Eine Abmahnung für einen verweigerten Corona-Test – im Sommer 2022, als die Pandemie längst amtlich beendet war. Das Urteil: lebenslanger Eintrag in die Personalakte. Die Reaktion eines Bürgers: ein Brief an das Landesarbeitsgericht Hamburg, der mehr über unser Land sagt, als man zunächst glaubt. Und der in Kopie auch an mich ging.
Ich wollte ihn erst zur Seite legen. Zu lang, zu aufgeregt, zu viele juristische Nebenpfade. Doch je weiter ich las, desto mehr begriff ich: Dieser Brief ist mehr als nur Frust. Er ist der Versuch, ein Unrecht zu verstehen – und ein Land, das Recht zwar spricht, aber nicht mehr erklärt.
Der Fall: Eine Hamburger Krankenschwester verweigert im August 2022 einen Corona-Test – zu einem Zeitpunkt, als es keine gesetzliche Grundlage mehr für solche Maßnahmen gibt. Die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ war im November 2021 ausgelaufen, die Corona-Arbeitsschutzverordnung im Mai 2022 außer Kraft getreten. Die Klinik bestand dennoch auf regelmäßige Tests. Die Klägerin weigerte sich – ohne jede Folge für Patienten oder Kollegen, ohne Isolation, ohne Zwischenfälle. Und trotzdem: Abmahnung.
Vor Gericht wurde diskutiert, ob eine oder zwei Testaufforderungen ausgesprochen wurden – zwei Zeugen der Klinik widersprachen sich deutlich. Einer sprach von routinemäßigen Tests alle fünf Tage, der andere behauptete, es habe eine Anordnung des Landes gegeben. Das Gericht wertete den Widerspruch nicht. Es erklärte die Abmahnung für rechtmäßig – mit der Begründung, es habe eine „zeitliche Nähe“ zur früheren Rechtslage bestanden. Als sei Nähe ein Ersatz für Gültigkeit.
Der Briefschreiber – kein Jurist, kein Lautsprecher – stellt einfache, entwaffnende Fragen: Wem hat der Test genutzt? Warum wurde niemand isoliert, wenn doch angeblich Gefahr bestand? Warum wird nicht geprüft, ob die Maßnahme verhältnismäßig war? Und warum bleibt der Eintrag bestehen, obwohl die damaligen Corona-Vorgaben heute selbst von Behörden als zweifelhaft bis irreführend bewertet werden?
Das Gericht interessierte sich nicht für diese Fragen. Der Hinweis auf Artikel 2 des Grundgesetzes – körperliche Unversehrtheit – blieb unbeachtet. Die inzwischen freigeklagten RKI- und PEI-Protokolle, die zentrale Narrative der Pandemie als politisch motiviert entlarven, wurden nicht berücksichtigt. Als sei nicht das Verhalten der Klägerin fragwürdig – sondern allein ihre Weigerung, sich dem Apparat zu beugen.
Was diesen Brief so eindrücklich macht, ist nicht nur der Einzelfall. Es ist das größere Bild dahinter – und die Leerstelle, die immer sichtbarer wird: Die Corona-Politik wurde nie ernsthaft aufgearbeitet. Kein Untersuchungsausschuss. Kein Eingeständnis von Fehlern. Kein Innehalten.
Stattdessen werden bis heute Menschen verfolgt, die damals nicht mitmachten. Ärzte, die Maskenatteste ausstellten. Mediziner, die nicht impften. Lehrer, die Widerspruch anmeldeten. Beamte, die nicht kuschten. Viele verloren ihre Zulassung, ihre Anstellung, ihre Würde. Während sich Ministerien aus der Affäre stehlen, tragen Einzelne die Folgen – oft bis heute.
Der Staat erklärt das Kapitel für beendet – ohne es je aufgeklärt zu haben. Die Justiz urteilt weiter nach den alten Drehbüchern, als sei nichts geschehen. Als sei Form wichtiger als Wahrheit. Doch ein Rechtsstaat, der seine Irrtümer nicht korrigiert, ist kein Staat der Gerechtigkeit. Sondern ein Machtapparat, der sich selbst schützt.
Der Brief endet mit dem Satz: „Denn nun ist wieder Platz in meiner Seele für das Gute des menschlichen Handelns.“ Das klingt pathetisch. Aber es berührt. Denn was hier steht, ist keine Polemik – es ist der stille Schrei eines enttäuschten Bürgers. Und vielleicht das ehrlichste Dokument dieser Zeit.
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