• 27. November 2024

Die Debatte über die Zuwanderung geht am Wesentlichen vorbei

ByPressemitteilungen

Feb 18, 2015

Gesetzgebung hat Placebo-Effekt

Deutschland debattiert über ein Punktesystem zur Steuerung der Zuwanderung. Dabei richten sich die potentiellen Zuwanderer weniger nach Gesetzen, sondern nach der Sprache. Und hier hat Deutschland immer noch gravierende Nachteile gegenüber Kanada, den USA oder auch den skandinavischen Ländern, meint der Personalexperte Michael Zondler.

Von Ansgar Lange +++ Während in Dresden und anderswo Zehntausende Bürger der Meinung sind, das Boot sei voll, diskutiert die Politik über ein neues Einwanderungsgesetz. Und während man in Sachen Bildung gern auf skandinavische Vorbilder verweist, ist Kanada in der Einwanderungsdebatte für viele Politiker und Zeitungsleute das Maß aller Dinge.

„Von Kanada lernen“ war denn auch ein Leitartikel von Dorothea Siems in der Tageszeitung Die Welt http://www.welt.de/print/welt_kompakt/debatte/article137327255/Von-Kanada-lernen.html überschrieben. In Kanada sei man schon viel weiter als bei uns, meint die Redakteurin: „Staat, Wirtschaft und Ehrenamtliche kümmern sich um jeden Einzelnen, der in das Land kommt. Staatlich unterstützte Organisationen sorgen dafür, dass die Zuwanderer, die mit ihren Familien kommen, vom ersten Tag an in lokale Netzwerke integriert werden. Einheimische Familien werden den Migranten, die das wollen, für ein paar Monate zur Seite gestellt, um ihnen beispielsweise bei Behördengängen zu helfen, aber auch um Kontakte herzustellen.“

CDU-Generalsekretär Peter Tauber will die „richtige Einwanderung“ fördern, die der wirtschaftlichen und demographischen Lage Deutschlands gerecht werde. Tauber ist der Meinung, dass wir eine „Debatte über ein deutsches Leitbild, über den gesellschaftlichen Konsens und geltende Werte“ bräuchten.

„Die derzeitige Diskussion über Zuwanderung kling häufig stärker nach Feuilleton denn nach Wirtschaftsteil. Letztlich handelt es sich um eine Phantomdebatte. In Deutschland erliegt man dem Irrglauben, man brauche nur ein neues Gesetz, und schon richte sich die Wirklichkeit nach diesem. Meiner Meinung nach ist es aber vor allem die Sprachbarriere, die zum Beispiel Asiaten verleitet, eher nach Kanada oder in die USA zu gehen statt nach Deutschland. Um hieran etwas zu ändern, müsste – wie in den Niederlanden und skandinavischen Ländern auch – die englische Sprache für uns Deutsche so selbstverständlich sein wie unsere Muttersprache“, sagt Michael Zondler, Geschäftsführer des Personalberatungsunternehmens centomo http://www.centomo.de mit Firmensitzen in London, Ludwigsburg und Sindelfingen.

Zondler zufolge werde ein wie auch immer geartetes neues Zuwanderungsgesetz nur einen Placebo-Effekt haben. Ein Punktesystem wie in Kanada würde nach Ansicht des OECD-Migrationsexperten Thomas Liebig die Zuwanderung nach Deutschland nicht maßgeblich verändern, da die jetzige Gesetzgebung auch nicht als besonders restriktiv zu werten sei. „Österreich hat im Sommer 2011 ein Punktemodell eingeführt, es hat aber bei weitem nicht zu dem Anstieg geführt, den die meisten Leute erwartet haben“, so Liebig gegenüber der Berliner Zeitung.

Englisch muss langfristig zur Amtssprache werden

Zondler hält es für einen Irrglauben, dass Zuwanderer in erster Linie auf die deutsche Gesetzeslage schauen: „Die meisten qualifizierten potentiellen Zuwanderer beherrschen die englische Sprache. Und bei uns ist das Englische leider immer noch nicht selbstverständlich bei Behörden und in Unternehmen.“

Der FDP-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff fordert daher: „Deshalb muss Englisch in Deutschland Verwaltungssprache werden, mittelfristig vielleicht sogar Amtssprache. Englisch ist heute lingua franca, die globale Verkehrssprache. Sie wird in Europa, Asien und Lateinamerika flächendeckend unterrichtet. Schon deshalb ist sie die praktikabelste Lösung. Die Bevölkerung ist aufgeschlossen: Sechzig Prozent der Deutschen fänden es gut, wenn Englisch zweite Amtssprache in ganz Europa würde, die Hälfte, wenn Deutschland voranginge.“

Wichtiger als die aktuelle Gesetzeslage sei auch das Bild, welches man sich im Ausland von Deutschland mache, sagt centomo-Geschäftsführer Zondler. „2006 haben wir mit der Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land ein tolles Außenbild abgegeben. Die Bilder der Pegida-Demonstrationen sind hingegen absolut kontraproduktiv. Wenn sie über Millionen von Bildschirmen im Ausland flimmern, zerstören sie gleichsam über Nacht jede schöne Imagekampagne für ein weltoffenes und tolerantes Deutschland, das auf ausländische Fachkräfte durchaus angewiesen ist.“

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