• 5. November 2024

Stress in der FDP nach Lindners Alleingang

ByJörg

Nov 3, 2024
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Bei den ehemaligen Liberalen geht es gerade drunter und drüber. Kein Wunder, die Existenz der Partei ist gefährdet, das Makel als Mehrheitsbeschaffer des Untergangs wird sie nicht mehr los und es ist mehr als fraglich, ob die FDP jemals wieder im Bundestag was zu melden hat.

Lindner weiß das und hat mit seinem „Papier“ die Notbremse ziehen wollen – ohne sich dabei allerdings mit seinen Parteigenossen abzusprechen:

Der Finanzminister hat offenbar weder die FDP-Bundestagsfraktion noch das Parteipräsidium vorab über sein Wirtschaftspapier informiert, das am Freitagnachmittag öffentlich wurde. Das berichtet der „Tagesspiegel“ am Samstag unter Berufung auf Parteikreise.

Selbst Fachpolitikern lag das Dokument mit dem Titel „Wirtschaftswende Deutschland“ vor der Veröffentlichung am Freitagnachmittag demnach nicht vor. Relativierend hieß es am Samstag laut „Tagesspiegel“ aus Fraktionskreisen: „Das Vertrauen in Christian Lindner ist sehr groß. Es ist schon üblich, dass das nicht breit mit der ganzen Fraktion abgesprochen war.“

Andere Parteivertreter zeigten sich demnach deutlich irritierter über den Alleingang des FDP-Chefs. Auch wenn Lindner inhaltlich bekannte Positionen zusammenfasst, zeigten viele verwundert darüber, dass SPD und Grüne das Dokument eher kannten als die eigenen Leute.

Aufmerksam wurde in der FDP auch der Beitrag von Verkehrsminister Volker Wissing in der FAZ registriert, in dem er zu einer Fortsetzung der Ampel auffordert. Die Fliehkräfte in der FDP seien enorm, das zeige der Aufsatz, hieß es laut „Tagesspiegel“ in FDP-Kreisen. Über den FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr hieß es, dieser habe die Fraktion nicht unter Kontrolle.

Der Chefberater von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Lars Feld, hält derweil dank Lindners Vorstoß sogar eine Fortführung der Ampelkoalition für möglich – allerdings nur unter strikten Bedingungen. Das sagte er dem „Handelsblatt“ (Montagausgabe).

Am Freitag war ein Konzeptpapier Lindners bekanntgeworden, in dem er grundlegende Regierungspositionen infrage stellte. Feld sagte dem „Handelsblatt“ dazu: „Wenn SPD und Grüne ihm dabei weit genug entgegenkommen, muss die Koalition nicht platzen.“ Vor allem in der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Klimapolitik müssten die Koalitionspartner der FDP entgegenkommen.

Seit Monaten wird darüber spekuliert, ob FDP-Chef Lindner die Ampelkoalition scheitern lässt. Das Papier könnte nun sein Mittel dazu werden, da es reihenweise Vorschläge enthält, die den Positionen von SPD und Grünen widersprechen. Lindner will die Forderungen in die anstehenden Verhandlungen um den Haushalt für 2025 einbringen.

„Er muss viele Punkte, aber nicht jeden Punkt durchsetzen“, sagte sein Berater Feld. Christian Lindner sei immer verhandlungsbereit (so nennt man das heute also) gewesen, das werde er auch diesmal sein.

„Die FDP ist in einem Dilemma“, sagte Feld. Mit einem vorzeitigen Ende der Koalition riskiere sie, bei vorgezogenen Neuwahlen an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. „Trägt die FDP aber über Monate bis zum regulären Wahltermin im September 2025 eine falsche Wirtschaftspolitik mit, dann werden die Umfragewerte der FDP nicht besser aussehen und sie wird erst recht aus dem Bundestag fliegen. Daher muss sich jetzt etwas ändern“, so der Freiburger Ökonom.

Die FDP-Basisinitiative „Weckruf-Freiheit“ appelliert derweil an die Parteiführung, die Ampel endlich zu verlassen. Die Basisbewegung plädiert seit gut einem Jahr für ein Ende der Koalition.

Uwe Henn, Sprecher und Mitinitiator, sagte dem Tagesspiegel: „Wir wünschen uns, dass die Ampel jetzt so schnell wie möglich zerbricht. Über eine Vertrauensfrage müssen Neuwahlen angesetzt werden.“ Vor dem Hintergrund der US-Wahl, von Kriegen und einer extrem angespannten Wirtschaftslage brauche man eine handlungsfähige Regierung.

Henn sagte mit Blick auf das Wirtschaftspapier von FDP-Chef Christian Lindner: „Das Papier ist ein Frontalangriff auf den Koalitionsvertrag. Es zeigt: Die Ampel-Parteien passen einfach nicht mehr zusammen. Die Koalition ist komplett dysfunktional.“ Henn forderte: „Christian Lindner muss die Regierung sofort verlassen und es darf auf keinen Fall ein Haushalt verabschiedet werden. Sollte das nicht passieren, gibt der Parteichef die FDP der Lächerlichkeit preis.“

Anderslautende Stimmen bezeichnet Henn als irritierend. Zuvor hatte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) in einem Gastbeitrag für die FAZ gegen ein vorzeitiges Ampel-Aus argumentiert. Henn erklärte: „Ich finde es absolut irritierend, wenn führende FDP-Politiker wie Volker Wissing nun diametral dagegen argumentieren. In der Parteiführung ist man sich offenbar nicht einig. Das zeugt von großer Nervosität. Gerade in einer kleinen Partei sollte es möglich sein, geeint aufzutreten.“

Mit Blick auf Stil und Zeitpunkt der Veröffentlichung sagte Henn: „Ob das neue Wirtschaftspapier so hilfreich ist, darüber kann man streiten. Aber man braucht eben ein Szenario, auf dessen Basis man das Ganze beenden kann. Dass es ein Leak war, daran glauben allerdings wohl die wenigsten – das wird volle Absicht gewesen sein.“

FDP-Fraktionschef Christian Dürr spielt den Naiven und fordert von den Koalitionspartnern, das von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erstellte Wirtschaftspapier zu diskutieren.

„Seit über zehn Jahren fällt unser Land in der Wettbewerbsfähigkeit zurück“, sagte er am Samstag den Sendern RTL und ntv. „Die Große Koalition hinterlässt wirtschaftlich bis heute ihre Spuren. Die deutsche Wirtschaft erwartet deshalb jetzt marktwirtschaftliche Reformen.“

Lindner habe mit seinem Vorschlag ein „ehrliches Angebot“ gemacht, das sowohl finanzierbar sei als auch den Erwartungen der Unternehmen entspreche, so der FDP-Politiker. „Darüber sollten wir jetzt innerhalb der Koalition sprechen.“

Und es gibt natürlich auch Kritik an Überlegungen zu einem Ende der Ampel-Koalition laut. „Die weltpolitische Lage mit Krisen und Kriegen ist sehr gefährlich. In dieser Situation braucht Deutschland eine handlungsfähige Bundesregierung und keinen Wahlkampf“, sagte der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe).

„Wenn die FDP jetzt die Ampel verlässt, wäre das politischer Selbstmord aus Angst vor dem Tod.“ Die FDP brauche jetzt „mehr Realismus“, sagte Baum.

„Ich habe Sorgen, dass die FDP nicht verantwortungsbewusst handelt“, sagte das Urgestein. Parteichef Lindner lasse die Zukunft der SPD/Grüne/FDP-Koalition „bewusst offen“, sagte Baum: „Mal hat man den Eindruck, es wird bald enden. Mal hat man den Eindruck, es geht weiter.“

Er widersprach der These, Lindner habe sich längst für ein Ende der Ampel entschieden. Diese „unklare, unschöne Situation“ führe zu einer politischen Schwäche, „sie macht die Ampel unruhig und unsicher“. Eine Neuwahl des Bundestages sei „verfassungsrechtlich gar nicht so einfach“, sagte Baum, der 1982 gegen das Ende der SPD/FDP-Koalition votiert hatte. „Wenn die FDP aus der Ampel rausgeht“, sagte Baum, „muss sie sagen, wohin sie geht. Es gibt ja gar keine wunderbare Alternative.“

Baum kritisierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Die Richtung der FDP und ihre Strategie seien derzeit nicht erkennbar, sagte Baum. „Ich bin mit der FDP nicht zufrieden. Ich erkenne keine Strategie, um liberale Bürger zu erreichen. Eine solche Strategie zu entwickeln wäre in besonderer Weise Aufgabe des Generalsekretärs. Er müsste die Zukunft des Liberalismus intonieren.“

Gefragt nach den Zustimmungswerten für die FDP, die in bundesweiten Umfragen bei vier Prozent liegt, sagte Baum: „Und unsere Sachkompetenz liegt bei einem Prozent.“

Mal schauen, ob das Strohfeuer doch vielleicht noch zu einem politischen Flächenbrand wird und die Ampel endlich im übertragenden Sinne zu Asche wird und Deutschland wie Phönix aus dieser wieder steigen kann. (Mit Material von dts)

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Author: Rasender Reporter
Journalistenwatch

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