• 21. Februar 2025

Selenskyj als Hitler-Erbe? Dreiste Kreml-Fälschung entlarvt

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Feb. 11, 2025

Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle

Wenn Sie viele Menschen seit Jahren kennen, gebildete und außerordentlich sympathische Menschen, dann wundern Sie sich irgendwann, wie es möglich war, sie in eine Blase aus Verschwörungstheorien hineinzuziehen, aus die sie nicht mehr herausfinden. Nein, schlimmer, aus die sie gar nicht mehr herausfinden wollen.

An jeden Morgen, wenn ich die Sozialen Netzwerke durchforste nach verwertbaren Themen, stoße ich auf ganz heiße Informationen – meist in Form bunter Kacheln oder professionell produzierten Kurzvideos, die ganz offenkundig kompletter Schwachsinn sind.

Vor ein paar Monaten lief da dieses Ding, dass Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine und im Krieg, für 60 Millionen Euro „ein Spielcasino auf Zypern“ gekauft habe. Das war im Netz optisch aufgemacht, wie eine Schlagzeile aus der „Bild“. Man lacht dann immer schnell über diesen hanebüchenen Schwachsinn, aber…viele Leute glauben das, erschreckend viele.

Konkret hatte ein türkisches Online-Newsportal veröffentlicht, Selenskyj habe ein Luxus-Casino im Norden Zyperns gekauft. Der – mittlerweile gelöschte – Artikel beschrieb, bei dem angeblichen Deal handele es sich um das Vuni Palace Hotel im Örtchen Karakum. Als die Fake News-Operation im Internet – sicher zufällig – weite Verbreitung fand, wandten sich Journalisten an den Eigentümer des Hotels, die Oscar Group of Companies. Die versicherte, dass die Selensky-Geschichte falsch ist und jeglicher Grundlage entbehre. Das Unternehmen nannte den Bericht ausdrücklich „betrügerisch“.

Auch Zyperns Präsident Niko Christodoulidis bestätigte, dass es nicht den geringsten Anhaltspunkt für einen solchen Plan gebe. Die ukrainische Botschaft auf Zypern vermutete, dass die in Umlauf gebrachte Behauptung eine russische Propagandaaktion sei.

Sicher wird die Geschichte dennoch weiter in Putin-freundlichen Communitys verbreitet.

Einfach, weil Moskau im Westen, besonders in Deutschland, ein leichtgläubiges und ängstliches Publikum für solche Geschichten vermutet. Auch die Geschichte von Frau Selenskyj, die angeblich in London für Tausende Euros Seidenwäsche gekauft habe, ist frei erfunden. Natürlich suggeriert man uns beiläufig, dass das Geld vom deutschen Steuerzahler stamme, was ebenfalls Bullshit ist. Und viele fragen sich leider nicht automatisch, wieso dann im Netz zufällig zeitgleich die Rechnung des angeblichen Einkaufs von Elena Selenska herumschwirrt.

Eine Bombe für Blöde war schließlich die Geschichte zu Corona-Zeiten, Microsoft-Gründer Bill Gates lasse über massenweise Impfungen Millionen Menschen Mikrochips in deren Körper einsetzen, um mit Hilfe dieser Implantate und 5G die Menschheit unter Kontrolle zu bekommen. Auch das ist hanebüchener Unsinn, aber viele Menschen glauben es, weil sie es glauben wollen.

Und bei Selensky?

Außer wenn er seine eigenen Videos veröffentlicht oder auf irgendeiner Konferenz irgendwo spricht, glauben Sie am besten gar nichts mehr, was sie über ihn lesen!

Jeder weiß, dass im Krieg die Regel gilt “first take the leader out“, also zuerst den Anführer des Feindes ausschalten. Das ist dann schon der halbe Sieg. Als Putin den Befehl zum Angriff auf die Ukraine gab, war sein erstes Ziel, Kiew zu erobern, Selenskyj und seine Minister auszuschalten, und eine kremltreue Marionette einzusetzen. Er hat sich verrechnet, der Herr Putin.

Auch die Geschichte, Selenskyj sei mit seiner Familie von der – sehr ideenreich – CIA in die USA ausgeflogen worden, war Fake News und Teil der psychologischen Kriegsführung Russlands.

Wolodymyr Selenskyj ist der Albtraum für Putin

Der Mann ist immer noch im Kommandostand bei der Verteidigung seines Landes gegen barbarische russische Angriffe. Und das Trommelfeuer gegen Selenskyj im Internet ist kein Zufall, es wird gesteuert und orchestriert von russischen Bloggern aus der Trollfabrik in St. Petersburg.

Das Kehlsteinhaus in Berchtesgaden

Am vergangenen Samstag in der Mittagszeit erreichte mich eine Nachricht von einem alten (BILD-)Kollegen, der mir ein zweiminütiges Video schickte, in dem – garniert mit historischen Filmschnipseln und Fotos angeblicher Kaufdokumente – erzählt wird, das Kehlsteinhaus auf dem Obersalzberg, das seit 1952 als Berggaststätte geführt wird und im Besitz des Freistaates Bayern ist, sei in finanziellen Schwierigkeiten. Und deshalb wolle Bayern die Immobilie, die 1937 als „Teehaus“ für Obernazi Adolf Hitler gebaut wurde, nun verkaufen.

Das Kehlsteinhaus ist eine Touristenattraktion, gut 300.000 Touristen kommen alljährlich, um sich die Bude anzuschauen. Von finanziellen Nöten keine Spur, das Haus ist eines der beliebtesten touristischen Ziele in Bayern.

Aber es wird noch besser:

Der neue Käufer stehe bereits fest, heißt es in dem Video weiter. Es handele sich um ein italienisches Unternehmen namens San Tommasso SRL, das bereit sei, das Kehlsteinhaus den Bayern abzukaufen für 14,2 Millionen Euro. Und, halten Sie sich jetzt bitte fest: Die San Tommasso SRL gehöre… dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Man möchte laut auflachen….

Vertragspartner sei die bayerische Behörde namens „Immobilien Freistaat Bayern“ (IMBY), die es tatsächlich gibt. Im Video bestätigt der angebliche Geschäftsführer den Deal mit der angeblichen Selenskyj-Firma. Doch es ist gar nicht die Stimme des Geschäftsführers. In einem Telefonat bestätigte mir gestern ein bayerischer Abgeordneter selbst, dass er den Geschäftsführer gut kenne, aber die Stimme in dem Video zu 100 Prozent nicht dessen sei.

Auch Bartl Wimmer, Vorstandsvorsitzender des Zweckverbandes Bergerlebnis Berchtesgaden, dem solche Geschäfte nicht entgehen würden, lässt sich nicht hinters Licht führen. „Alles Unsinn“, sagt Wimmer gegenüber einer Lokalzeitung zu dem Filmchen. Und weiter: „Dieses Video und seine Aussagen sind frei erfunden.“

Inzwischen hat sich auch die „Immobilien Freistaat Bayern“ mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit gewandt. Darin heißt es:

Bei dem Video, das in Sozialen Netzwerken kursiert, handele es sich um „eine gezielte Falschinformation“.

Und weiter: „Das Kehlsteinhaus befindet sich weiterhin im Eigentum des Freistaates Bayern. Ein Verkauf hat nicht stattgefunden und ist auch nicht geplant. Der im Video gezeigte angebliche Kaufvertrag ist eine Fälschung, gleiches gilt für das angebliche Zitat der IMBY-Geschäftsführung. Das Kehlsteinhaus wird regulär im Mai 2025 seinen Saisonbetrieb wieder aufnehmen. Die IMBY wird gegen den Urheber dieser Falschinformationen rechtliche Schritte einleiten.“

Wer könnte das bloß sein?

Bayerische Sicherheitsbehörden haben nach Bekanntwerden des Kehlsteinhaus-Videos im Netz Untersuchungen über den möglichen Macher des Videos angestellt. Sie fanden heraus, dass es sich dabei um eine verschleierte IP-Adresse in St. Petersburg handelt…

PS: Wetten, dass die Trollfrabriken auch unter diesem Artikel aktiv werden? 😊

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Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für viel gelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf seinem Portal Kelle-aktuell.de erschienen.

Bild: Shutterstock

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