Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle
Wenn eine neue Bundesregierung ihre Arbeit aufnimmt, ist die Rollenverteilung klar. Die Regierungsparteien versichern, dass nun alles besser wird, die Opposition weiß schon vor der Ernennung der ersten Minister, dass die nächste Regierung eine einzige Enttäuschung wird. Das war und ist immer so und ganz ehrlich: Wenn die Wähler so entscheiden, dass Regieren nur mit Koalitionen möglich ist, dann heißt das, ständig um Kompromisse zu ringen, zu feilschen und auch faule Zugeständnisse zu machen, um Mehrheiten für die eigenen Kernthemen zu organisieren.
Mehrheiten organisieren, darauf kommt es an
Und möglichst viel durchsetzen von dem, was die eigene Wählerklientel bei Laune hält, im besten Fall neue Wähler generiert.
Aber, und das ist die Kunst, wenn eine Partei eine Zukunft haben will, muss sie vor allem erkennbar bleiben für ihr Stammpublikum. Vernachlässigt sie das, kann es ganz eng werden mit der Zukunft.
Die SPD hat das erlebt, als sie begonnen hat, die Interessen der kleinen Leute und der klassischen Arbeiterschaft aus den Augen zu verlieren, als sie auf jede Sau aufsprang, die der grüne Mitbewerber durchs Dorf trieb.
Und die CDU, stückweise auch die CSU in der Folgezeit, hat unter Führung ihrer furchtbaren Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel nahezu alles über Bord geworfen, was ihr mal heilig war. Massenmigration junger Männer aus islamischen Steinzeitgesellschaften, Landtagswahlen rückgängig machen, Atomkraftwerke abschalten, die Bundeswehr zur Operettenarmee runterwirtschaften, Homo-Ehe und Regenbogenflaggen – die Union war mit der dabei. Und auf Parteitagen entblödeten die führenden Kader sich nicht, minutenlang Klatschparaden aufzuführen. Und so wurden aus zwei 40-Prozent-Parteien eben U-30, im Falle der SPD sogar U-20-Parteien.
Die neue Bundesregierung hat gleich zum Start Licht und Schatten produziert. Die Atomisierung der Schuldenbremse ist eine Unverschämtheit gegenüber den Unions-Wählern vor dem Hintergrund ihrer Wahlversprechen. Andererseits haben sie damit jetzt das Geld, um Deutschland insgesamt wieder auf die Beine zu bringen bei Infrastruktur, Bildung, Landesverteidigung. Da mussten sie abwägen und sie haben sich dafür entschieden, uns demnächst blühende Landschaften zu präsentieren…oder so.
Und bei Personalentscheidungen ist das auch so eine Sache
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat kürzlich für Aufsehen mit einigen Personalentscheidungen gesorgt. Der bisweilen widerspenstige Generalleutnant Alfons Mais wurde als Heereschef abgelöst von Christian Freuding, dem Chefkoordinator der militärischen Ukraine-Hilfe, Generalmajor und damit auch Beauftragten für Reservistenangelegenheiten. Generaloberstabsarzt Nicole Schilling wird die neue Stellvertreterin des Generalinspekteurs der Bundeswehr. Sie löst Generalleutnant Andreas Hoppe ab als erste Soldatin in dieser Funktion. Sofort wurde Kritik laut, aber Pistorius ist Chef, der darf das machen. Punkt.
Höchst problematisch werden andere Personalien, die jetzt zur Entscheidung anstehen. Denn die Regierungsfraktionen werden im Juli neue Richter für das Bundesverfassungsgericht bestimmen – einen CDU-nahen, zwei von der SPD nominiert. Bei der Besetzung der Richterstellen für Karlsruhe gab es auch früher immer mal politischen Streit. Unvergessen ist ein skandalträchtiges Abendessen am 30. Juni 2021, zu dem Bundeskanzlerin Merkel die Richter des höchsten deutschen Gerichtes in Kanzleramt einlud, was traditionell gemacht wird, dieses Mal aber politische Brisanz hatte. Denn nur drei Wochen später sollten einige der Richter am Tisch unabhängig und überparteilich über eine Klage der AfD gegen die Bundeskanzlerin wegen deren Äußerungen zur Thüringen-Wahl entscheiden. Das als G’schmäckle zu werten wäre untertrieben.
Die Verfassungsrichter dürfen keinen Zweifel an ihrer völligen Unabhängigkeit aufkommen lassen.
Und nun hat die SPD mit der Potsdamer Professorin für Öffentliches Recht, Frauke Brosius-Gersdorf, eine Kandidatin nominiert, die in den Reihen der Unionsfraktion für erhebliche Unruhe – gerade unter jungen Abgeordneten sorgt. Denn Frau Brosius-Gersdorf ist bekannt als linke Aktivistin. Wohlgemerkt, sie ist nicht nur links, sie ist eine bekannte Ideologin. Um die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag zusammenzubekommen, sind die Stimmen der Linken und der Grünen notwendig, die von der Personalie Brosius-Gersdorf begeistert sein werden. Die Linke hat schon scheinheilig bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion um ein vorbereitendes Gespräch gebeten, nachdem sie vergangene Woche noch mit bösen Konsequenzen gedroht hat, weil TikTok-Heidi (Reichinnek) nicht in den Geheimdienstausschuss darf.
Die rote Frau Brosius-Gersdorf (54) soll also demnächst Teil des zweiten Senats am Bundesverfassungsgericht werden, das ist die Kammer, die für staatsrechtliche Fragen wie etwa Parteienverbote zuständig ist. Und wie sie zu einem Verbot der AfD steht, das hat sie öffentlich schon bekannt, etwa im Juli vergangenen Jahres als sie in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz nicht nur ein Verbot der AfD forderte, sondern allen Ernstes formulierte, sie bedauere, dass mit einem AfD-Verbot „nicht die Anhängerschaft beseitigt“ wäre. Als Lanz nachfragte „Sie wollen nicht Menschen eliminieren?“ verneinte Brosius-Gersdorf das natürlich, bestand aber darauf, AfD-Mitgliedern die Grundrechte entziehen zu wollen, etwa das Grundrecht, gewählt zu werden: „Wir haben die Möglichkeit, Einzelpersonen Grundrechte zu entziehen.“
CDU und CSU sind erkennbar in großer Mehrheit gegen ein AfD-Verbotsverfahren.
Wer die Materialsammlung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zu dem Thema gelesen hat, weiß, wie dünn die Faktenlage ist, die gegen die AfD spricht. Nur, weil ein AfD-Landtagsabgeordneter völkisches Geschwurbel irgendwo abgesondert hat wird, in Deutschland nicht die größte Oppositionspartei verboten. Und wie hoch die rechtlichen Hürden sind, belegt ja auch das jüngste Urteil in Sachen „Compact“-Magazin-Verbot vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Doch der Unmut in der Unionsfraktion wächst auch noch aus einem anderen Grund.
So sagte die Juristin Brosius-Gersdorf im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (SZ):
„Schwangerschaftsabbrüche sollten nicht mehr als Unrecht gelten, sondern als normale medizinische Leistung anerkannt und von den Krankenkassen bezahlt werden.“
Eine Schwangerschaft als Krankheit? Darf so eine Frau Platz nehmen am Tisch des höchsten Gerichtes in Deutschland?
CDU und CSU wären gut beraten, sich das noch einmal gut zu überlegen! Ja, man muss Kompromisse machen in der Politik. Aber dieser Preis ist zu hoch, wenn man es mit dem C im Parteinamen der Christdemokraten noch ernst nimmt.
Merz taumelt ins Kanzleramt – aber um welchen Preis? Das wahre Drama hinter dem zweiten Wahlgang
Geheim-Urteil gegen die AfD: Der Staat brandmarkt – aber die Begründung dafür verrät er uns nicht
CDU unterschreibt ihr Ende – Koalitionsvertrag macht sie endgültig zu rot-grünem Erfüllungsgehilfen
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für viel gelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf seinem Portal kelle-aktuell.de erschienen.
Bild: Screenshot Youtube
Mehr von Klaus Kelle auf reitschuster.de
Wenn Muslime ihre „unzüchtigen Frauen“ klopfen wollen….
Salafisten im Hörsaal, Frauen hinten, Männer vorn – und eine Uni-Leitung, die von Vielfalt spricht. Ein erschütterndes Beispiel fortschreitender Islamisierung an deutschen Hochschulen. Von Klaus Kelle.
Sag mir, wo du stehst: Der Bundestag besetzt sein geheimstes Geheimgremium
Sicher ist nur, wer passt. Das neue Gremium kontrolliert Geheimdienste – und wird selbst zur Blackbox demokratischer Zumutungen. Von Klaus Kelle.
Trump, Musk, Thiel – und Moskau? Eine Spurensuche…
Dieser Text verbindet Namen, die selten zusammen gedacht werden – und stellt unbequeme Fragen, vor denen viele lieber weglaufen. Lesen? Oder ausweichen?
Warum Frau Baerbocks Plagiate für die ARD-Tagesschau kein Thema war
Einst war sie unbestechlich und verlässlich – heute entscheidet Ideologie, was gesendet wird. Ein Ex-Redakteur erzählt. Von Klaus Kelle.
Demokratie nur für die Richtigen?
Statt politischer Auseinandersetzung gibt’s Ausgrenzung. Der Preis: ein wachsender Vertrauensverlust und mögliche Machtwechsel in Ostdeutschland. Von Klaus Kelle.
Rambo Zambo kaputt
Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik scheitert ein Kanzlerkandidat im Parlament. Friedrich Merz fehlen sechs Stimmen. Wie geht es jetzt weiter? Von Klaus Kelle.
AfD „gesichert rechtsextremistisch“: für ein Verbotsverfahren reicht es niemals
Der Inlandsgeheimdienst stuft die AfD als „gesichert rechtsextrem“ ein. Doch wer meint, so lasse sich ein Viertel der Wählerschaft delegitimieren, gefährdet die Demokratie selbst. Von Klaus Kelle.
Lieber Oskar! Bitte sag Deiner Frau, dass es vorbei ist…
Vom politischen Hoffnungsschimmer zum parteiinternen Chaos: Sahra Wagenknecht verliert nicht nur Stimmen, sondern auch die Kontrolle über ihr eigenes Bündnis. Von Klaus Kelle.
Afghanische Ortskräfte: Soll Deutschland sein Wort brechen?
Tausende abgelehnte Asylbewerber bleiben – während wirklich Schutzbedürftige warten. Der Rechtsstaat kapituliert. Ein Land verliert Maß und Moral. Von Klaus Kelle.
Wie der Staatsfunk die Wirklichkeit verdreht
Friedliche Demonstranten, die für das ungeborene Leben einstehen, werden mit Extremisten gleichgesetzt – während ein entscheidender Teil der Wahrheit elegant weggelassen wird. Von Klaus Kelle.
Es ist viel mehr als „nur Fußball“
Fußball ist für viele Männer ein emotionales Refugium – und wird zunehmend zur Projektionsfläche für politische Umerziehung. Das zerstört genau das, was ihn so bedeutungsvoll macht. Von Klaus Kelle.
Die CDU wird sterben, wenn sie die „Brandmauer“ zur AfD nicht jetzt niederreißt
Die CDU droht sich selbst zu entkernen, während die Basis aufbegehrt. Ein Brandbrief aus Köln fordert, was lange tabu war. Ist das der letzte Weckruf vor dem politischen Bedeutungsverlust? Von Klaus Kelle.
Kalt ausgebootet: Frau Baerbock und die Frauen-Soli
Elf Jahre Einsatz ignoriert: Die erfahrene Diplomatin Helga Schmid muss weichen. Ihre geplante internationale Karriere endet abrupt – für Baerbocks persönliche Zukunft in der Weltpolitik. Von Klaus Kelle.