgabe der Zeitung „WELT“ am 8. Juni 2015 berichtete, leben in Deutschland zurzeit rund drei Millionen Menschen von Hartz IV. Mehr als 60 Prozent von ihnen bekommen diese Grundsicherung, die einst als vorübergehende Hilfe gedacht war, schon seit mehr als zwei Jahren. Doch wer „nur“ zwei Jahre Hartz IV bezieht, kann sich glücklich schätzen. Die Statistiken zeigen das wahre Drama, vor dem Politik und Gesellschaft die Augen gleichermaßen verschließen. Tatsächlich lebt beinahe jeder zweite Hartz-IV-Empfänger dauerhaft von der Grundsicherung. Dabei ist das Hartz-IV-Gesetz so umständlich und kompliziert, dass diejenigen, die es anwenden, viele Fehler machen und denjenigen, die es betrifft damit auch noch die Existenz gefährden. Ob die „Grundsicherung“ dann auch noch durch Bestrafungen, besser bekannt als Sanktionen, vom „Amt“ gekürzt werden darf, wird demnächst höchstrichterlich vom Bundesverfassungsgericht geklärt werden (wir berichteten darüber).
Fortbildung durch Rasenmähen?
Vor allem im Osten Deutschlands – Thüringen ausgenommen – ist die Situation besonders schlimm. So ist Sachsen-Anhalt mit einem Anteil von 54,5 Prozent „Dauerhartzer“ der traurige Spitzenreiter der Jobcenter-Hitparade. Immer wieder fordern Politiker, dass die Jobcenter flexibler und besser in der Planung und Finanzierung von Qualifizierungsmaßnahmen sein sollen. Doch gerade an dieser „Qualifizierung“ und der Vetternwirtschaft zwischen Jobcenter und Maßnahmenträger wird die Kritik zunehmend lauter. Warum soll ein gelernter arbeitsloser Elektriker einen Papierwürfel bauen müssen oder eine ausgebildete Einzelhandelskauffrau den Gemeinderasen mähen? Welche Art der Qualifizierung ist das denn? Der angebliche Aufschwung am Arbeitsmarkt, der von den Politikern gern propagiert wird, geht – wenn es ihn den tatsächlich geben sollte – an den Langzeitarbeitslosen einfach vorbei. Denn neu geschaffene Stellen werden vor allem von Zuwanderern und Berufsrückkehrern besetzt.
Fehlen der Politik die Ideen, oder fehlt es an politischer Unterstützung der Ideen?
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will schwer vermittelbare Arbeitslose mit Lohnkostenzuschüssen an Arbeitgeber vermitteln. Dabei sollen sie beim Wiedereinstieg in den Job von Coaches unterstützt werden. Klingt in der Theorie ganz gut, ist aber praxisfremd. In der Realität heißt das: Arbeitgeber beschäftigen bezuschusste Arbeitnehmer solange, bis die Bezuschussung endet und stellen dann neue geförderte Arbeitslose ein. Dass Arbeitskräfte, die aus Hartz IV vermittelt werden sechs Monate lang keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben, wissen auch die Arbeitgeber. Wetten, dass wohl die wenigsten nach der sechsmonatigen Probezeit übernommen werden? Nach einem halben Jahr wieder arbeitslos zu werden, ist gleichbedeutend mit „Welcome back“ im Teufelskreis Hartz IV. Und das vorgeschlagene Coaching? Wie soll das bitte aussehen? Wo kommen diese Experten her, wer bezahlt sie und welcher Arbeitgeber freut sich, wenn sein neuer Bauhelfer jemanden hat, der ihm den Helm reicht oder die Sicherheitsschuhe zubindet?
Wenn der Berater „Auf Wiedersehen“ sagt, meint er es auch so
Nun mag man sich fragen, was man denn sonst tun könnte um die Zahl der Dauerarbeitslosen zu reduzieren. Bedingungsloses Grundeinkommen? Sollte man den ausländischen Billigherstellern so hohe Strafzölle auferlegen, dass die Betriebe im eigenen Land wieder konkurrenzfähig werden? Es ist ein wirtschaftspolitisches Problem, das unsere Politik durch den diktatorischen europäischen Regelierungswahn, den finanzstarken Lobbyisten und der Abhängigkeit von unserem so „wohlwollendem Uncle Sam“ nicht lösen wird und wahrscheinlich auch gar nicht will. Es hat also durchaus Berechtigung, wenn der Berater im Jobcenter seinen „Kunden“ immer wieder mit „Auf Wiedersehen“ verabschiedet.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Arbeitswillige Betroffene, die sich ihren Lebensunterhalt gern selbstbestimmt verdienen würden, aber einfach keine Chance bekommen können demnach wenig tun. Zumindest aber sollten sie die Arbeit ihres Vormundes, pardon, des Jobcenters genau unter die Lupe nehmen und jeden Bescheid und jede Sanktion prüfen lassen. Das Jobcenter macht das mit Ihren Unterlagen genauso.
Kommentar von Uwe Hoffmann, Geschäftsführers des Deutschen Schutzverbandes gegen Diskriminierung e. V.
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Der Deutsche Schutzverband gegen Diskriminierung setzt sich für Menschen ein, die sich durch Behörden oder Unternehmen ungerecht behandelt fühlen, die bei ihrer Berufswahl aus böswilligen Gründen oder Vorurteilen benachteiligt wurden oder die durch den Staat oder seine Entscheidungen ins soziale Abseits gedrängt werden.
Besonders betreut werden Hartz IV-Empfänger, die eine kostenlose Erstberatung ihrer Fälle durch spezialisierte Anwälte erhalten.
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