Ein „falscher“ Satz – und Sie stehen beim Verfassungsschutz auf der Liste.
Zum Beispiel: „Die Corona-Politik beruhte auf monströsen Lügen.“
Oder: „Unsere Demokratie wird ausgehöhlt.“
Wer so etwas sagte – zumindest damals, in den Jahren der Lockdowns, Maskenpflichten und Ausgangssperren – wurde vom Staat als Extremist eingestuft.
Was wie eine Karikatur klingt, ist Realität. Das beweist das AfD-Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz, das inzwischen diversen Medien zugespielt wurde – absichtlich oder durch eines der vielen Löcher im Apparat, bleibt offen. Fest steht: Der Text sollte nicht an die Öffentlichkeit. Und das macht ihn umso aufschlussreicher.
Der Kollege Andreas Rosenfelder – für mich einer der wenigen noch furchtlosen Journalisten im Mainstream – hat das Papier, das der „Cicero“ veröffentlicht hat, auf „Welt.de“ akribisch auseinandergenommen. Der Artikel steht leider hinter einer Bezahlschranke – der Inhalt ist aber viel zu wichtig und skandalös, um ihn nicht aufzugreifen. Offiziell soll das Gutachten belegen, warum die AfD als „gesichert rechtsextrem“ gilt. Doch in Wahrheit entblößt es den Verfassungsschutz selbst. Seine überaus dubiosen Methoden. Und das totalitäre Denken, das in das Amt Einzug gehalten hat.
Denn was dort im Abschnitt zur Corona-Zeit auftaucht, ist mehr als ein Nebenbefund. Es ist ein Abgrund.
Beifang aus dem Überwachungsstaat
Kritik an den Pandemiemaßnahmen? Laut Gutachten nicht etwa eine Selbstverständlichkeit in einer Demokratie – sondern der Versuch, „politisches Handeln zu delegitimieren“. Wer den Staat „Diktatur“ nennt – selbst mit DDR-Vergleich – rutscht in die Gefahrenzone. Ein Abgeordneter, der auf „monströse Lügen“ anspielt, landet im Vermerk. Ein Parteifunktionär, der von „totalitären Tendenzen“ spricht – ebenso.
Es geht nicht um Gewalt. Nicht um Umsturz. Es geht um Worte.
Die Formulierung des Gutachtens ist entlarvend: Die AfD habe Narrative genutzt, um „das politische Handeln zu delegitimieren“. Eine Aussage, die man sich rahmen und an jede Journalistenschule hängen sollte – als Negativbeispiel für die Selbstvergiftung eines Rechtsstaats. Denn jede ernsthafte Kritik delegitimiert politische Entscheidungen – das ist ihr Zweck. Und ihre demokratische Funktion.
Dass heute viele Argumente der damaligen Skeptiker bestätigt wurden – von den Schulschließungen über die Impfkampagne bis zur sozialen Spaltung – macht das Ganze noch bitterer. Denn es bedeutet: Der Staat hat nicht nur Fehler gemacht. Er hat auch jene geheimdienstlich erfasst und damit faktisch kriminalisiert, die vor diesen Fehlern warnten.
Der Staat schützt sich – nicht vor Gefahren, sondern vor Kritik
Wer also die Demokratie für ausgehöhlt hielt, galt den Geheimdienstlern als Feind der Demokratie. Wer die Maßnahmen für diktatorisch hielt, war für die Schlapphüte offenbar selbst auf dem Weg zum Totalitarismus. Und wer sagte, man müsse „Nein“ zu dieser Politik sagen – wurde als potenzielle Gefahr für die Verfassung eingestuft.
So sieht sie aus, die neue Logik: Nicht das, was ist, entscheidet über Ihre Gefährlichkeit. Sondern das, was Sie sagen.
Rosenfelder zitiert das Beispiel eines AfD-Funktionärs, der sich bei einer Demonstration für „wahre Demokratie“ aussprach und gleichzeitig vor dem „Abdriften in ein totalitäres Regime“ warnte. Für den Verfassungsschutz war das keine berechtigte Meinung – sondern ein Alarmsignal.
Auch ich selbst bin mit mehr als 1000 Fundstellen beim Verfassungsschutz erfasst. Warum – das verrät mir das Amt nicht (siehe meinen Text Über 1000 Treffer – aber keine Auskunft. Wie der Verfassungsschutz mit einem unliebsamen Journalisten verfährt – und schweigt).
Ein Karton ‚1984‘ für Köln
Man würde den Beamten gern ein Paket mit Orwells Roman schicken – mit Lesezeichen auf „Gedankenverbrechen“. Aber vermutlich würde schon das als Delegitimierung gelten. Ebenso wie ein kritischer Artikel wie dieser hier.
Denn was das Gutachten offenbart, hat nichts mehr mit Kampf gegen Extremismus zu tun. Sondern mit dem Kampf gegen Kritik am Staat. Die Behörde schützt nicht mehr die Verfassung, sondern das Weltbild und die Macht der Regierung. Kritik wird zur Gefahr, Wahrheit zur Störung, Zweifel zum Delikt.
Diese Behörde, die uns und unser Grundgesetz angeblich schützt, verteidigt längst nicht mehr die Freiheit. Sie verteidigt sich selbst und den Staat – gegen alle, die eine andere Meinung haben. Das ist dem Wesen nach zutiefst totalitär.
Und das Tragischste daran: Niemand im Amt scheint es gemerkt zu haben. Oder es stört dort schlicht niemanden mehr.
Die Moral aus der Geschichte:
Nicht, was Sie tun, macht Sie verdächtig. Sondern was Sie denken – und sagen.
Früher hieß es: Wehret den Anfängen.
Heute heißt es: Wer sie erkennt, steht unter Beobachtung.
Und morgen? Heißt es vielleicht: Denken Sie besser nicht zu laut.
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