Von Kai Rebmann
Wie so oft, sind es ausgerechnet die selbsternannten Bewahrer von Demokratie und Meinungsfreiheit, die eben diese elementaren Werte unserer Gesellschaft ad absurdum führen. Das jüngste Beispiel kommt aus Brandenburg und zielt – wer hätte das gedacht? – auf die AfD ab.
Weil die Blauen in einem knapp einminütigen Wahlspot vor Überfremdung und zunehmender Kriminalität in deutschen Städten warnen, also genau den Themen, die vielen Bürgern in diesem Land am meisten unter den Nägeln brennen, setzte die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) den Rotstift an. Der AfD Brandenburg wird aufgetragen, das Video für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren unzugänglich zu machen oder vollständig zu löschen, da es „entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte“ zeige. Den entsprechenden Antrag hatte zuvor die Medienanstalt Berlin-Brandenburg gestellt.
Dabei liegt das eigentliche „Vergehen“ schon gut vier Monate zurück. Im Vorfeld der Landtagswahl 2024 in Brandenburg hat die AfD den Clip breit auf ihren Kanälen insbesondere in den sozialen Medien lanciert. Zu sehen sind darin unter anderem vollverschleierte Frauen und überwiegend junge, dunkelhäutige Männer mit langen Bärten. Dazu werden potenzielle Wähler vor die Wahl gestellt: „Du entscheidest, ob die Ortsmitte deiner Heimatstadt einen Wochenmarkt behält oder einen Drogenmarkt bekommt.“ Oder: „Du entscheidest, ob die Züge endlich wieder pünktlich fahren oder der Bahnhof zum Tatort wird.“
AfD droht Zwangsgeld
Zugegeben, die Szenen wirken an der einen oder anderen Stelle etwas überzeichnet. Andererseits ist Zuspitzung, gerne auch in populistischer Art und Weise, ein weit verbreitetes und grundsätzlich auch anerkanntes Stilmittel der Werbung im Allgemeinen und der politischen Wahlwerbung im Speziellen. Doch für die AfD scheinen einmal mehr ganz andere Maßstäbe zu gelten.
Für Kinder und Jugendliche sollen die gezeigten Bilder – und die visuelle Konfrontation mit der möglichen Zukunft des Landes, in dem sie aufwachsen – nicht zumutbar sein. Zu dieser Einschätzung gelangte jedenfalls die KJM: „Diese Wahlwerbung ist nach unserer rechtlichen Bewertung entwicklungsbeeinträchtigend, weil dort sehr pauschale Stereotype bedient werden. Es geht zum Beispiel um dunkelhäutige Männer, die im Schatten stehen und vermummte Frauen im Kontrast zu blonden Familien. Das ist für Kinder nicht so leicht einzuordnen.“
So hört sich Realitätsverweigerung im Endstadium an. Denn gerade in Berlin und Umgebung sehen sich Kinder und Jugendliche im Alltag längst mit diesen vermeintlich „pauschalen Stereotypen“ konfrontiert, sei es auf dem Schulhof oder in ihrer Nachbarschaft. Sowohl bei KJM als auch MABB beeilen sich die Verantwortlichen zu betonen, dass es sich bei der Maßnahme weder um „Zensur“ noch ein „Verbot“ handele, sondern lediglich eine „medienrechtliche Verfügung“.
Im Klartext heißt das, dass der AfD ab sofort ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500 Euro für jedes Zeigen des Videos ohne geeigneten Jugendschutz sowie eine einmalige „Verwaltungsgebühr“ in Höhe von 1.000 Euro droht. René Springer, Landeschef der AfD Brandenburg und Spitzenkandidat seines Landesverbandes für die Bundestagswahl, sieht das naturgemäß ganz anders: „Diese Zensurmaßnahme der Medienanstalt Berlin-Brandenburg stellt einen Angriff auf die Demokratie dar. Wir sehen in dieser Entscheidung einen schweren Eingriff in die Meinungsfreiheit und Betätigungsfreiheit politischer Parteien, die laut unserem Grundgesetz an der politischen Willensbildung mitwirken.“
Welche Rolle spielen SPD und CDU?
Auf ihrem Youtube-Kanal äußert die AfD Brandenburg unter dem betreffenden Video zudem den Verdacht der politisch motivierten Einflussnahme: „Unter der Leitung von SPD-Politiker Martin Gorholdt und unterstützt von Vertretern der CDU sowie anderen politischen Gruppen wird versucht, unseren Wahlkampf zu behindern und einen starken Mitbewerber in Brandenburg zum Stillstand zu bringen.“
In der Tat wirkt nicht nur die Entscheidung an sich und das damit zum Ausdruck gebrachten Verständnis von Demokratie und Meinungsfreiheit auf Seiten der Medienanstalt reichlich seltsam, sondern vor allem auch der Zeitpunkt mitten im Bundestagswahlkampf. Aber auch dafür präsentieren die Verantwortlichen eine aus ihrer Sicht wohl plausibel erscheinende Erklärung: Es habe sich um ein „nicht alltägliches Verfahren“ gehandelt und die Belange des Jugendschutzes hätten gegenüber dem Parteienprivileg „sehr sorgfältig“ abgewogen werden müssen.
Die AfD hat unterdessen eine Klage gegen den Bescheid beim Verwaltungsgericht Potsdam angekündigt und will die Anordnung zur Löschung des Videos per einstweiliger Verfügung aussetzen lassen.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: Screenshot Tiktok
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