Das Justizministerium will einen neuen Gesetzesentwurf vorlegen – eine Art „Anti-SLAPP“-Gesetz. Es geht um die Erschwerung von Einschüchterungsklagen großer Unternehmen oder Leute, die es sich leisten können, gegen Journalisten zu klagen, die ihnen nicht genehm sind.
Auf Anfrage teilt das von der SPD-Politikerin Stefanie Hubig geführte Ministerium gegenüber Alexander-Wallasch.de mit, um was es geht:
„Gerichte sollen bessere Möglichkeiten erhalten, mit sogenannten Einschüchterungsklagen umzugehen. (…) Unter Einschüchterungsklagen werden unbegründete Klagen verstanden, die darauf abzielen, missliebige Beiträge zur öffentlichen Meinungsbildung zu unterdrücken. Sie richten sich zum Beispiel gegen Journalistinnen und Journalisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder Nichtregierungsorganisationen.“
Solche Einschüchterungsklagen werden auf Englisch auch als SLAPP bezeichnet („Strategic Lawsuits Against Public Participation“). Aber wer beurteilt eigentlich, was eine Einschüchterungsklage ist? Dazu gleich mehr.
Das Ministerium teilt gegenüber Alexander-Wallasch.de weiter mit, dass der veröffentlichte Gesetzentwurf zurückgeht auf die Anti-SLAPP-Richtlinie der EU, „die damit ins deutsche Recht umgesetzt werden soll.“
Die etablierte regierungsnahe Berichterstattung über das neue Gesetz vermittelt nun überwiegend den Eindruck, es handle sich dabei um ein Gesetz, das den Journalismus besser vor Klagen schützt.
Was hierbei aber nachhaltig irritiert und aus naheliegenden Gründen Alexander-Wallasch.de alarmiert: Es ist in unserem Fall der Staat selbst, der uns etwa über die GEZ-finanzierte Landesmedienanstalt mit Klagen überzieht.
Es ist der Staat selbst, der über seine ehemalige Bundesinnenministerin ankündigte, die neuen Medien auch finanziell auszutrocknen und unsere Finanzierungsmodelle anzugreifen – begleitet wird diese Forderung von Bankkündigungen gehorsam vorauseilender Bankinstitute.
Was das SPD-geführte Justizministerium hier unter der Schirmherrschaft des Bundeskanzlers organisiert, ist ein trojanisches Pferd. Über die Behauptung, Journalisten vor Klagen schützen zu wollen, werden Wissenschaftler wie Christian Drosten und NGOs wie Correctiv mal eben Journalisten gleichgestellt und mit Sonderrechten ausgestattet, die noch weit über den per Grundgesetz verbrieften Schutz der Vierten Gewalt hinausgehen.
Hier soll der NGO-Komplex eine Ritterrüstung gegen Kritik und Klagen ihrer Opfer bekommen.
Jetzt könnte man sagen, es handle sich um eine verpflichtende Vorgabe der EU, die hier umgesetzt wird. Aber dabei vergisst man zum einen – das ist die Metaebene –, dass die EU hier grundsätzlich den Willen ihrer Mitgliedstaaten umsetzt. Aber es geht um noch viel mehr. Das Justizministerium teilt gegenüber Alexander-Wallasch.de mit:
„Der Gesetzentwurf setzt die Vorgaben der EU-Richtlinie im Wesentlichen 1:1 um. Beim Anwendungsbereich geht er jedoch in einem Punkt darüber hinaus: Die neuen Regelungen gelten nicht nur für Sachverhalte mit grenzüberschreitendem Bezug, sondern auch für rein nationale Sachverhalte.“
Das ist der deutsche Sonderweg, mit dem die mit hunderten von Millionen Euro Steuergeldern finanzierten (beispielsweise via Programm „Demokratie leben!“ aus dem Familienministerium) NGOs gegenüber Kritik und dem Rechtsweg immunisiert werden sollen. Das trojanische Pferd befindet sich im Zieleinlauf.
Die SPD-Ministerin bemängelt, dass „Organisationen, Vereine, Journalistinnen und Wissenschaftler mit missbräuchlichen Klagen überzogen“ werden, „und zwar so massiv, dass sie hauptsächlich damit beschäftigt sind, sich zu verteidigen und das zu finanzieren“.
Aber es geht ja kaum bigotter! Denn das ist doch im Kern, was die GEZ-finanzierte Landesmedienanstalt gerade mit Alexander-Wallasch.de und anderen praktiziert. Wir werden mit Klagen überschüttet, die unsere journalistische Arbeit unmöglich machen, verbunden beispielsweise mit der Aufforderung, tausende Artikel im Archiv zu überarbeiten.
Und es hört nicht auf, immer kommt noch etwas Neues hinzu. Wenn wir NGOs kritisieren, werden wir mit Unterlassungsklagen bombardiert und müssen Anwälte engagieren, die diese Angriffe von der Platte räumen – und regelmäßig wachsen neue nach. Es geht ans Eingemachte bis dahin, dass man uns diffamiert und eine Verletzung der Sorgfaltspflicht unterstellt. Im Ergebnis bleibt immer weniger Zeit, überhaupt noch Artikel online zu stellen.
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Das Justizministerium teilt uns per Anfrage heute Vormittag mit, die neuen Gesetzesregelungen sollen dann zur Anwendung kommen, wenn unter anderem der „Hauptzweck des Rechtsstreits darin besteht, öffentliche Beteiligung zu verhindern, einzuschränken oder zu sanktionieren. Eine öffentliche Beteiligung ist zum Beispiel die Teilnahme an einer Demonstration, die Veröffentlichung eines Artikels in einer Zeitung, ein Post in den sozialen Netzwerken oder die Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Studie.“
Das muss man sich jetzt ganz langsam gegenseitig vorlesen: Denn das ist in Sachen Schwammigkeit ein echtes Glanzstück. Was wird hier gesagt? Nichts anderes, als dass erfolgreiche Klagen, wie etwa jene von Prof. Ulrich Vosgerau gegen Correctiv, zukünftig weiter und noch massiver behindert werden sollen – verunmöglicht werden sollen!
Oder anders: Wenn eine NGO eine diskreditierende oder diffamierende Behauptung aufstellt – die nicht einmal der Sorgfaltspflicht unterliegt, man ist ja kein Journalist –, dann ist diese mit dem „Anti-SLAPP“-Gesetz gegen Klagen geschützt!
Sie wollen das alles nicht glauben? Dann lesen Sie bitte, was uns das Justizministerium weiter mitteilt:
„Es soll ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot für die Verhandlung und Entscheidung gelten. So wird gewährleistet, dass missbräuchliche Klagen im frühestmöglichen Zeitpunkt abgewiesen werden können, ohne den gerichtlichen Prüfungsmaßstab einzuschränken.“
Hier wird also nichts anderes unterstellt, als dass Klagen gegen staatlich finanzierte NGOs schon grundsätzlich etwas Missbräuchliches anhängt, das es zu bekämpfen gelte. Oder anders: Der Rechtsweg ist für jene zukünftig ausgeschlossen, die von Freunden der Regierung diffamiert, diskreditiert und ausgegrenzt werden.
Aber keine Sorge, es kommt noch schlimmer. Der neue Gesetzesentwurf sieht vor, dass auf Antrag der beklagten NGO oder des Staatswissenschaftlers der Kläger (!) dazu verdonnert wird, eine Geldsumme zu hinterlegen, welche den Prozess abdeckt. Das Justizministerium antwortet Alexander-Wallasch.de:
„Auf Antrag der Beklagten oder des Beklagten und Anordnung des Gerichts soll die Klägerin oder der Kläger verpflichtet werden können, für die voraussichtlichen Prozesskosten einschließlich der Kosten der Rechtsverteidigung der Beklagtenseite Sicherheit zu leisten.“
Gemessen beispielsweise daran, welche immensen Kosten Prof. Vosgerau gegen Correctiv entstanden sind, kann man sich vorstellen, was das nun noch an zusätzlichen Mitteln bedeutet.
Klagen kann nur noch, wer es sich leisten kann! Die mit hunderten von Millionen Euro subventionierten NGOs haben damit keine Probleme, sie haben ihre ausgefetteten Rechtsabteilungen, sie bekommen vom Staat die Mittel satt, sie klagen auf Teufel komm raus gegen jede Kritik und haben überhaupt kein finanzielles Problem damit.
Aber sie haben natürlich keinen Bock mehr darauf. Und da kommt das Justizministerium der Regierung Merz ihrem Vorfeld zur Hilfe.
Wer schützt uns vor solchen NGOs? Wer schützt uns vor der Regierung? Dieses Gesetz jedenfalls nicht. Bzw. könnte es im Gegenzug natürlich spannend werden, wenn der Spieß einmal umgedreht wird. Dann stehen plötzlich Habeck und Strack-Zimmermann auf der Anklagebank und auf der anderen Seite sitzen dann Rentner Stefan Niehoff, der sich auf das neue Gesetz beruft?
Wetten, dass das nicht passieren wird? Weil es nicht im Sinne der Regierung und ihres Vorfeldes ist.
Das geplante Gesetz will noch mehr Kosten verursachen, damit die Hürde noch größer ist, eine NGO zu verklagen. Das Justizministerium antwortet Alexander-Wallasch.de:
„Rechtsanwaltskosten der obsiegenden Beklagtenseite sollen künftig auch über die gesetzlichen Gebührensätze hinaus erstattungsfähig sein, soweit diese Kosten üblich und angemessen sind.“
Mit anderen Worten: Man kann nicht einmal genau sagen, wie hoch die Gegenseite die eigenen Kosten zu treiben gedenkt. Was man allerdings weiß, ist, dass man sie bezahlen muss. Und zwar im Voraus, als Sicherheitsleistung! Und was angemessen ist, entscheiden andere. Und sicher nicht zugunsten des Klägers gegen eine NGO.
Und weiter:
„In der Kostenentscheidung soll das Gericht der Klägerin oder dem Kläger als Sanktion eine besondere Gerichtsgebühr auferlegen können. Diese darf maximal so hoch sein wie der allgemeine Gebührensatz des Verfahrens.“
Die Justizministerin lässt gegenüber Alexander-Wallasch.de mitteilen:
„Der Entwurf wurde heute an die Länder und Verbände verschickt und auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 1. August 2025 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden ebenfalls auf der Internetseite veröffentlicht.“
Gut, dann wollen wir unsere Stellungnahme einmal einreichen, mal schauen, ob diese veröffentlicht wird.
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Author:
Alexander Wallasch