Der am linken Rand verortete Aktivist und Autor Arne Semsrott hat gestern auf der von ihm geleiteten Plattform „FragDenStaat“ einen Artikel zu Bestrebungen einer Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetz veröffentlicht, die unabhängig von der politischen Verortung hellhörig machen sollten.
Dieser Vorschlag, der aus den Koalitionsverhandlungen geleakt wurde, sieht die Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) vor, das seit 2006 Bürgerinnen und Bürgern das Recht einräumt, auf Antrag Zugang zu amtlichen Informationen von Behörden zu erhalten.
Seine Informationen will Semsrott aus einem geleakten Verhandlungspapier der Koalitionsarbeitsgruppe „moderne Justiz“ entnommen haben. Der Autor sieht die Zukunft von Transparenz und demokratischer Kontrolle in Deutschland gefährdet.
Das IFG wurde 2006 eingeführt und verpflichtet Behörden, auf Anfrage Dokumente wie Verträge, interne Weisungen oder E-Mails herauszugeben. Die Idee dahinter ist einfach: Das Gesetz soll die Demokratie stärken, indem es staatliches Handeln transparent macht. Jeder Bürger und die Medien haben die Möglichkeit, die Regierung und Verwaltung zu befragen und so zu kontrollieren.
Arne Semsrott schreibt, dass über die Plattform FragDenStaat seit Inkrafttreten des Gesetzes fast 300.000 Anfragen gestellt wurden, die zahlreiche Skandale ans Licht gebracht haben.
Aus dem veröffentlichten Verhandlungspapier der Arbeitsgruppe „moderne Justiz“ gehe hervor, so Semsrott weiter, dass CDU und CSU das IFG in seiner bisherigen Form abschaffen wollen. Der Vorschlag stehe obendrein auch noch im Abschnitt „Stärkung der repräsentativen Demokratie“, was für den Autor eine paradoxe Begründung darstellt, da das IFG gerade die demokratische Kontrolle durch die Öffentlichkeit unterstützt.
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Die genauen Beweggründe der Union werden im Papier nicht detailliert ausgeführt. Empfindet die Union Transparenz möglicherweise als Einschränkung ihrer Handlungsfreiheit? Die SPD, als Verhandlungspartnerin, hat dem Vorschlag bisher nicht zugestimmt. Zieren sich die Sozialdemokraten nur, so offen gegen die Bürger zu agieren oder gibt es hier ernstzunehmende Differenzen in zwischen den Koalitionären?
Besondere Aufmerksamkeit erhält bei Semsrott der CDU-Politiker Philipp Amthor. Er ist Verhandlungsführer der Union in der genannten Arbeitsgruppe.
Amthor nämlich geriet 2018 selbst in die Schlagzeilen, als durch IFG-Anfragen eine umstrittene Nebentätigkeiten des Bundestagsabgeordneten für das IT-Unternehmen Augustus Intelligence öffentlich wurden. Amthor hatte damals Bundestagsbriefpapier genutzt, um für das Unternehmen beim Wirtschaftsministerium zu lobbyieren, was Kritik an Interessenkonflikten auslöste. Will Amthor sich hier ganz persönlich zukünftig lästiger Nachfragen entledigen?
Semsrott bezeichnet den Vorschlag der Union als „Frontalangriff auf die Informationsfreiheit“ und vermutet, dass CDU und CSU „unbehelligt durchregieren“ wollen, ohne durch demokratische Rechte der Öffentlichkeit gestört zu werden. Fakt ist: Eine Abschaffung des IFG würde die Möglichkeit, staatliches Handeln zu überwachen, erheblich einschränken.
Ob der Vorschlag tatsächlich in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden wird, ist bisher unklar, da die Verhandlungen noch andauern. Abzuwarten bleibt also, ob der Vorschlag Bestand haben wird. Wenn dem so ist, kann da eine erhebliche Beschädigung demokratischer Prozesse bedeuten.
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Author:
Alexander Wallasch