Eine Querfront, welche beispielsweise die grün-linke taz umstandslos zu Fans von Merz und der CDU macht. Das sagt allerdings nicht viel über die „taz“, aber alles über den politischen Standort von Friedrich Merz.
Die „taz“ schreibt, Merz habe die Schuldenbremse bisher noch in jeder Form verteidigt – ist also ursprünglich den Lindner-Kurs gegangen. Der mögliche Kanzler aber übe sich schon in gedanklichen Lockerungen, frohlockt die Zeitung und scheut sich nicht, China als Vorbild zu nehmen. Dort pumpe man gerade über 700 Milliarden Euro in die heimische Wirtschaft. Deutschland leide indes unter der im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse.
Deutschland? Wohl doch eher fehlen weitere Milliarden, die der Ukraine im Krieg zur Verfügung gestellt werden sollen. Der Kanzler hat aus diesem Bedarf gar keinen Hehl gemacht. Die taz bewegt sich am großen rosa Selenskyj-Elefanten vorbei und schreibt:
„Doch der Mann kann rechnen: Auch seine Regierung in spe bräuchte Geld, um die nötigen Investitionen für Digitalisierung, Dekarbonisierung und die Bewältigung des demografischen Wandels zu stemmen.“
Als Oppositionsführer hatte Merz immer klar gemacht, dass mit ihm eine Änderung des Grundgesetzes zur Schuldenbremse nicht zu machen sei. Erst als die Chance für Friedrich Merz, endlich Kanzler zu werden, mit dem Ende der Ampel in den Bereich des Wahrscheinlichen rückte, war auch die Schuldenbremse keine heilige Kuh mehr für Merz.
Die ampelregierungsnahe „taz“ fürchtet jetzt nur noch eines:
Wenn „AfD und das BSW nach der Wahl zusammen mehr als ein Drittel der Sitze haben, könnten sie die Verfassungsänderung blockieren. Das wäre nicht nur doof für ein Kabinett Merz, sondern auch fürs Land. Merz sollte sich deshalb jetzt einen Ruck geben.“
Besser kann man kaum ausdrücken, dass die öko-sozialistische Ideologie einen Kanzler Merz als ihren Kanzler betrachtet, als eine Fortsetzung der grünen Kanzlerschaften von Merkel und Scholz.
Kurz zur Erinnerung: Die Ampel scheiterte – jedenfalls nach offizieller Lesart – an einem Dissens um die Einhaltung der Schuldenbremse zwischen dem Finanzminister auf der einen und dem Bundeskanzler und seinen grünen Kabinettsmitgliedern auf der anderen Seite.
Neues Geld für die Ukraine kann aber nicht nur die Aufhebung der Schuldenbremse beschaffen, sondern ebenfalls die Auflage eines neuen Sondervermögens Bundeswehr. Beides bedarf einer Zweidrittelmehrheit, will man mit Blick auf die Ukraine nicht eine „Notsituation“ ausrufen.
Diese „Notsituation“ wäre allerdings gegeben, wenn Deutschland noch tiefer in den Ukrainekrieg verwickelt würde. Lieferungen von Taurus-Systemen könnten eine Reaktion Moskaus provozieren, die dann von der Bundesregierung als Grund für die Ausrufung einer „Notsituation“ genutzt werden. Wer also in Deutschland ein Interesse an weiteren Waffenlieferungen und kein Interesse daran hat, ein Ende des Krieges auf diplomatischem Wege herbeizuführen, der setzt aggressiv auf die Lieferungen umstrittener Waffensysteme. „Kriegstreiber“ ist hier die legitime wie präzise Bezeichnung.
Rückblick: Mit Beginn des Ukrainekriegs und im Gefolge der scholzschen „Zeitenwende“, beschloss die Bundesregierung im März 2022 Gesetzentwürfe zur Errichtung des „Sondervermögens Bundeswehr“. Eine Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a) wurde beschlossen.
Mit dem Sondervermögen sollten einmalig 100 Milliarden Euro bereitgestellt werden, um die Bundeswehr massiv aufzurüsten. In der Folge wurde dieses Geld entgegen der Idee „Sondervermögen Bundeswehr“ über eine Bestandserneuerung teilweise indirekt für Waffenlieferungen an die Ukraine verwendet. Der „Spiegel“ fasste die Entwicklung Ende 2023 so zusammen:
„Bundeswehr muss Hilfe für Ukraine aus Sondervermögen zahlen – Ampelkompromiss mit Folgen für die Bundeswehr: Künftig muss sie nach SPIEGEL-Informationen den Kauf von Waffen, die sie an die Ukraine abgibt, aus dem Sondervermögen zahlen. Die Union wirft der Koalition Wortbruch vor.“
Das Grundgesetz wurde in Artikel 87 unter anderem um folgenden Satz erweitert:
„(1a) Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann der Bund ein Sondervermögen für die Bundeswehr mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten.“
Die milliardenschwere Unterstützung der Ukraine mit Waffen und Geld hatte also Auswirkungen bis hin zu einer Änderung des deutschen Grundgesetzes.
Der Bundeskanzler wollte sich zudem auf eine „außergewöhnliche Notsituation“ berufen um damit zusätzliche Schulden aufnehmen und die Ukraine unterstützen zu können. Nur über so eine Notsituation kann an der Schuldenbremse vorbei frisches Geld über Kredite freigemacht werden, wenn man nicht erneut das Grundgesetz ändern will. Dieser „Notsituation“ stellte sich Finanzminister Lindner entgegen, es kam zum Bruch der Ampel-Koalition.
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In seiner Wutrede nach dem Ampel-Aus gegen Lindner stellte Scholz die Behauptung auf, sein Ex-Finanzminister habe unter anderem den deutschen Rentnern an den Geldbeutel gehen wollen, anstatt einfach über die Ausrufung einer „Notsituation“ weitere zehn Milliarden für die Ukraine zu ermöglichen.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte nach dem Scheitern der Ampel vor wenigen Tagen nun erneut eine Grundgesetzänderung für das sogenannte Bundeswehr-Sondervermögen ins Spiel gebracht.
Es werden von den verbliebenen Ampel-Teilnehmern und der Union aktuell also zwei Möglichkeiten diskutiert, wie man Selenskyj weitere Milliarden zur Verfügung stellen kann: Mittels einer erneuten Verfassungsänderung entweder an der Schuldenbremse oder am Sondervermögen. Und alternativ eben doch die Ausrufung einer „Notsituation“.
Die Unterstützung der Ukraine steht im Mittelpunkt deutscher Politik und dann kommt lange nichts.
Um was geht es bei der Schuldenbremse? Zunächst einmal soll sie eine weitere Verschuldung des Staates begrenzen. Auch die Schuldenbremse basiert auf einer Änderung des Grundgesetzes, sie wurde 2009 in Artikel 109 und Artikel 115 verankert. Jede Bundesregierung wird also per Verfassung zum Sparen gezwungen. Wer sich nicht daran hält, agiert verfassungsfeindlich.
Aber es gibt eine Ausnahmereglung: In „Notsituationen“ kann die Schuldenbremse vorübergehend ausgesetzt werden. Diese Notsituation kann im Bundestag mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Entsprechend hatte der Kanzler von Finanzminister Lindner die Aussetzung der Schuldenbremse verlangt. Der weigerte sich und berief sich dabei sogar auf seinen Amtseid, die Verfassung zu schützen. Nochmal: Die Schuldenbremse steht seit 2009 im Grundgesetz.
Regierungsnahe deutsche Juristen haben sich anschließend vielfach bemüht, Lindners Argumentation zu widerlegen.
Beispielsweise Prof. Joachim Wieland, der die Bundesregierung schon vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten hat, verteidigte die Annahme einer Notsituation, die Christian Lindner nicht sehen wollte, damit, dass die Lage in der Ukraine, an der Front um Donbass unmittelbar bedrohlich sei. „Da darf die Bundesregierung handeln und muss nicht warten, bis eine Situation eingetreten ist, wo sich womöglich nicht mehr viel retten lässt.“
Da aber auch Wieland weiß, dass die Bundesregierung Deutschland regiert und nicht die Ukraine, argumentierte er damit, dass eine fehlende Unterstützung der Ukraine eine neue Flüchtlingswelle für Deutschland bedeute, „mit auch finanziell großen Folgen“.
Ein Bumerang-Argument, denn dann wäre eine „Notsituation“ jederzeit seit Beginn der großteils illegalen Massenzuwanderung ab 2015 möglich gewesen. Eine „Notsituation“, die nicht nur Geld frei machen, sondern auf europäischer Rechtsebene die Grenzen sofort schließen kann.
Beinahe schon in Vergessenheit geraten: Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass die Schuldenbremse von 2020 bis 2023 ausgesetzt wurde um die immensen Kosten der Maßnahmen und Impfkampagnen überhaupt finanzieren zu können.
Friedrich Merz ist in der Ukrainefrage noch einmal bedingungsloser, als es Olaf Scholz bisher war. Um Kanzler zu werden, wird er alles dafür tun, damit die Ukraine weitere Milliarden bekommt. Er wird vor allem gemeinsam mit der Resteampel und der FDP dafür sorgen, dass es bis zur Wahl eine Sperrminorität der Opposition in den wichtigen Fragen nicht mehr gibt, es also keine Zweidrittelmehrheit mehr braucht.
Wieder der „Spiegel“ schreibt unverblümt auf:
„Wie die Parteien eine Blockade durch AfD und BSW verhindern wollen – (…) Für die Reform der Schuldenbremse oder die Stärkung des Bundesverfassungsgerichts könnte es im nächsten Bundestag zu spät sein.“
Eine verfassungsmäßig verbriefte Stärkung der Opposition ist eine wichtige Lehre aus der Weimarer Republik, damit eine Mehrheit nicht einfach durchmarschieren kann. Den etablierten Parteien ist sie lästig geworden – ihnen ist die Opposition auf dem Weg zum Endsieg lästig geworden. Das elende Verrecken in der Ukraine wird einfach weitergehen. Sie träumen von der bedingungslosen Kapitulation Russlands.
Das Land reicht von Europa bis Alaska. Der Heuschrecken-Kapitalismus wetzt schon sabbernd die Messer.
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Author:
Alexander Wallasch