Auf X hat Yvonne Kussmann wieder mal etwas sehr Kluges zum Thema „Schuldunfähigkeit“ geschrieben:
Viele denken, dass Mörder und sonstige Schwerkriminelle, die aufgrund einer psychischen Erkrankung von einem Gutachter für schuldunfähig eingestuft und in Folge vom Gericht freigesprochen und die Unterbringung im Maßregelvollzug angeordnet wurde, ein Leben lang dort bleiben müssen.
Das ist nicht der Fall. Es gibt einzelne Täter, die tatsächlich viele Jahre untergebracht sind, das sind aber, gemessen an der Gesamtzahl, tatsächlich Einzelfälle.
Der Artikel der „Schwäbischen Zeitung“, der sich auf den Messerangriff des Syrers auf das vierjährige Mädchen bezieht, erklärt das Thema Maßregelvollzug ganz gut.
Ein Patient (ab dem Moment der Unterbringung ist es ein Patient, kein verurteilter Straftäter) wird zu Beginn der Unterbringung in unbehandeltem Zustand gesichert, weil davon ausgegangen wird, dass eine Gefahr von ihm ausgeht.
Dann beginnt die Behandlung /Therapie, zu der neben Medikamenten und psychiatrischer Pflege auch Psychoedukation, Psychotherapie, Arbeits-, Bewegungs- und Ergotherapie sowie soziales Training gehört. Jedes Jahr muss das Gericht überprüfen, ob die Unterbringung noch gerechtfertigt ist, sprich, ob die Erkrankung noch vorliegt und von dem Patienten eine Gefahr für sich und / oder die Allgemeinheit vorliegt. Dazu muss die Klinik ein Gutachten über den Verlauf der Behandlung vorlegen. Nach drei, sechs und dann alle zwei Jahre muss zusätzlich ein externer Gutachter beauftragt werden.
Das ist interessant. Denn um einen Täter für schuldunfähig zu erklären, wodurch in aller Regel vor Gericht ein Freispruch erfolgt, da die Richter meist dem Gutachten folgen, braucht es nur einen Gutachter. Im Fall des Wangener Messerangreifers sagte der Richter im Prozess, dass mit einer sehr langen Unterbringungsdauer zu rechnen sei.
Diese Aussage dient aus meiner Sicht nur zur Beruhigung der Öffentlichkeit. Selben Satz hörte man zum Beispiel auch vom Gericht, vor dem der Mörder des Arztes aus Offenburg stand, der ebenfalls schuldunfähig erklärt, freigesprochen und im Maßregelvollzug untergebracht war. Die Realität war eine andere. Vier Jahre nach der barbarischen Tat erhielt der Somalier unbegleiteten Ausgang und wurde dann, fünf Jahre nach der Tat in Freiheit in seine Heimat abgeschoben. Als unbescholtener Mann wohlgemerkt, da er nicht schuldig gesprochen und verurteilt wurde.
Die ärztliche Direktorin der Forensischen Klinik in Weissenau verrät auch die durchschnittliche Verweildauer von Untergebrachten im Maßregelvollzug in Baden-Württemberg. Es sind gerade mal vier Jahre.
Die Anforderungen an so ein Gutachten über Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit sind niedrig. An jede Schmerzensgeldforderung nach einem Verkehrsunfall z.B. werden höhere Anforderungen hinsichtlich der Nachweispflicht gestellt.
Mir liegen Gutachten vor, in denen der Sachverständige erläutert, dass der Patient Gespräche und Untersuchungen verweigerte, Akteneinsicht in ärztliche Behandlungsunterlagen verweigerte und das Gericht die beantragte, zwangsweise Unterbringung zur Begutachtung des Patienten ablehnte. Schuldunfähigkeit wurde trotzdem festgestellt, der Mörder freigesprochen und im Maßregelvollzug untergebracht.
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Author: Rasender Reporter
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