Zu ehrgeizig oder nicht ambitioniert genug: Öffentlichkeit beurteilt weibliche CEOs kritischer als männliche Vorstandschefs. Frankfurt – · Auswertung von 20.000 Presseartikeln zeigt: Frauen in Führungspositionen werden nach anderen Kriterien bewertet als Männer
· Weibliche CEOs stecken in Dilemma: zu ehrgeizig oder zu zögerlich
· Bei Männern steht fachliche Eignung im Vordergrund, bei Frauen die Persönlichkeit
Weibliche CEOs werden in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich kritischer beurteilt als ihre männlichen Kollegen. Zudem unterliegen sie unbewussten Vorurteilen und unterschiedlichen Maßstäben. Das zeigt eine neue Studie der Personalberatung Russell Reynolds Associates (RRA). Frauen in Spitzenpositionen werden demnach sehr viel häufiger als Männer dafür kritisiert, entweder „zu ehrgeizig“ oder aber „nicht ambitioniert genug“ zu sein – sie sind gefangen in dem Dilemma, es nicht richtig machen zu können.
Die Studie basiert auf einer Auswertung von mehr als 20.000 Medienartikeln zu den rund 750 CEOs der größten börsennotierten Unternehmen Europas, den USA und Großbritanniens, die in den Börsenindizes FTSE 100 (UK), S&P 500 (USA) und Euronext 100 (Europa) zusammengefasst sind. Die Artikel zitieren oder spiegeln die Einschätzungen von Analysten, Aktionären und Aufsichtsräten. Dabei offenbaren sich deutliche Unterschiede in der medialen Darstellung und öffentlichen Wahrnehmung von Männern und Frauen in Führungspositionen.
Ambition als Stolperstein
Mithilfe von Algorithmen wurde untersucht, mit welchen Attributen CEOs in Medienberichten beschrieben werden. Besonders auffällig: das Thema Ehrgeiz. Bei weiblichen CEOs wird Ehrgeiz um fast drei Viertel (73 Prozent) häufiger thematisiert als bei den männlichen Kollegen – allerdings meist negativ. Frauen in Top-Positionen befinden sich dabei in einer Zwickmühle. Sie werden doppelt so häufig (+110%) wie ihre männlichen Kollegen als „zu ehrgeizig“ beschrieben. Gleichzeitig wirft man ihnen aber genauso oft fehlende Ambitionen vor.
Ein ähnliches Muster zeigt sich bei der Frage nach dem Selbstbewusstsein: Bei keinem einzigen weiblichen CEO wird das richtige Maß an Selbstvertrauen diagnostiziert. Stattdessen werden Frauen an der Spitze dreieinhalbmal (250%) häufiger als Männer als „nicht selbstbewusst genug“ beschrieben, während Männer umgekehrt 25% häufiger als „übermäßig selbstbewusst“ bezeichnet werden.
«Frauen können es einfach nicht richtig machen: sie sind entweder zu ehrgeizig oder zu passiv. Die Gesellschaft erwartet von weiblichen Führungskräften, auf einem schmalen Grat zu balancieren: Kompetenz erfordert sichtbar gelebten Ehrgeiz, Beliebtheit hingegen oft die bewusste Zurückhaltung eigener Ambitionen. Kein Wunder, dass viele Frauen zögern, ihren Führungsanspruch überhaupt deutlich zu machen», sagt Dr. Annette Dölker, Expertin für CEO-Beratung bei RRA.
„Im vertraulichen Gespräch erzählen weibliche Führungskräfte immer wieder, dass sie an anderen Maßstäben gemessen werden“, sagt Annette Dölker. „Medienberichte spiegeln dabei lediglich wider, was tief in unserer Gesellschaft verankert ist. Dieses Problem beginnt nicht in den Medien, sondern in den Köpfen.“
Überproportional viele negative Kommentare bei Rücktritten von Frauen
Über alle Unternehmen der weltweit 12 größten Börsenindizes stellten Frauen im vergangenen Jahr lediglich 11 Prozent aller CEO-Neuberufungen und nur 6 Prozent aller Abgänge. Trotzdem standen sie überproportional stark im Rampenlicht. Weibliche CEOs wurden in den Medien 25% häufiger als männliche Vorstandsvorsitzende erwähnt – insbesondere dann, wenn sie ihren Posten verließen (70% mehr Medienaufmerksamkeit). Ihre Abgänge wurden deutlich häufiger negativ kommentiert als bei Männern (28% negative Kommentare bei Frauen, 18% bei Männern).
„Die unterschiedlichen Bewertungsmassstäbe machen den CEO-Job für Frauen zu einem Spießrutenlauf“, erklärt Dölker weiter. „Die Rolle ist ohnehin einsam, hinzu kommt bei Frauen eine enorme öffentliche Aufmerksamkeit, die oft negativ ausfällt. Das wirkt abschreckend auf die nächste Generation weiblicher Top-Managerinnen.“
Männliche Innovation versus weibliche Intuition – Geschlechterklischees halten sich
Die Untersuchung zeigt auch, wie unterschiedlich weibliche und männliche Führungskräfte charakterisiert werden: Männer werden häufiger als „innovativ“ beschrieben, Frauen dagegen vor allem als „inspirierend“. Während männliche CEOs stärker für fachliche Kompetenzen gelobt werden (24% häufiger als Frauen), stehen bei weiblichen CEOs persönliche Eigenschaften und zwischenmenschliche Qualitäten im Vordergrund (27% häufiger als bei Männern).
Annette Dölker fordert deshalb, Führungsqualität auch in der öffentlichen Beurteilung frei von geschlechterspezifischer Voreingenommenheit zu beurteilen: „Wenn wir als Berater Kandidaten für CEO-Positionen vorschlagen, bewerten wir Kompetenzen nach festen, geschlechterneutralen Kriterien. Stehen die CEOs dann aber im Rampenlicht der Öffentlichkeit, werden – häufig unbewusst – immer wieder alte Geschlechterklischees zur Bewertung herangezogen. Um das zu ändern, hilft zum einen eine frühzeitige gezielte Karriereförderung, die Frauen Zugang zu den bisher von Männern dominierten Führungspositionen mit Ergebnisverantwortung verschafft. Das sind Positionen wie Finanzchef (CFO), Chief Operating Officer (COO), Bereichsleitung oder die Leitung einer Region, die direkt zum CEO-Posten führen. Zum anderen müssen wir das Klischeedenken offen adressieren, um es langfristig aus den Köpfen zu bekommen.“
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Über Russell Reynolds Associates
Russell Reynolds Associates ist eine der weltweit führenden Personalberatungen bei der Besetzung von Spitzenpositionen. Rund 520 Berater unterstützen von 48 Standorten aus weltweit private, öffentliche und Nonprofit-Organisationen verschiedenster Branchen bei der Auswahl geeigneter Führungskräfte. Sie helfen Kunden dabei, Führungskräfteteams aufzubauen und auf die Herausforderungen, die sich für die Geschäftswelt aus den digitalen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen ergeben, vorzubereiten – von der Definition der spezifischen Anforderungen an Führungskräfte bis zur Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten. Das Unternehmen ist vollständig im Besitz der im Unternehmen tätigen Partner. Neben dieser Unabhängigkeit sind es vor allem die weltweit agierenden Spezialistenteams für einzelne Branchen, mit denen sich Russell Reynolds Associates vom Wettbewerb abhebt. Mehr unter www.russellreynolds.com und bei Twitter @RRAonLeadership.
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