US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin wollen erneut über eine mögliche Beendigung des Kriegs in der Ukraine sprechen. Auf einen US-Vorschlag zu einer 30-tägigen Waffenruhe hat Putin bisher zurückhaltend reagiert. Auch ein Treffen der beiden Staatschefs ist angedacht – womöglich in Saudi-Arabien, allerdings bisher ohne konkreten Termin. Was von dem Gespräch am Dienstag zu erwarten ist – dazu einige Fragen und Antworten:
Es gab schon mehrere Gespräche zwischen Amerikanern und Russen – wie ist der Stand bisher?
Eine Waffenruhe lässt auf sich warten. Putin erklärte vergangene Woche, dass Russland grundsätzlich bereit sei, die Kampfhandlungen – wie von Trump vorgeschlagen – zu beenden. Er betonte allerdings, dass dafür erst Bedingungen erfüllt sein müssten.
Der US-Sondergesandte Steve Witkoff war vergangene Woche erneut nach Moskau gereist und hatte sich dort mehrere Stunden mit dem Kremlchef ausgetauscht, wie er im US-Sender CNN schilderte. Einer Frage nach Putins mutmaßlichen Forderungen – darunter die Kapitulation der ukrainischen Streitkräfte im russischen Gebiet Kursk, die internationale Anerkennung der von Moskau annektierten Gebiete sowie ein Stopp westlicher Militärhilfen und ein Verbot ausländischer Friedenstruppen –, wich Witkoff aus. Er gab an, dass man die Differenzen zwischen den beiden Seiten verringert habe und sie weiter verringern wolle – ohne inhaltliche Details preiszugeben.
Das geplante Gespräch zwischen Trump und Putin wäre nach offiziellen Angaben das zweite Telefonat der beiden Präsidenten seit Trumps Amtsantritt Ende Januar.
Mit welchen Zielen und Angeboten für Putin geht Trump in das Gespräch?
Trump drängt weiterhin auf eine Waffenruhe. Sein Kurs setzte bislang vor allem die Ukraine unter Druck, während unklar blieb, welche konkreten Zugeständnisse er von Russland fordert. Mit Blick auf die laufenden Gespräche erklärte er am Sonntag, dass sie unter anderem Gebietsansprüche und Kraftwerke beträfen. Trump sprach vage von einer «Aufteilung bestimmter Güter». Er meinte einerseits, es gebe eine «sehr gute Chance», den Krieg zu beenden. Andererseits sagte er: «Vielleicht gelingt es uns. Vielleicht auch nicht.»
US-Außenminister Marco Rubio unterstrich beim US-Sender CBS, dass der erste Schritt darin bestehe, die Kampfhandlungen zu stoppen. «Es ist schwer, ein dauerhaftes Ende eines Kriegs auszuhandeln, solange man sich gegenseitig beschießt», sagte Rubio. Erst danach könnten alle Parteien an einen Tisch kommen. Es werde «Zugeständnisse von beiden Seiten» brauchen.
Was ist von Putins bekundeter Bereitschaft zu einer Lösung des Konflikts zu halten?
Die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten werfen Putin immer wieder vor, kein Interesse an einem Kriegsende zu haben, er wolle vielmehr das angegriffene Land zerstören. Russland selbst spielt vor allem auf Zeit, weil es auf dem Vormarsch ist – und bis zu einem eventuellen Friedensschluss der Ukraine noch möglichst viel Gebiet entreißen will. Eine wie auch immer geartete Waffenruhe dürfte sich Putin zudem gut bezahlen lassen von Trump – etwa mit einem Ende der Sanktionen.
Der Kreml betont immer wieder die Bereitschaft zum Dialog und zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts – allerdings zu Putins Bedingungen. Russland will, wie Vizeaußenminister Sergej Rjabkow sagte, eine eiserne Garantie, dass die Ukraine niemals Nato-Mitglied wird. Zu Moskaus Grundforderungen gehören auch weitgehende Rechte für den verbleibenden russischsprachigen Teil der ukrainischen Bevölkerung.
Klar ist zudem, dass die Ukraine aus russischer Sicht mindestens auf die bisher besetzten Teile der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja und auf die bereits 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verzichten müsste. Ein Kompromiss könnte laut der russischen Zeitung «Nesawissimaja Gaseta» aber darin bestehen, dass Putin abrückt von seiner Forderung, dass die Ukraine diese Gebiete komplett aufgibt.
Wie reagiert die Ukraine auf die Gespräche zwischen Washington und Moskau?
Kiew reagiert mit einer Mischung aus Anpassung und Trotz auf die neue Lage. Einerseits wird stark Rücksicht auf die Befindlichkeiten Washingtons genommen und alles getan, um eine erneute Aussetzung der US-amerikanischen Militärhilfen zu vermeiden. Andererseits versucht Kiew, Moskau die Sabotage eines Friedensschlusses anzulasten und neue Verbündete zu finden.
Trotz mehrfacher Äußerungen von US-Seite und auch von Nato-Generalsekretär Mark Rutte, dass ein Beitritt zu dem Verteidigungsbündnis vom Tisch sei, bestehen ukrainische Vertreter weiter genau darauf. Im Interview der Nachrichtenagentur RBK-Ukraine sagte Außenminister Andrij Sybiha trotzig: «Die Nato kann nicht von der Tagesordnung genommen werden, das ist Position Nummer eins.» Es sei das Recht seines Landes.
Ebenso unterstrich Sybiha das von Washington bereits ignorierte Prinzip «nichts über die Ukraine ohne die Ukraine», womit Kiews Einbeziehung in alle Gespräche gefordert wird. Auch einer von Moskau geforderten Abrüstung der Ukraine erteilte Sybiha eine klare Absage.
Worauf muss sich die Ukraine einstellen im Fall eines Deals zwischen Trump und Putin?
Neben dem möglichen Verlust einer Nato-Perspektive drohen dem Land wegen des Wegfalls von US-Hilfen finanziell schwierige Zeiten. Eine lange hinausgezögerte Steuerreform könnte Berichten zufolge nun schnell erfolgen, um Haushaltslöcher zu stopfen. Das dürfte den Unmut in der Bevölkerung erhöhen.
Offiziell wird die Ukraine kaum auf ihre von Russland besetzten Gebiete verzichten. Die Forderungen, dass die Russen aus allen besetzten Gebieten abziehen, sind aber praktisch verstummt. Selenskyj spricht weniger von einem Sieg, als von einem gerechten und dauerhaften Frieden sowie von Sicherheitsgarantien für das Land.
Die entscheidende Frage ist, wie die Ukraine nach einem Ende der Kämpfe geschützt werden kann vor neuen russischen Angriffen. «Die Ukraine kann nicht unter der Drohung eines erneuten Angriffs leben», sagte Selenskyj. Er will als Sicherheit eine Kombination von Nato- und EU-Mitgliedschaft, die Stationierung von europäischen Truppen und eine starke eigene Armee.
Wie ist die militärische Lage in dem Land?
Entlang der über 1.000 Kilometer langen Frontlinie stehen die ukrainischen Truppen weiter unter Druck. Der Brückenkopf im russischen Grenzgebiet Kursk droht nach der Aufgabe der Kleinstadt Sudscha innerhalb der kommenden Tage komplett verloren zu gehen.
Mit dem Rückzug aus Kursk droht auch die Stimmung im Land weiter ins Negative zu kippen. Der gewagte Vorstoß nach Kursk im August vergangenen Jahres war vor allem damit begründet worden, einen Trumpf für kommende Verhandlungen mit Russland herauszukämpfen. Diese Hoffnung scheint sich nun als trügerisch zu erweisen.
Und die russischen Truppen versuchen an anderen vermeintlich ruhigen Frontabschnitten wieder in die Offensive zu gehen. So sind im südukrainischen Gebiet Saporischschja bei Orichiw nach Berichten beider Seiten mehrere Dörfer in russische Hand gefallen. Kleinere Gebietsgewinne verzeichnete die russische Seite auch im ostukrainischen Gebiet Charkiw.
Währenddessen ist die Front an mehreren Abschnitten im Donezker Gebiet vor allem bei der Bergarbeiterstadt Pokrowsk auch durch ukrainische Truppenverlegungen aus dem Kursker Gebiet vorerst stabilisiert worden. Dennoch sind die militärischen Aussichten nach mehr als drei Jahren Krieg für die Ukraine insgesamt aktuell eher mau.
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